Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung nach Einigungsvertrag. Beteiligung der Personalvertretung

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 13; Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 1, 4 Ziff. 3; PersVG-DDR §§ 7, 72, 79, 108; PersVG-Berlin §§ 9, 79, 84, 87 Nr. 9

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 17.09.1993; Aktenzeichen 6 Sa 79/93)

ArbG Berlin (Urteil vom 19.03.1993; Aktenzeichen 96 Ca 20227/92)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 17. September 1993 – 6 Sa 79/93 – aufgehoben, soweit es die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. März 1993 – 96 Ca 20227/92 – zurückgewiesen und dem Beklagten die Kosten auferlegt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über die Wirksamkeit einer auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 3 Einigungsvertrag (künftig: Abs. 4 Ziff. 3 EV) gestützten ordentlichen Kündigung.

Die im Jahre 1953 geborene Klägerin war seit 1983 am Institut für Lehrerbildung „Clara Zetkin” (IfL) als Fachschullehrerin beschäftigt. Diese Einrichtung wurde nach Art. 13 EV auf den Beklagten überführt. Im November 1991 schlössen die Parteien einen Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin ab 1. Januar 1991 als Fachschullehrerin am IfL weiterverwendet wurde und sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O richtete.

Am 26. Februar 1992 wurde die Auflösung des IfL verfügt. In der Folgezeit konnten nur noch vor dem 1. Januar 1991 begonnene Ausbildungen abgeschlossen werden. Die letzten Prüfungen endeten im Juli 1992.

Der Senator für Schule, Berufsbildung und Sport des Beklagten hatte im Februar 1991 den zuständigen Abteilungsleiter als seinen geschäftsplanmäßigen Vertreter beauftragt, alle arbeitsrechtlichen Maßnahmen bei einer Auflösung des IfL durchzuführen, und ihn ermächtigt, Befugnisse auch auf Unterbevollmächtigte zu übertragen. Dementsprechend beauftragte der Abteilungsleiter die Verwaltungsangestellte Z., die wegen der Auflösung des IfL anstehenden Kündigungen verwaltungstechnisch vorzubereiten und das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren durchzuführen, nachdem er oder sein Vertreter die Entwürfe genehmigt hätten. Im Falle der Klägerin zeichnete der geschäftsplanmäßige Abwesenheitsvertreter des Abteilungsleiters einen Kündigungsentwurf ab. Diesen übersandte die Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport am 11. Juni 1992 an den Personalrat des IfL. Sie teilte mit, der Entwurf sei als Antrag zu betrachten, der Personalrat werde daher um Mitwirkung und Mitbestimmung nach den personalvertretungsrechtlichen Vorschriften gebeten. Das Schreiben weist die Verwaltungsangestellte Z. als „Bearbeiter” aus und ist von ihr „im Auftrag” unterschrieben.

Mit Schreiben vom 18. Juni 1992 erklärte der Personalrat, er lehne die Kündigung ab. Zur Begründung führte er aus:

„Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt. Frau M. hat für 1 schulpflichtiges Kind zu sorgen.

Frau M. ist Diplomlehrerin für Mathematik und Physik. Der fortbestehende Arbeitgeber, das Land Berlin, hat nicht den Nachweis gebracht, daß für die Arbeit von Frau M. kein Bedarf besteht.

Der Bedarf für die Arbeit von Frau M. ist durch ihre Arbeit in der am IfL eingerichteten Abiturstufe, die zum 3. Gymnasium Honenschönhausen gehört, nachgewiesen. Frau M. unterrichtet Mathematik und ist als Klassenleiterin eingesetzt. Es widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, daß für Lehrer der Abiturstufe Kündigungen ausgesprochen werden, obwohl durch Herrn Senator Klemann für die Lehrer Berliner Schulen mit der GEW Kündigungsschutz vereinbart wurde. Frau M. erfüllt am 3. Gymnasium Hohenschönhausen, Filiale IfL, dieselbe Arbeitsaufgabe wie andere Lehrer an Berliner Schulen, für die Kündigungsschutz gilt.”

Die Senatsverwaltung antwortete mit einem Schreiben vom 26. Juni 1992, dessen Form dem Schreiben vom 11. Juni 1992 entspricht, wie folgt:

„Ihre Stellungnahmen zu den Kündigungsentwürfen der o.g. Mitarbeiter haben wir überprüft. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß die Einwände den Kündigungen wegen Auflösung der Beschäftigungsstelle nicht entgegenstehen.

Die Kündigungen werden nunmehr ausgesprochen,

…”

Daraufhin kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter dem 26. Juni 1992 ordentlich zum 31. Juli 1992 wegen ersatzloser Auflösung der Beschäftigungsstelle.

Gegen die ihr am 3. Juli 1992 zugegangene Kündigung hat die Klägerin am 20. Juli 1992 Kündigungsschutzklage eingereicht. Sie hat geltend gemacht, die Sonderkündigungstatbestände des Einigungsvertrages seien nach Abschluß des neuen Arbeitsvertrags vom November 1991 nicht mehr anwendbar gewesen. Deshalb hätte das Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen nach § 87 Ziff. 9 PersVG-Berlin beachtet werden müssen. Der Beklagte hätte eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit an allgemein- und berufsbildenden Schulen prüfen müssen. Die Kündigung laufe auf eine Bedarfskündigung hinaus, die gem. einer Vereinbarung mit der GEW ausgeschlossen sei. Der Beklagte habe nicht allen Angehörigen des IfL gekündigt, bei der Auswahl der anderweitig Übernommenen die sozialen Belange der Klägerin aber nicht beachtet. Schließlich sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden: Der Arbeitgeber sei im Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Die vom Personalrat im Schreiben vom 18. Juni 1992 konkludent verlangte Erörterung sei unterblieben. Der Beklagte habe trotz der Einwendungen des Personalrats das Festhalten an der Kündigung nicht begründet.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 26. Juni 1992 beendet worden sei,
  2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, der Arbeitsvertrag vom 18. November 1991 habe das Arbeitsverhältnis lediglich auf eine neue – tarifliche – Grundlage gestellt. Auf Versetzungsmöglichkeiten komme es bei der Kündigung wegen ersatzloser Auflösung der Beschäftigungsstelle nicht an; verfügbare freie Stellen seien auch nicht vorhanden gewesen. Da allen Mitarbeitern des IfL gekündigt worden sei, sei eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten nicht infrage gekommen. Die Mitwirkung des Personalrats sei ordnungsgemäß erfolgt.

Der geschäftsplanmäßige Abwesenheitsvertreter des Abteilungsleiters habe durch die Abzeichnung des Kündigungsentwurfs die Entscheidung zur Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren verantwortlich getroffen und nach Abschluß des Verfahrens auch über den Ausspruch der Kündigung entschieden. Der Personalrat sei von vornherein darüber unterrichtet gewesen, in welcher Funktion die mit „im Auftrag” zeichnende Sachbearbeiterin tätig geworden sei, und habe dagegen keine Bedenken erhoben. Aus dem Schreiben vom 26. Juni 1992 an den Personalrat gehe hervor, daß dessen Einwendungen geprüft worden seien und der Kündigung wegen ersatzloser Auflösung der Beschäftigungsstelle nicht entgegenstünden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung abgewiesen. Im übrigen hat es die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 565 Abs. 1 ZPO), soweit der Beklagte dort unterlegen war.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung vom 26. Juni 1992 sei rechtsunwirksam, weil der Personalrat beim IfL nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei:

Das Beteiligungsrecht des Personalrats habe sich nach § 79 Abs. 1 PersVG-DDR, das Beteiligungsverfahren nach dem PersVG-Berlin gerichtet. Die Dienststelle sei im Beteiligungsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten worden. § 9 Abs. 1 Satz 2 PersVG-Berlin lasse nicht zu, daß der Vertreter seinerseits einen Vertreter bestelle. Vielmehr sei es Sache des Dienststellenleiters zu entscheiden, von welcher Person er sich gegenüber dem Personalrat allgemein oder für einen bestimmten Einzelfall vertreten lassen wolle. Der Beklagte habe selbst nicht behauptet, die beauftragte Sachbearbeiterin Z. hätte aufgrund eigener Entschließung von der Kündigung Abstand nehmen dürfen. Zwar könnten Vorbesprechungen und vorbereitende Verhandlungen mit dem Personalrat von anderen Dienstkräften geführt werden. Auch könnte in der Übertragung der Durchführung des Beteiligungsverfahrens eine auf dessen Einleitung beschränkte Weisung gesehen werden, welche die Dienstkraft gleichsam als Boten oder Vertreter mit „Papageienvollmacht” erscheinen ließe. Dies müßte jedoch für den Personalrat erkennbar sein, wofür der behördenübliche Zeichnungszusatz „im Auftrag” nicht genüge. Soweit der Beklagte vorgetragen habe, der Personalrat sei von vornherein darüber unterrichtet gewesen, in welcher Funktion die Sachbearbeiterin tätig geworden sei, sei dies als Tatsachenbehauptung zu unsubstantiiert. Im übrigen müßten die Verhandlungen mit dem Personalrat zumindest in ihrem entscheidenden Stadium vom Dienststellenleiter selbst oder seinem Vertreter geführt werden. Der Abwesenheitsvertreter des Vertreters des Dienststellenleiters sei jedoch erst wieder bei Unterzeichnung des Kündigungsschreibens nach Abschluß des Beteiligungsverfahrens tätig geworden. Der Personalrat habe zwar nicht beanstandet, daß das Beteiligungsverfahren bis zuletzt von der damit betrauten Sachbearbeiterin geführt worden sei. Die individualrechtlichen Auswirkungen des Vertretungsmangels würden davon aber nicht berührt.

Das Beteiligungsverfahren sei auch nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden. Der Beklagte hätte dem Personalrat, da er dessen Einwendungen nicht habe entsprechen wollen, gem. § 84 Abs. 3 Satz 2 PersVG-Berlin einer Berücksichtigung der Einwendungen entgegenstehende Gründe schriftlich angeben müssen. Dem werde das Schreiben vom 26. Juni 1992 nicht gerecht. Es lasse schon nicht erkennen, ob die Auflösung der Beschäftigungsstelle als einigungsvertraglicher Kündigungstatbestand überhaupt der Begründung oder nur der Einordnung der Kündigung diene. Davon abgesehen wäre eine solche Begründung völlig unzureichend gewesen.

Demnach bedürfe keiner Entscheidung, ob in der Ablehnung der Kündigung durch den Personalrat ein konkludentes Verlangen nach einer mündlichen Erörterung gem. § 84 Abs. 1 PersVG-Berlin gelegen habe. Die bloß schriftliche Unterrichtung hätte in diesem Falle nicht ausgereicht. Mangels Zustimmung des Personalrats wäre die mündliche Erörterung nicht entbehrlich gewesen.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, daß das PersVG-Berlin auch im Ostteil der Stadt mit verschiedenen Maßgaben galt (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 28. September 1990 – GVBl. S. 2119 – i.V.m. dessen Anlage 2 Abschnitt VI Nr. 5; § 6 Nr. 4 a des Zweiten Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 10. Dezember 1990 – GVBl. S. 2289) und nach Maßgabe 4 „für eine Kündigung nach dem Einigungsvertrag die Beteiligungsrechte des Gesetzes zur sinngemäßen Anwendung des Bundespersonalvertretungsgesetzes weiterhin Anwendung finden”. Ferner ist es zutreffend davon ausgegangen, die Kündigung vom 26. Juni 1992 sei eine solche nach dem Einigungsvertrag. Der Beklagte hat die Kündigung ausdrücklich auf Abs. 4 Ziff. 3 EV gestützt. Die Klägerin war am 3. Oktober 1990 in der öffentlichen Verwaltung der DDR im Sinne von Abs. 1 EV beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 18. November 1991 hat das Arbeitsverhältnis lediglich auf eine neue Grundlage gestellt (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 1994 – 8 AZR 274/93 – und – 8 AZR 502/93 – AP Nr. 10 und 11 zu Art. 20 Einigungsvertrag, jeweils auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

2. Danach hatte der Personalrat des IfL bei der Kündigung der Klägerin gem. § 79 Abs. 1 PersVG-DDR mitzuwirken. Es bedurfte nicht etwa nach §§ 79 Abs. 1, 87 Nr. 9 PersVG-Berlin seiner vorherigen Zustimmung. Wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls richtig erkannt hat, greift die Unwirksamkeitsfolge der §§ 79 Abs. 4, 108 Abs. 2 PersVG-DDR nicht nur bei unterbliebener, sondern grundsätzlich auch bei fehlerhafter Beteiligung des Personalrats ein (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. nur Urteil des Zweiten Senats vom 29. September 1983 – 2 AZR 179/82 – AP Nr. 1 zu § 79 BPersVG, zu A V der Gründe, m.w.N.; zuletzt Senatsurteil vom 14. Dezember 1995 – 8 AZR 356/94 – zu B I 2 der Gründe).

3. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht wegen einer mangelhaften Vertretung der Dienststelle im Beteiligungsverfahren unwirksam.

a) Fanden nach § 6 Nr. 4 a des Zweiten Vereinheitlichungsgesetzes vom 10. Dezember 1990 die Beteiligungsrechte des PersVG-DDR für Kündigungen nach dem Einigungsvertrag weiterhin Anwendung, so betraf dies schon nach dem Gesetzeswortlaut das Beteiligungsrecht insgesamt. Es ging nicht lediglich darum, die Qualität des Beteiligungsrechts dem PersVG-DDR und die Beteiligung im übrigen dem PersVG-Berlin zu entnehmen. Beteiligungsrecht bedeutet das Recht des Personalrats, in bestimmter Art und Weise beteiligt zu werden. Die gesetzliche Regelung über die Beteiligung (das Beteiligungsverfahren) ist hiervon mitumfaßt. Sie bestimmt gerade Art und Weise, Umfang und Bedeutung des anwendbaren Beteiligungsrechts. Wenn etwa § 79 Abs. 1 PersVG-DDR dem Personalrat Einwendungen gegen die Kündigung gestattete, so war deren Behandlung eine Frage des Beteiligungsrechts des Personalrats. Daher mußte die Beteiligung dem § 72 PersVG-DDR, nicht dem § 84 PersVG-Berlin entnommen werden. Ebenso war es eine Frage des Beteiligungsrechts in diesem Sinne, wer dem Personalrat als Gesprächs- und Verhandlungspartner gegenübertrat. Auch hiernach bemaßen sich Umfang und Bedeutung des Beteiligungsrechts des Personalrats. Die Vertretung der Dienststelle war daher im Streitfalle nach § 7 PersVG-DDR, nicht nach § 9 PersVG-Berlin zu beurteilen.

Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des Zweiten Vereinheitlichungsgesetzes vom 10. Dezember 1990. Die Beteiligung des Personalrats richtete sich im Ostteil Berlins bis zum Vereinheitlichungsgesetz vom 28. September 1990 nach dem PersVG-DDR. Offensichtlich ging die Beteiligung des Personalrats dem Landesgesetzgeber für Kündigungen nach dem Einigungsvertrag zu weit, so daß für diese Kündigungen der alte Rechtszustand wiederhergestellt werden sollte. Schon deswegen kommt dem Argument des Landesarbeitsgerichts, das im PersVG-DDR geregelte Beteiligungsverfahren sei nicht auf die Berliner Verhältnisse zugeschnitten gewesen, keine Bedeutung zu.

b) Nach § 7 Abs. 1 PersVG-DDR handelt für die Dienststelle ihr Leiter. Er kann sich bei Verhinderung durch seinen ständigen Vertreter vertreten lassen. Bei obersten Dienstbehörden kann er auch den Leiter der Abteilung für Personal- und Verwaltungsangelegenheiten, bei Oberbehörden ohne nachgeordnete Dienststellen und bei Behörden der Mittelstufe auch den jeweils entsprechenden Abteilungsleiter zu seinem Vertreter bestimmen. Das gleiche gilt für sonstige Beauftragte, sofern der Personalrat sich mit dieser Beauftragung einverstanden erklärt.

Das Tätigwerden eines „sonstigen Beauftragten” setzt eine Verhinderung des Dienststellenleiters voraus. Ist der Dienststellenleiter tatsächlich nicht verhindert, so führt dieser Mangel dann nicht zur Unwirksamkeit einer Kündigung, wenn der Personalrat im Laufe des Beteiligungsverfahrens das Tätigwerden des sonstigen Beauftragten nicht rügt (BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 2 AZR 743/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 2 b, c der Gründe; BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 2 AZR 423/94 – n.v., zu II 1 der Gründe). Der Schutzzweck des § 79 Abs. 4 PersVG-DDR erfordert nicht, auch dann eine Unwirksamkeit der Kündigung anzunehmen, wenn der Personalrat bei im übrigen ordnungsgemäßer Information das Vorliegen eines Verhinderungsfalles nicht in Zweifel gezogen hat (BAG, a.a.O.).

c) Es bestehen keine Bedenken, die Verwaltungsangestellte Z. als sonstige Beauftragte im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 4 PersVG-DDR anzusehen. Denn der geschäftsplanmäßige Vertreter des Senators hatte Frau Z. entsprechend dem ihm selbst erteilten Auftrag mit der Durchführung des Beteiligungsverfahrens beauftragt.

Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob der Dienststellenleiter am 11. Juni 1992 verhindert war, das Beteiligungsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Darauf kommt es freilich nicht an, weil sich der Personalrat mit der Beauftragung der Frau Z. einverstanden erklärt hat. Er hatte nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob er die für den Dienststellenleiter handelnde sonstige Beauftragte als kompetente Gesprächspartnerin akzeptieren wollte. Da er weder Zweifel am Vorliegen eines Verhinderungsfalles geltend gemacht noch dem Tätigwerden der Beauftragten aus anderen Gründen widersprochen hat, ist ein etwaiger Mangel der Vertretung des Dienststellenleiters auch im Außenverhältnis unbeachtlich.

4. Ob der Beklagte seiner Verpflichtung genügt hat, Gründe für das Festhalten am Kündigungsentschluß anzugeben, kann dahingestellt bleiben. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht hätte jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung geführt.

a) Das Landesarbeitsgericht hat § 84 Abs. 3 PersVG-Berlin angewandt. Danach ist, wenn den Einwendungen der Personalvertretung nicht oder nicht in vollem Umfange entsprochen wird, die Entscheidung der Personalvertretung unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Dabei sind die Gründe anzugeben, die einer Berücksichtigung der Einwendungen oder Vorschläge der Personalvertretung entgegenstehen. Demgegenüber ist gem. den Ausführungen oben 3 a) § 72 Abs. 3 PersVG-DDR anzuwenden, der wie folgt lautet: „Entspricht die Dienststelle den Einwendungen des Personalrates nicht oder nicht in vollem Umfange, so teilt sie dem Personalrat ihre Entscheidung unter Angabe der Gründe schriftlich mit.” Die Dienststelle muß also auch hier ein Festhalten am Kündigungsentschluß gegenüber dem Personalrat schriftlich begründen.

b) Die Verpflichtung nach § 72 Abs. 3 PersVG-DDR besteht auch dann, wenn keine übergeordnete Dienststelle mehr besteht. In diesem Falle führt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. § 72 Abs. 3 PersVG-DDR ist im Zusammenhang mit § 72 Abs. 4 PersVG-DDR zu sehen, der dem Personalrat einer nachgeordneten Stelle die Möglichkeit gibt, die Angelegenheit binnen drei Arbeitstagen nach Zugang der Mitteilung den übergeordneten Dienststellen mit dem Antrag auf Entscheidung vorzulegen. Ist die zur Unterrichtung verpflichtete Dienststelle die oberste Dienstbehörde, so entfällt die Möglichkeit, eine übergeordnete Dienststelle mit der Angelegenheit zu befassen (BAG Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 909/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 2 b der Gründe, im Anschluß an BVerwG Urteil vom 26. Juli 1984 – 1 D 57.83 – BVerwGE 76, 181, 183). Im Streitfalle handelte die oberste Dienstbehörde, so daß die Anwendung von § 79 Abs. 4 PersVG-DDR wegen der gerügten Formverletzung nicht in Betracht kommt.

5. Ob das Beteiligungsverfahren im übrigen ordnungsgemäß abgeschlossen worden ist, kann nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht beurteilt werden.

a) Eine Erörterung der beabsichtigten Kündigung gem. § 72 Abs. 1 PersVG-DDR hat nicht stattgefunden. Die schriftliche Unterrichtung des Personalrats über die beabsichtigte Kündigung mit dem Ziel, den Mitwirkungsvorschriften zu genügen, die schriftlich begründete Ablehnung der Kündigung durch den Personalrat und die anschließende Mitteilung nach § 72 Abs. 3 PersVG-DDR stellen noch keine Erörterung dar. Zumindest hätte der Personalrat erklären müssen, er wolle die schriftlichen Stellungnahmen als Erörterung genügen lassen (vgl. BVerwGE 76, 181, 182 f.; BVerwG Beschluß vom 27. Januar 1995 – 6 P 22.92 – PersR 1995, 185, 187 ff.).

b) Ob eine (mündliche) Erörterung vor Ausspruch der Kündigung erfolgen mußte, bedarf noch der Klärung.

Die Erörterung kann nicht nur dann entfallen, wenn der Personalrat keine Einwände gegen die beabsichtigte Maßnahme erhebt oder überhaupt von einer Äußerung absieht und damit die Maßnahme billigt. Ob es zu einer Erörterung kommt, liegt in der Hand des Personalrats. Er kann auch dann auf eine (weitere) Erörterung verzichten, wenn er Einwendungen erhebt (vgl. auch BAG Urteil vom 5. Oktober 1995 – a.a.O., zu II 2 c der Gründe, m.w.N.). Die Erörterung muß zumindest konkludent verlangt werden, anderenfalls besteht für den öffentlichen Arbeitgeber kein Anlaß, über die schriftliche Darstellung der Maßnahme und ihrer Gründe hinaus eine Beratung aufzunehmen (vgl. auch Altvater u.a., BPersVG, 3. Aufl., § 72 Rz 8, wonach der Personalrat dem Dienststellenleiter innerhalb der Äußerungsfrist mitzuteilen hat, ob er eine Erörterung für erforderlich hält).

Das Landesarbeitsgericht muß daher noch aufklären, ob in dem Schreiben des Personalrats vom 18. Juni 1992 das Verlangen einer Erörterung im Sinne von § 72 Abs. 1 und 2 PersVG-DDR zum Ausdruck kam. Der Senat kann diese Frage nicht selbst beantworten, da es für die Auslegung maßgebend auch auf die tatsächliche Übung in der betreffenden Verwaltung ankommt.

III. Sofern das Landesarbeitsgericht nicht wieder zur Unwirksamkeit der Kündigung aus personalvertretungsrechtlichen Gründen gelangt, werden die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Kündigung zu prüfen sein. Der Senat sieht von Hinweisen hierzu ab, weil die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil insoweit nicht vollständig sind und eine rechtliche Beurteilung – konsequent – ganz unterblieben ist.

 

Unterschriften

Ascheid, Dr. Wittek, Mikosch, Krause, Rosendahl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1087181

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