Das Weisungsrecht spielt nicht nur im unmittelbaren Verhältnis Beschäftigter-Arbeitgeber eine Rolle, sondern wirkt sich als Abgrenzungskriterium auch auf andere arbeitsrechtliche Vorschriften aus. Hierzu zählt der Betriebsbegriff. Als Betrieb wird die organisatorische Einheit verstanden, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Beschäftigten mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt.[1] Je nach Größe eines solchen Betriebs gelten unterschiedliche rechtliche Gegebenheiten, die der Arbeitgeber zu beachten hat. Die Betriebsgröße im Arbeitsrecht wird i. d. R. durch die Anzahl der Beschäftigten bestimmt. Darunter sind jedoch nicht nur die Personen zu verstehen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Bei der Bestimmung der zu berücksichtigenden Zahl von im Betrieb eingesetzten Beschäftigten muss vielmehr danach differenziert werden, ob der Arbeitgeber gegenüber der erforderlichen Anzahl von Personen das Weisungsrecht ausüben kann. Das zugrunde liegende Rechtsverhältnis ist nicht maßgeblich. Für die Bestimmung der Betriebsgröße macht es keinen Unterschied, ob die Arbeitsplätze mit eigenen Beschäftigten oder mit Leiharbeitnehmern besetzt sind, soweit mit diesen ein regelmäßiger Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird.[2]

Die Unterstellung eines in einem Betrieb tätigen Arbeitnehmers unter das fachliche Weisungsrecht eines in einem anderen Betrieb ansässigen Vorgesetzten führt nicht zur Eingliederung des Arbeitnehmers in den Beschäftigungsbetrieb des Vorgesetzten und damit auch nicht zur Berücksichtigung bei der Betriebsgröße.[3]

 
Praxis-Beispiel

Die Anwendung des KSchG setzt voraus, dass mehr als 10 Beschäftigte i. d. R. beschäftigt werden. Setzt der Arbeitgeber neben seinen 10 schon vorhandenen Beschäftigten auch noch Leiharbeitnehmer für einen dauerhaften Beschäftigungsbedarf ein, überschreitet er den Schwellenwert.

Für das Vorliegen eines Betriebsteils i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG genügt ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Dazu reicht es aus, dass in der organisatorischen Einheit überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung institutionalisiert ist, die Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt. Zu einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Einheit wird ein derartiger Betriebsteil jedoch erst unter den zusätzlichen Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BetrVG.[4]

Auch in betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften spielen solche Schwellenwerte eine große Rolle. Ob die Leiharbeitnehmer mit einzubeziehen sind, muss jedoch je nach Regelungszweck im Einzelfall beurteilt werden. Dies wird etwa bei der Frage nach der Anzahl der Betriebsratsmitglieder in § 9 BetrVG abgelehnt[5], während eine Einbeziehung in § 111 BetrVG bejaht wird.[6] Zur Begründung führte das BAG an, dass in Bezug auf § 111 Satz 1 BetrVG "Leiharbeitnehmer wie betriebsangehörige Beschäftigte Arbeitsplätze besetzen und dem Weisungsrecht des Entleihers unterliegen".

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