Kein Ersatz für Krankheitstage während der Freistellung

In einigen Tarifverträgen finden sich Regelungen, die in Schicht Beschäftigten, Eltern oder Pflegenden statt Geld zusätzliche freie Tage bieten. Um solch einen Anspruch auf tarifliche Freistellungszeit, konkret um die tarifliche Freistellungszeit nach § 10 A MTV bay. Metall- und Elektroindustrie, ging es in einem Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg. Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kam es zum Rechtsstreit, weil der Mitarbeiter am Tag der bewilligten Freistellung erkrankte. Krankheitstage im Urlaub werden nicht auf den Urlaub angerechnet. Was im Fall einer Krankheit während der Freistellung gilt, musste nun das LAG Nürnberg entscheiden.
Arbeitnehmer wird während tariflicher Freistellung krank
Der Arbeitnehmer ist als gewerblicher Mitarbeiter im Schichtsystem tätig. Auf sein Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie Anwendung. Dieser sieht vor, dass Mitarbeitende als Ausgleich für Schichtarbeit entweder das tarifliche Zusatzgeld beanspruchen oder dieses in Freistellungstage umwandeln können (§§ 2, 5 TV T-ZUG, § 10 MTV). Im konkreten Fall entschied sich der Mitarbeiter, eine solche bezahlte Freistellung gemäß § 10 A Nr. 2 MTV in Anspruch zu nehmen. Er beantragte für drei Werktage im Mai 2019 die zusätzlichen tariflichen Freistellungstage, was der Arbeitgeber so genehmigte. In dieser Zeit erkrankte er arbeitsunfähig.
Freistellungstage trotz Arbeitsunfähigkeit "verbraucht"?
Der Arbeitnehmer forderte vom Arbeitgeber daraufhin eine Nachgewährung der Freistellungstage, notfalls die Zahlung des tariflichen Zusatzgeldes. Er war der Ansicht, dass sein Anspruch auf Freistellungstage aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit noch nicht verbraucht war. Der Arbeitgeber war dagegen davon überzeugt, dass er mit der Freistellungsgewährung den Anspruch des Mitarbeiters erfüllt habe. Dieser verkenne, dass es sich um Freistellungstage und nicht um Urlaubstage handele.
LAG-Urteil: Tarifliche Freistellung ist mit Urlaub nicht vergleichbar
Das LAG Nürnberg entschied wie bereits die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Bayreuth, zugunsten des Arbeitgebers. Der Mitarbeiter habe weder einen Zahlungs- noch einen erneuten Freistellungsanspruch als Ersatz für die krankheitsbedingt "verlorenen" Tage. In der Urteilsbegründung führten die Richter aus, dass der Arbeitgeber den Anspruch auf tarifliche Freistellung mit der Gewährung der drei freien Werktage voll und ganz erfüllt habe.
Keine analoge Anwendung der Urlaubsregelungen
Dies begründete das Gericht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), nach der ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt werde. Etwas anderes könne sich auch nicht aus der Bestimmung des § 9 BUrlG ergeben. Nach Überzeugung des Gerichts ist der in § 10 A MTV geregelte Freistellungsanspruch nicht mit einer Urlaubsgewährung vergleichbar.
§ 9 BUrlG sei weder unmittelbar noch analog anwendbar. Unmittelbar gelte es nur für den gesetzlich garantierten Erholungsurlaub. Eine dem § 9 BUrlG entsprechende Vorschrift zur Arbeitsunfähigkeit sei im Tarifvertrag aber gerade nicht getroffen worden.
Risiko der Arbeitsunfähigkeit während Freistellung trägt Arbeitnehmer
Etwas anderes ergebe auch die Auslegung des Tarifvertrags nicht, insbesondere könne daraus nicht gefolgert werden, dass der Arbeitgeber nach Festlegung der Freistellungstage - im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit - das Risiko der Nutzungsmöglichkeit tragen solle. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass vorliegend der Arbeitnehmer das Risiko trage.
Mit seiner Auffassung widersprach das LAG Nürnberg der Ansicht des LAG Hamm, das erst kürzlich urteilte, dass die Erfüllung des Freistellungsanspruchs auch die tatsächliche Nutzung der festgelegten arbeitsfreien Zeit erfordert.
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