Brexit-Handelsabkommen: Auswirkungen in der Sozialversicherung
Das Handels- und Kooperationsabkommen umfasst weitestgehend die Regelungen der Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit. Allerdings gilt es nur für die Bereiche der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sowie für den Bereich der Arbeitsförderung. Grundsätzlich ist die Pflegeversicherung von Handels- und Kooperationsabkommen nicht erfasst. Allerdings werden Personen, für die nach dem Handels- und Kooperationsabkommen die deutschen Rechtsvorschriften gelten, auch in der deutschen Pflegeversicherung versicherungspflichtig.
Brexit: Für wen gelten die neuen Regelungen?
Das Handels- und Kooperationsabkommen gilt für alle Sachverhalte, die erstmalig nach dem 1. Januar 2021 beginnen und die keinerlei Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen. Das Handels- und Kooperationsabkommen findet auch in den Fällen Anwendung, in denen die Regelungen des Austrittsabkommens nicht mehr gelten.
Was ist bei Entsendungen zu beachten?
Entsendungen, bei denen eine Person nach dem 1. Januar 2021 in das Vereinigte Königreich entsandt wird, werden vom Handels- und Kooperationsabkommen erfasst. Voraussetzung für eine Entsendung ist, dass
- der Arbeitgeber im Entsendestaat eine nennenswerte Geschäftstätigkeit ausübt,
- die Entsendung auf bis zu 24 Kalendermonate befristet ist und
- der Entsandte keine zuvor entsandte Person ablöst.
Liegen diese Voraussetzungen vor, dann gelten für den Entsendezeitraum die Rechtsvorschriften des Entsendestaates weiter.
Im Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens können auch selbstständige Personen entsandt werden. Voraussetzungen hierfür ist, dass
- sich die jeweiligen Tätigkeiten im Vereinigten Königreich und im anderen Mitgliedstaat ähneln und
- die Entsendedauer auf bis zu 24 Kalendermonate befristet ist.
Ist dies der Fall, dann liegt eine Entsendung im Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens vor.
Was ist bei Personen zu beachten, die gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind?
Personen, die gewöhnlich in mehreren Staaten tätig sind und ihre Tätigkeit von einem Zeitpunkt nach dem 31. Dezember 2020 im Vereinigten Königreich und in Deutschland beginnen, unterliegen den Regelungen des Handels- und Kooperationsabkommens. Diese sind mit den bisherigen Regelungen der Verordnungen (EG) über soziale Sicherheit inhaltsgleich.
Gibt es Ausnahmevereinbarungen?
Das Handels- und Kooperationsabkommen enthält keine Rechtsgrundlage zum Abschluss von Ausnahmevereinbarungen. Sind die Voraussetzungen für eine Entsendung nicht erfüllt, gelten die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates.
Was müssen Touristen beachten?
Personen, die sich nur zu Urlaubszwecken im Vereinigten Königreich aufhalten können weiterhin Leistungen mit der Europäischen Krankenversicherungskarte in Anspruch nehmen. Auch britische Touristen könnten die Europäische Krankenversicherungskarte weiterhin nutzen.
Deutsche Versicherte mit Wohnort im Vereinigten Königreich
Unionsbürger, die nach dem 31. Dezember 2020 ihren Wohnort in das Vereinigte Königreich verlegen und bisher keinen Bezug zum Vereinigten Königreich hatten, werden vom Handels- und Kooperationsabkommen erfasst. Sollte diese Personen ausschließlich eine deutsche Rente erhalten, dann erhalten sie weiter Leistungen der Krankenversicherung zulasten der deutschen Krankenkasse. Leistungen der Pflegeversicherung werden vom Handels- und Kooperationsabkommen nicht erfasst. Auch bisher familienversicherte Personen bleiben bei Wohnsitz im Vereinigten Königreich weiter familienversichert. Das gleiche gilt für in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) versicherte Studenten, die an einer britischen Hochschule im Vereinigten Königreich eingeschrieben sind.
Wirkung des Handels- und Kooperationsabkommens auf Leistungen
Vom 1. Januar 2021 an können die Personen, die vom Handels- und Kooperationsabkommen erfasst werden, nur noch Leistungen bei Krankheit in Anspruch nehmen. Leistungen der Pflegeversicherung werden vom Abkommen nicht erfasst. Lediglich entsandte Personen unterliegen weiterhin der Versicherungspflicht im Bereich der Pflegeversicherung.
Britische Versicherte mit Wohnort in Deutschland
Britische Staatsangehörige, die nach dem 31. Dezember 2020 ihren Wohnort nach Deutschland verlegen und bisher keinen Bezug zu Deutschland hatten, werden vom Handels- und Kooperationsabkommen erfasst. Sollte diese Personen ausschließlich eine britische Rente erhalten, dann erhalten sie weiter Leistungen der Krankenversicherung zulasten der britischen Krankenkasse. Leistungen der Pflegeversicherung werden vom Handels- und Kooperationsabkommen nicht erfasst. Auch bisher familienversicherte Personen bleiben bei Wohnsitz in Deutschland im Vereinigten Königreich weiter familienversichert. Das gleiche gilt für im Vereinigten Königreich versicherte Studenten, die an einer deutschen Hochschule in Deutschland eingeschrieben sind.
Handels- und Kooperationsabkommen: Was ist derzeit unklar?
Das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausgehandelte Handels- und Kooperationsabkommen ist am 1. Mai 2021 in Kraft getreten. Die Zustimmung erfolgte am 27. April 2021. Nach wie vor ist nicht geklärt, ob nach dem Handels- und Kooperationsabkommen zurückgelegte Versicherungszeiten als Vorversicherungszeiten anerkannt werden können. Außerdem steht noch immer nicht fest, welche EHIC-Formate aus dem Vereinigten Königreich zukünftig genutzt werden können.
Chronik: Rückblick zum Brexit
Das Vereinigte Königreich hatte sich mit einem Referendum am 23. Juni 2016 für den Austritt aus der Europäischen Union entschieden. Am 29. März 2017 wurde der Europäische Rat über den Austritt aus der Europäischen Union informiert. Am 20. Dezember 2019 stimmte das britische Unterhaus dem Austrittsabkommen zu. Am 31. Dezember 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgeschieden. Vom 1. Januar 2021 an findet das zum 1. Mai 2021 in Kraft getretene Handels- und Kooperationsabkommen Anwendung.
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