Ziffer 2.3.1 Satz 1 der Richtlinien enthält für die Praktikantinnen und Praktikanten, die nicht unter den Geltungsbereich des BBiG fallen, eine die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.6.1974 berücksichtigende Begriffsbestimmung. Hiernach findet das BBiG keine Anwendung auf Personen, die ein Praktikum ableisten, das Bestandteil einer Schul- oder Hochschulausbildung ist. Dazu gehören gemäß Ziffer 2.3.1 Satz 2 der Richtlinien z. B. Praktika von Studierenden der Fachhochschulen während der Praxissemester, Praktika von Fachoberschülerinnen und Fachoberschülern, Praktika, die Schülerinnen und Schüler von allgemeinbildenden Schulen, von Fachschulen oder von Berufsfachschulen (Erzieherinnen/Erzieher, Kinderpflegerinnen/Kinderpfleger usw.) abzuleisten haben, sowie Zwischen- oder Blockpraktika von Studierenden der Fachhochschulen und der Hochschulen, die in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschrieben sind. Dies gilt auch für die in der Approbationsordnung für Ärzte vorgeschriebene zwölfmonatige praktische Ausbildung in Krankenanstalten, die Bestandteil des Medizinstudiums und damit Unterrichtsveranstaltung war.[1]

Fraglich ist, ob auch Praktika, die als Voraussetzung für die Aufnahme einer Schul- oder Hochschulausbildung gefordert werden, "Bestandteil" der Ausbildung i. S. d. Ziffer 2.3.1 Satz 2 sein können. Hiergegen spricht, dass in Ziffer 2.3.1 Satz 2 beispielhaft Praktika genannt werden, die "während" des Studiums oder als "Zwischen- oder Blockpraktika" abgeleistet werden. Eine Vergütung für "Vorpraktika" sieht nur Ziffer 2.2.2.1 der Richtlinien vor, und zwar für Praktikanten, die unter das BBiG fallen. Hintergrund hierfür ist, dass ein verpflichtendes Vorpraktikum, welches nicht Bestandteil der Schul- oder Hochschulausbildung ist, unter § 26 BBiG fällt. Mit anderen Worten: Wird nach den maßgeblichen Rechtsgrundlagen für den Zugang zum Beruf, der Ausbildung ein Praktikum gefordert, ist Ziffer 2.2.2.1 der Richtlinien anwendbar.

[1] BAG, Urteil v. 25.3.1981, 5 AZR 353/79.

3.2.3.1 Höhe der Vergütung

In Ziffer 2.3.2 Satz 1 der Richtlinien erfolgt der Hinweis, dass es für die Zahlung einer Vergütung an Praktikantinnen und Praktikanten, die nicht unter den Geltungsbereich des BBiG fallen, keine gesetzliche Grundlage gibt. Gleichwohl stellt sich in der Praxis mitunter die Frage, ob die Praktikantin/der Praktikant zumindest den Umständen nach eine Vergütung erwarten kann. Dies ist gemäß Ziffer 2.3.2 der Richtlinien nicht der Fall, wenn seitens des Arbeitgebers kein besonderes Interesse an der Beschäftigung der Praktikantin/des Praktikanten besteht. Werden der Praktikantin/dem Praktikanten dagegen Tätigkeiten übertragen, die weniger ihrer/seiner Fortbildung dienen, sondern ganz überwiegend im betrieblichen Interesse liegen, dürfte eine vergütungspflichtige Tätigkeit i. S. d. § 612 Abs. 1 BGB vorliegen.[1] Ziffer 2.3.2 Satz 3 der Richtlinien enthält zudem eine auf die Verhältnisse im Geschäftsbereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zugeschnittene punktuelle Regelung, die zur Möglichkeit der Zahlung einer Vergütung an nicht unter das Berufsbildungsgesetz fallende Praktikantinnen und Praktikanten im Bereich bestimmter Berufsgruppen eine Aussage trifft. Danach kann Praktikantinnen und Praktikanten im Erziehungs- und Pflegebereich sowie im Bereich der Hauswirtschaft, die vor Abschluss der Schulausbildung in der Fach- bzw. Berufsfachschule ein Praktikum absolvieren, mit Rücksicht auf die jeweilige Arbeitsleistung in den Praktika folgende Vergütung gezahlt werden:

  • Erzieherin/Erzieher höchstens 570 EUR monatlich,
  • hauswirtschaftliche Betriebsleiterin/hauswirtschaftlicher Betriebsleiter höchstens 570 EUR monatlich,
  • Haus- und Familienpflegerin/Haus- und Familienpfleger höchstens 520 EUR monatlich,
  • Kinderpflegerin/Kinderpfleger 520 EUR monatlich.

An Praktikantinnen und Praktikanten, die während ihres (Fach-)Hochschulstudiums – egal welcher Fachrichtung – eine (berufs-)praktische Tätigkeit ausüben, kann auf der Grundlage der Richtlinien ebenfalls eine Vergütung gezahlt werden. Ziffer 2.3.2 Satz 4 der Richtlinien sieht für Studierende an Fachhochschulen im 1. Praxissemester eine Vergütung i. H. v. höchstens 500 EUR monatlich und im 2. Praxissemester eine Vergütung i. H. v. 650 EUR monatlich vor. Für Studierende von Fachhochschulen und Hochschulen, die während ihres Studiums ein kurzfristiges Praktikum ableisten, das in Studien- oder Prüfungsordnungen als Prüfungsvoraussetzung gefordert wird und nicht Teil des Studiums ist, kann eine Vergütung von höchstens 450 EUR monatlich gezahlt werden (Ziffer 2.3.2 Satz 5 der Richtlinien).

[1] LAG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 18.5.2009, 6 Sa 432/08.

3.2.3.2 Fortzahlung der Vergütung

Praktikantinnen/Praktikanten, die nicht unter den Geltungsbereich des BBiG fallen, haben keinen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nach § 26 i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG. Soweit an die Praktikantinnen und Praktikanten jedoch eine Vergütung gezahlt wird, kann nach Ziffer 2.3.3 der Richtlinien entsprechend Ziffer 2.2.3 der Richtlinien verfahren werden.

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