Arbeitsrecht: Mit Befristung oder Aufhebungsvertrag in die Rente

Häufig versuchen Unternehmen, den Übergang eines Mitarbeiters vom Erwerbsleben in den Ruhestand einvernehmlich zu gestalten. Wann für einen früheren Renteneintritt eine Befristung wirksam ist und welche Rolle ein Aufhebungsvertrag spielt, damit setzt sich ein aktuelles LAG-Urteil auseinander – und unser Arbeitsrechts-Kolumnist Alexander R. Zumkeller.

Es lohnt sich immer wieder auf den Internet-Seiten der Landesarbeitsgerichte (LAG) nachzusehen, welche neuen Entscheidungen gerade getroffen und veröffentlicht wurden. Das zeigt zum Beispiel ein neues Fundstück des LAG Baden-Württemberg zur immer wieder interessanten Frage: Wann erfolgt eine Befristung gerade auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers – und ist damit zulässig ist nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes?

Das Angebot auf Befristung oder Aufhebung

Die zweite Kammer des LAG hat einen Fall dazu entschieden (Az. 2 Sa 31/14) – mit einer interessanten Nuance: Der Arbeitgeber hat das Angebot unterbreitet, das einst unbefristete Arbeitsverhältnis – gemeint ist wohl ein auf den Rentenzugang befristetes Arbeitsverhältnis – auf einen deutlich früheren Zeitpunkt, hier das 60. Lebensjahr, zu befristen.

Für das LAG war es aber nicht ausreichend, dass ein solches Angebot "schlicht angenommen" wird. Vielmehr haben die Richter die besonders langen Überlegfrist – hier bald zwei Jahre – und entsprechende finanzielle Anreize – im vorliegenden Fall vorgezogene Altersrente und Abfindung – als Merkmale einer Befristung angesehen, die gerade (auch) auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte. Richtig zitiert das LAG auch die höchstrichterliche Rechtsprechung: "Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses müssen objektive Anhaltspunkte vorliegen, aus denen ein Interesse des Arbeitnehmers gerade an einer befristeten Beschäftigung folgt. [...] Denn nur so lässt sich einigermaßen zuverlässig feststellen, ob es der wirkliche, vom Arbeitgeber unbeeinflusste Wille des Arbeitnehmers gewesen ist, nur befristet beschäftigt zu werden." Dem ist beizupflichten.

LAG: Aufhebungsvertrag oder nicht?

Die Parteien haben unter bewusster Abwägung der jeweiligen Interessen einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Sagte ich gerade Aufhebungsvertrag? Ja, was läge denn näher, als genau dies anzunehmen?

Aber weit gefehlt, das LAG führt aus: "Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Dauerarbeitsverhältnis. Er ist seinem Regelungsgehalt nach auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet. Das bringen die Parteien in der Regel durch die Wahl einer zeitnahen Beendigung, die sich häufig an der jeweiligen Kündigungsfrist orientiert, und weitere Vereinbarungen über Rechte und Pflichten aus Anlass der vorzeitigen Vertragsbeendigung zum Ausdruck."

Ist Aufhebungsvertrag gleich Aufhebungsvertrag?

Hier muss die Kritik ansetzen. Es ist zwar so, dass häufig zur Abwendung von Kündigungen Aufhebungsverträge abgeschlossen werden, und diese dann die Kündigungsfrist wahren. Aber allein die Tatsache, dass dies in den meisten Fällen so ist, lässt es aus meiner Sicht nicht zu, hieraus einen rechtlichen Grundsatz abzuleiten.

Interessant auch die Fortführung des LAG: "Dagegen bedarf ein Aufhebungsvertrag, dessen Regelungsgehalt nicht auf die Beendigung, sondern auf eine befristete Fortsetzung eines Dauerarbeitsverhältnisses gerichtet ist, zu seiner Wirksamkeit eines sachlichen Grundes.“ Das LAG spricht hier also wieder von einem Aufhebungsvertrag. Nur eben einen solchen, der eines sachlichen Grundes bedürfe. Denn bei längeren Fristen liege eine "befristete Fortsetzung eines Dauerarbeitsverhältnisses" vor.

Typische Elemente des Aufhebungsvertrags

Das LAG führt aus, das sei der Fall, "wenn der von den Parteien gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet" und "es an weiteren Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fehlt, wie sie im Aufhebungsvertrag regelmäßig getroffen werden (BAG 15. Februar 2007 - 6 AZR 286/06 )". Kumulativ sind beide Aspekte also Voraussetzungen.

Jedoch waren im vorliegenden Fall gerade eine vorgezogene Altersversorgung sowie eine nicht unerhebliche Abfindung – also aufhebungsvertragstypische Elemente – vereinbart worden. Was also wäre richtiger gewesen, in dieser Fallkonstellation nun doch einen – nicht überprüfbaren – Aufhebungsvertrag anzunehmen?

Die Folge: Rechtsunsicherheit in der Praxis

Wie gesagt: Der Entscheidung ist im Ergebnis beizupflichten, Klarheit bringt sie indes nicht. Sehen wir uns die drei relevanten Fallgestaltungen an:

  • Beendigung ungefähr mit der Kündigungsfrist: Es liegt ein Aufhebungsvertrag vor, gleichgültig ob mit oder ohne aufhebungsvertragstypische Leistungen;
  • Beendigung deutlich – wie genau dies auch immer zu verstehen ist – nach der Kündigungsfrist: Es liegt eine Befristung vor, zumindest wenn aufhebungsvertragsübliche Leistungen fehlen.
  • Erheblich längere Weiterbeschäftigung, verglichen mit der Kündigungsfrist, mit aufhebungsvertragstypischen Leistungen: Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg liegt dennoch eine Befristung vor und kein Aufhebungsvertrag.

In der Folge muss das LAG "gerade den Wunsch des Arbeitnehmers" konstruieren. Allerdings erkennt das Gericht den Wunsch sogar bei einem klaren Arbeitgeberangebot an, wenn denn der Mitarbeiter eine hinreichend lange Überlegungsfrist hat. Konsistent ist diese Systematik nicht.

Es bleibt das Fazit, dass das LAG leider eine Chance verpasst hat, in diesen Fällen Klarheit zu schaffen, sodass auch langfristig angelegte Aufhebungsverträge einer rechtlichen Überprüfung Stand halten können!



Alexander R. Zumkeller, Präsident des Bundesverbands der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BvAU), blickt in seiner Kolumne aus der Unternehmenspraxis auf arbeitsrechtliche Themen und Trends.

Schlagworte zum Thema:  Befristung, Aufhebungsvertrag, Arbeitsrecht