Einige Beispiele mögen die Schwachpunkte des TVöD verdeutlichen:

  • Hinsichtlich der befristeten Verträge gelten für die Beschäftigungsverhältnisse von Angestellten im Tarifgebiet West auch weiterhin Tarifregelungen, die die gesetzlichen Befristungsmöglichkeiten einschränken. Beispielsweise darf ein sachgrundlos befristeter Vertrag unter 6 Monaten nicht abgeschlossen werden. Im Gegenzug muss der Arbeitgeber bei befristeter Einstellung eines "Arbeiters" darauf achten, dass im Arbeitsvertrag die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung des Vertrags ausdrücklich vereinbart wird, weil die tarifliche Regelung zur Kündigung von befristeten Verträgen in § 30 nur für "Angestellte" gilt.
  • Im Tarifgebiet West ist die ordentliche Kündigung gegenüber einem Mitarbeiter nach einer Beschäftigungszeit bei demselben Arbeitgeber von 15 Jahren und Vollendung des 40. Lebensjahres auch unter Geltung des TVöD ausgeschlossen (sog. Unkündbarkeit). Die Vorschrift zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung erfasst nicht nur bei Inkrafttreten des TVöD bereits bestehende Arbeitsverhältnisse, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt neu eingestellte Mitarbeiter, wenn diese die notwendige Beschäftigungszeit erreicht haben.
  • Bei der Beschäftigungszeit sind nach § 34 Abs. 3 TVöD unter bestimmten Voraussetzungen auch Zeiten bei anderen, vom Geltungsbereich des TVöD erfassten oder dem öffentlichen Dienst zugehörigen Arbeitgebern anzurechnen. Bezüglich der Konsequenzen – z. B. bei Festsetzung des Krankengeldzuschusses – wird auf die Ausführungen in Stichwort Beschäftigungszeit verwiesen.
  • Im TVöD richtet sich die Eingruppierung nach der "auszuübenden" Tätigkeit, also nach den Tätigkeiten, die dem Arbeitsplatz abstrakt zugeordnet sind. Bewertet wird der Arbeitsplatz, nicht dagegen die Arbeitsleistung des Beschäftigten. Die sog. Tarifautomatik des BAT findet im TVöD weiterhin Anwendung.

    Die "Entgeltordnung" regelt in einem sehr komplex ausgestalteten Eingruppierungssystem, welcher Entgeltgruppe die vom Beschäftigten auszuübende Tätigkeit zugeordnet ist. Die "korrekte" Eingruppierung von Beschäftigten ist aufgrund der Tarifautomatik Gegenstand zahlreicher Rechtstreitigkeiten vor den Arbeitsgerichten.

  • Das neue Entgeltsystem sieht seit dem Jahr 2007 den Einstieg in die leistungsorientierte Vergütung vor. Der Leistungstopf umfasste nach dem Tarifvertrag jedoch zunächst nur 1 % der Entgeltsumme des Vorjahrs mit Steigerungen um jeweils 0,25 % in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013, sodass der Leistungstopf bis zum Jahre 2013 auf 2,0 % der Vorjahresentgeltsumme anstieg. Die für die Leistungszulagen, -prämien vorgesehene Entgeltsumme erscheint zu niedrig, um wirkliche Leistungsanreize für alle Beschäftigten zu bieten. Langfristig wird eine Zielgröße von 8 % angestrebt, deren Zeitpunkt und Finanzierung heute jedoch noch nicht absehbar ist. Im Geltungsbereich des TVöD umfasst das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen auch im Jahr 2023 unverändert den Umfang von 2 %, im TVöD-K (ausgenommen die Krankenhäuser in Baden-Württemberg) sogar nur 1 %. Positiv zu erwähnen ist an dieser Stelle die seit der Tarifeinigung vom 25.10.2020 bestehende Möglichkeit, das Volumen ganz oder teilweise für sog. Alternative Entgeltanreiz-Systeme (§ 18a TVöD) zu verwenden. Im Geltungsbereich des TV-L wurde die Vorschrift zum Leistungsentgelt bereits vor Jahren ersatzlos aufgehoben.
  • Nach dem TVöD erhält der Beschäftigte bei Arbeitsunfähigkeit über die Dauer der sechswöchigen Entgeltfortzahlung hinaus bis zum Ende der 39. (!) Krankheitswoche einen Krankengeldzuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem Bruttokrankengeld der Krankenkasse und dem Nettoentgelt (§ 22 TVöD). Mitarbeiter, die aus dem BAT mit Anspruch auf Krankenvergütung nach § 71 auf den TVöD übergeleitet wurden, erhalten einen höheren Krankengeldzuschuss: Ihnen ist die Differenz zwischen dem Nettokrankengeld und dem Nettoentgelt zu zahlen. Auch wenn mit der zuletzt geschilderten Regelung die 26-wöchige Entgeltfortzahlung aufgehoben wurde, sind mit der langen Krankengeldzuschussgewährung immer noch Zusatzkosten verbunden, die bei privaten Arbeitgebern, die nicht an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden sind, regelmäßig nicht anfallen. Des Weiteren ist mit der Ermittlung und Auszahlung des Krankengeldzuschusses ein nicht zu unterschätzender Verwaltungsaufwand verbunden.
  • Der Ausgleichszeitraum für die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit wurde zwar von 26 Wochen auf bis zu ein Jahr ausgedehnt. Dennoch enthält der TVöD keine echte "Jahresarbeitszeit": Der Überstundenbegriff setzt weiterhin an dem Tatbestandsmerkmal "Überschreiten der für die Woche geplanten Arbeitszeit" an. Neu geschaffen wurde lediglich die Regelung, dass Überstundenzuschläge nicht anfallen, wenn die Überstunde bis zum Ende der folgenden Woche abgefeiert oder im Rahmen der täglichen Rahmenarbeitszeit oder eines Wochenkorridors geleistet wurde. Die beiden letztgenannten Instrumente sind jedoch wiederum bei Wechselschicht- und...

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