Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. außerbetriebliche Gründe

 

Orientierungssatz

Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung im Sinne des § 1 Abs 2 KSchG hat das Gericht voll nachzuprüfen, ob die vom Arbeitgeber behaupteten Gründe für die Kündigung tatsächlich vorliegen und ob sie sich um betrieblichen Bereich dahin auswirken, daß für die Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers kein Bedürfnis mehr besteht.

Behauptet der Arbeitgeber, bereits außerbetriebliche Gründe allein hätten ein Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung entfallen lassen, so hat das Gericht nachzuprüfen, ob zum Zeitpunkt des Kündigungstermins eine Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer nicht mehr gegeben war.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 27.11.1985; Aktenzeichen 7 Sa 660/85)

ArbG Köln (Entscheidung vom 26.03.1985; Aktenzeichen 16 Ca 478/85)

 

Tatbestand

Der am 22. Juli 1959 geborene Kläger, verheiratet, war seit Oktober 1983 bei der Beklagten als Einschaler in der Rohbauabteilung tätig. Sein Bruttoverdienst betrug zuletzt rd. 2.670,-- DM monatlich.

Die Beklagte ist ein Bauunternehmen mit Abteilungen für Rohbau, Heizungs- und Sanitäranlagen, Fenster und Fassaden, Elektro-, Maler- und Lackierarbeiten. Sie beschäftigte zuletzt rd. 500 Mitarbeiter. In der Rohbauabteilung waren 95 Mitarbeiter tätig, davon 30 Einschaler, in ihr wurde seit August 1984 kurzgearbeitet.

Mit Schreiben vom 2. Januar 1985 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat von beabsichtigten Kündigungen in der Abteilung Rohbau. Sie verwies in den Schreiben darauf, aufgrund der Entwicklung in den letzten beiden Monaten sei gegenüber der Lage im Oktober 1984 eine neue Auftragssituation entstanden, die weitere Entlassungen erfordere. Wider Erwarten habe sie die Aufträge Krankenhaus H (eingeplant:3 Einschaler, 3 Maurer, 1 Kranführer, 1 Polier) und Wohnbau K (eingeplant: 9 Einschaler, 3 Maurer, 1 Kranführer, 1 Polier, 1 Hilfspolier) nicht erhalten, so daß sie sich gezwungen sehe, 12 Einschalern, 6 Maurern, 2 Kranführern, 2 Polieren und einem Hilfspolier zu kündigen. Sie fügte dem Betriebsrat Listen der bei ihr beschäftigten und zu kündigenden Arbeitnehmer bei und legte zugleich die Sozialdaten der Mitarbeiter dar, die ihrer Ansicht nach einen höheren Besitzstand aufwiesen. Der Betriebsrat nahm die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis und meldete Bedenken hinsichtlich zweier Mitarbeiter an.

Mit Schreiben vom 10. Januar 1985, dem Kläger zugegangen am 14. Januar 1985, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 29. Januar 1985.

Der Kläger hält die ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Er hat geltend gemacht, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß gehört worden. Zudem hätten dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung nicht vorgelegen. Weder habe sich die Auftragslage verschlechtert, noch habe die Beklagte dargetan, wie sich die Auftragslage konkret auf seine Tätigkeit auswirke.

Der Stand der wirtschaftlichen Lage der Beklagten und insbesondere der Auftragsbestand werde mit Nichtwissen bestritten. Die Beklagte berufe sich offenbar auf außerbetriebliche Gründe. Diese seien im vollen Umfang nachprüfbar, wobei die Beklagte nicht dargelegt habe, welche innerbetrieblichen Überbrückungsmaßnahmen außer einer Personalreduzierung hätten ergriffen werden können. Da bereits Kurzarbeit eingeführt worden sei, hätten über die Gründe, die zur Kurzarbeit geführt hätten, weitergehende Gründe vorliegen müssen. Zur Vermeidung von Kündigungen sei auch im Jahre 1985 Kurzarbeit sinnvoll gewesen.

Es stehe auch nicht fest, daß die Beklagte tatsächlich alle beabsichtigten Kündigungen ausgesprochen habe. So sei dem Mitarbeiter Tsinas nicht gekündigt worden.

Die Kündigung sei auch deshalb sozialwidrig, weil die Beklagte drei Stahlschaler degradiert und dem Personenkreis der Bauwerker/Baufachwerker und Einschaler zugeordnet habe. Er hätte auf einem solchen Platz weiterbeschäftigt werden können, den ein Stahlschaler jetzt einnehme. Die Beklagte hätte aus dringenden betrieblichen Gründen allenfalls einem Stahlschaler kündigen können.

Schließlich hätte die Beklagte die soziale Auswahl auf alle Arbeitnehmer, auch diejenigen der Abteilungen Fenster, Fassaden-, Maler-, Lackier- und die der Dachdeckerabteilung ausdehnen müssen. Zu Arbeiten in diesen Abteilungen sei er aufgrund seiner Qualifikation befähigt.

Bei den Rohbauarbeiten seien die Eisenbieger, Einschaler und Betonbauarbeiter untereinander austauschbar. Die unterschiedliche Qualifikation von Eisenbiegern und Einschalern gegenüber Betonbauern spiele in der Praxis keine Rolle. Er sei von Beruf Betonbauer und habe sich zum Zeitpunkt der Kündigung auf einem Meisterkurs befunden. Zum Berufsbild des Betonbauers gehöre auch die Tätigkeit eines Maurers, so daß auch die Maurer hätten berücksichtigt werden müssen.

Aus der weiter durchaus vergleichbaren Gruppe der Baufachwerker hätten sich die Arbeitnehmer A, G und N zum 1.2.1985 zum Vorruhestand gemeldet, so daß auch insoweit eine Beschäftigungsmöglichkeit bestanden hätte. Außerdem verweise er konkret auf die Arbeitnehmer K und T .

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der

Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom

10. Januar 1985 zum 29. Januar 1985 nicht aufgelöst

worden sei, sondern darüberhinaus fortbestehe.

2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 29. Januar

1985 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter

zu beschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat vorgetragen: Von März bis September 1984 habe sie Rohbauangebote im Volumen von 50.588.592,87 DM abgegeben und bis September 1984 nur einen Auftrag im Wert von 29.307,77 DM erhalten. Deshalb sei ab August 1984 kurzgearbeitet worden.

Ende September/Anfang Oktober 1984 habe sie sich entschlossen, "generelle Konsequenzen zu ziehen" und in der Rohbauabteilung die vorhandenen Planstellen für Bau- bzw. Baufachwerker von 19 auf 7 abzubauen. Damals habe sie von weiteren Entlassungen abgesehen, da sie gehofft habe, das Bauvorhaben R II, dessen Ausführung, nicht aber der Beginn desselben, gewiß gewesen sei, werde bald in Angriff genommen (Bedarf: 6 Einschaler, tatsächlich späterer Einsatz: 8 Einschaler). Die Ausführung dieses vorhandenen Auftrages sei jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Zum damaligen Zeitpunkt habe sie noch 12 Vorhaben mit einer Gesamtrohbauauftragssumme von 9.919.700.,-- DM in Ausführung gehabt, wovon nur noch Restleistungen in Höhe von 4.461.600,-- DM ausgestanden hätten. Der Abschluß der 12 Bauvorhaben habe bevorgestanden, und zwar bei sechsen im Oktober 1984, bei dreien im November 1984 und bei drei weiteren jeweils im Februar, März, April 1985:

1. Beim Bauvorhaben R I sei der Rohbau Ende 1984 beendet worden.

2. Die Fertigstellung des Rohbaues W, S-Straße, sei für Ende April 1985 veranschlagt worden (Bedarf 4 Einschaler).

3. Die Baustelle Z R habe keine Einschaler erfordert.

4. Das Bauvorhaben Ho - Ende November 1984 - sei durch Subunternehmer ausgeführt worden.

5. Beim Bauvorhaben H-H-Weg sei der Rohbau Ende 1984 beendet worden.

6. Der Bauabschnitt VI -Si- sei im Oktober 1984 beendet worden.

7. Die Rohbauarbeiten Pu seien im Januar 1985 fertiggestellt worden.

8. Auf der Baustelle Mo seien Einschaler nur bis Dezember 1984 benötig worden.

9. Baustelle W, 10. Me, 11. Dä, 12. DN-D:Hier habe der Abschluß der Arbeiten im Oktober/November 1984 bevorgestanden.

Anfang Januar 1985 habe sie dann positiv gewußt, daß sie die Großaufträge H (rd. 1 Mio.) und K (rd. 4,4 Mio.) nicht erhalte. Sie habe sich daher gezwungen gesehen, auch im Bereich der Facharbeiter in ihrer Rohbauabteilung und bei den Angestellten Planstellen abzubauen. Sie habe daher die Planstellen für Einschaler von 30 auf 18 verringert. Wenn sie sich nach dem damaligen tatsächlichen Bedarf an Einschalern ausgerichtet hätte, hätten alle entlassen werden müssen. Im Hinblick auf die Hoffnung oder Erwartung, es würden noch weitere Aufträge eingehen, habe sie die grundsätzliche Entscheidung getroffen, ihren Betrieb statt mit 30 nur noch mit 18 Einschalern zu betreiben. Dies liege in ihrem unternehmerischen Ermessen, wobei sie diese Zahl als ausreichend erachtet und überlegt habe, daß sie eventuelle Mehraufträge durch Subunternehmer werde ausführen können. Nachdem dem Betriebsrat bereits im Oktober 1984 die schlechte Auftragslage vorgetragen worden sei, habe sie ihm mit Schreiben vom 2.1.1985 die Weiterentwicklung der Situation geschildert "und den Betriebsrat von ihrer Entscheidung, u. a. die Planstellen für Einschaler auf 18 zu reduzieren, unterrichtet." Es seien seit Januar 1985 auch keine neuen Einschaler eingestellt worden, vielmehr seien zum 30.9.1985 weitere 4 und zum 31.10.1985 weitere 5 entlassen worden, so daß sie jetzt nur noch mit 9 Einschalern arbeite.

Bei der Überlegung, welche Personen zu entlassen seien, habe sie sich hinsichtlich der Vergleichbarkeit an der Berufsaufgliederung in Gruppe V BRTV Bau orientiert, da die jeweils dort genannten Baufacharbeiter wegen der angelernten Spezialtätigkeiten Spezialisten und auch nicht beliebig austauschbar seien. Sie setze diese Arbeiter grundsätzlich auch getrennt ein. Daß es im Randbereich einmal zu Überschneidungen komme und einer dem anderen helfe, ändere hieran nichts. Maurer seien bei ihr nicht beschäftigt. Soweit der Kläger sich auf drei namentlich benannte Mitarbeiter aus der Gruppe der Bauwerker/Baufachwerker berufe, gehörten diese zur Gruppe der nicht weiterbeschäftigten Arbeitnehmer. Soweit vergleichbare Tätigkeiten vorgelegen hätten, habe sie Betriebszugehörigkeit, Familienstand und Lebensalter berücksichtigt, wobei sich ergeben habe, daß der Kläger gegenüber anderen Arbeitnehmern nicht sozial schutzwürdiger sei. Den Mitarbeiter S habe sie wegen seiner viel längeren Betriebszugehörigkeit und seinem höheren Lebensalter sozial vorrangig gewertet.

Der Kläger hat darauf erwidert: Der Rückgang der Auftragswerte besage nichts, die Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz seien nicht dargelegt. Zudem sei die von der Beklagten gegebene Aufstellung unvollständig , die Beklagte halte Aufträge und Baustellen zurück, sie arbeite vermehrt mit Subunternehmern. Da bereits kurzgearbeitet worden sei, hätte die Beklagte im einzelnen dartun müssen, inwiefern neue Sachlagen vorgelegen hätten, denen nicht durch Kurzarbeit hätte begegnet werden können.

Die Baustellenübersicht sei nicht zutreffend : 1. R I: Er habe dort bis zum letzten Tag gearbeitet, die Rohbauarbeiten seien nicht Ende 1984 beendet worden.

2. W-/S-Straße: Die Rohbauarbeiten hätten bis Mai 1984 gedauert, und es seien mehr als vier Einschaler benötigt worden.

3. Z Ro: Auch hier seien Einschaler benötigt worden.

4. Ho: Die Baustelle sei nicht zum Abschluß gekommen.

5. H-H-Weg: Die Beklagte berücksichtige offenbar nur zwei Einfamilienhäuser, sie habe jedoch aufgrund eines Auftrages aus 1984 Anfang 1985 einen Wohnblock über 25 Wohnungen in Angriff genommen.

7. Pu und 9. Wo : Die Rohbaustellen seien bis März bzw. Mai 1985 betrieben worden.

11. Dädanusweg: Hier sei überhaupt erst im Februar 1985 mit den Arbeiten begonnen worden.

Die Baustelle T fehle völlig, ebenso seien die Baustellen Br und Lo zu berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Kündigung sei nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte etwa den Betriebsrat nicht angehört habe. Mängel der tatsächlich erfolgten Anhörung seien nicht ersichtlich.

Die Kündigung sei auch nicht sozial ungerechtfertigt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei weggefallen durch die Entscheidung der Beklagten, die Zahl ihrer Einschaler generell von 30 auf 18 zu reduzieren. Dies sei eine unternehmerische Entscheidung, deren Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit darzulegen § 1 KSchG nicht verlange.Daß der Kläger als Maurer oder auf einem anderen Arbeitsplatz hätte weiterbeschäftigt werden können, sei nicht ersichtlich, konkrete Vorstellungen habe er nicht entwickelt.

Die Kündigung sei auch nicht rechtsunwirksam aufgrund von § 1 Abs. 3 KSchG. Die Beklagte habe die erforderlichen sozialen Gesichtspunkte beachtet, die Meinung des Klägers, die Beklagte hätte das gesamte Unternehmen in die soziale Auswahl einbeziehen müssen, sei unzutreffend. Die Auswahl beschränke sich auf den Kreis der Arbeitnehmer, die aus demselben betriebsbedingten Grund hätten entlassen werden können. Daß unter den danach in Frage kommenden Personenkreis irgendeiner sozial weniger schutzbedürftig gewesen sei, sei dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen.

II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht ist unter Zugrundelegung des von ihm festgestellten Sachverhaltes zu Unrecht davon ausgegangen, die Beklagte habe nach ihrer Begründung der Kündigung im Anhörungsverfahren und in der ersten Instanz eine freie unternehmerische Entscheidung getroffen, die zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten geführt habe.

1. Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist bei Vorliegen der weiter dort genannten Voraussetzungen eine Kündigung rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Nach § 1 Abs.2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung auch sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegensteht, bedingt ist, wobei der Arbeitgeber nach § 1 Abs.2 letzter Satz KSchG die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen.

Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG hat das Gericht voll nachzuprüfen, ob die vom Arbeitgeber behaupteten Gründe für die Kündigung tatsächlich vorliegen und ob sie sich im betrieblichen Bereich dahin auswirken, daß für die Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers kein Bedürfnis mehr besteht (BAGE 31, 158 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969; BAG Urteil vom 30. Mai 1985 - 2 AZR 321/84 - AP Nr. 24 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Behauptet der Arbeitgeber, bereits außerbetriebliche Gründe allein hätten ein Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung entfallen lassen, so hat das Gericht nachzuprüfen, ob zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs feststand, daß zum Zeitpunkt des Kündigungstermins eine Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer nicht mehr gegeben war. Beruft der Arbeitgeber sich nicht auf außerbetriebliche Gründe, so muß er im einzelnen darlegen, inwieweit sich durch welche Organisationsmaßnahmen im betrieblichen Bereich der Arbeitsanfall und der Bedarf an Arbeitskräften verringert hat (BAGE 31, 158 = AP aa0). Solche organisatorischen oder technischen Maßnahmen des Arbeitgebers zur Einsparung von Arbeitsplätzen sind zwar nicht auf ihre Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen (BAGE 32, 150 = AP Nr.8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung), sie müssen aber, wenn hierauf die Kündigung gestützt wird, überhaupt vorliegen. Die Umsetzung und Auswirkung der Unternehmerentscheidung im betrieblichen Bereich muß vom Arbeitgeber substantiiert dargelegt werden. Nicht allein die Unternehmerentscheidung, sondern erst ihre tatsächliche Durchführung im Betrieb oder eine Planung, die insoweit bereits greifbare Formen angenommen hat, kann ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung bedingen (so zutreffend schon Auffarth, RdA 1955, 410, 411). Weder ist die Arbeitgeberkündigung selbst eine von den Gerichten im Kündigungsschutzprozeß als bindend hinzunehmende Unternehmerentscheidung (BAG Urteile vom 20. Februar 1986 - 2 AZR 212/85 - und vom 20. März 1986 - 2 AZR 294/85 -, nicht zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt), noch ist allein der Entschluß, die Lohnkosten zu senken, eine solche hinzunehmende Entscheidung.

2. Das Landesarbeitsgericht ist unter nicht hinreichender Würdigung des Sachverhaltes davon ausgegangen, die Beklagte habe sich generell entschlossen, die Anzahl der Einschaler von 30 auf 18 zu verringern. Es hat nicht beachtet, daß die Beklagte sich erst im Berufungsverfahren auf eine generelle Personalreduzierung berufen und wegen der anhaltenden Verweisung auf die Anhörung des Betriebsrates nicht hinreichend dargetan hat, daß zum Zeitpunkt der Kündigung eine solche Entscheidung vorlag.

a) Nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte habe den Betriebsrat am 2. Januar 1985 davon unterrichtet, sie habe sich Ende 1984 entschlossen, die Zahl der Einschaler zu reduzieren. Das Landesarbeitsgericht hat unter Verkennung dieser von ihm selbst festgestellten Sachlage (Schreiben an den Betriebsrat) rechtsfehlerhaft gefolgert, damit habe sich die Beklagte von Anfang an auf eine "generelle" Unternehmerentscheidung berufen.

Wie sich aus dem Schreiben an den Betriebsrat ergibt, hat die Beklagte dem Betriebsrat in Bezug auf die Einschaler aber weder mitgeteilt, sie habe sich generell zu irgendwelchen Maßnahmen entschlossen, noch hat sie dem Betriebsrat konkrete betriebsorganisatorische Maßnahmen unterbreitet. Sie hat vielmehr mitgeteilt, sie habe bestimmte erwartete Aufträge nicht erhalten für deren Durchführung sie 12 Einschaler benötigt hätte. Sie hat diese Beschränkung auf Sachzwänge noch dadurch untermauert, daß sie ausgeführt hat, sie sehe sich "leider gezwungen", den 12 Einschalern zu kündigen. Die Beklagte hat damit sachlich eindeutig allein auf außerbetriebliche Umstände abgestellt, die sie zum Kündigungsgrund machen wollte.

b) Soweit die Beklagte sich im Prozeß wegen des Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit später auch auf die Folgen einer generellen Unternehmerentscheidung berufen hat, hat sie ihr durch das Schreiben an den Betriebsrat konkretisierte Kündigungsbegründung rechtlich nur falsch qualifiziert. Sie hat nämlich vorgetragen, sie habe den Betriebsrat mit Schreiben vom 2. Januar 1985 von ihrer "Entscheidung", die Planstellen zu reduzieren, unterrichtet. Sie stützt ihre Kündigung damit auf die in diesem Schreiben dargestellten Umstände, die jedoch nichts für eine gestaltende Unternehmerentscheidung hergeben. Daß die Beklagte daneben eine weitere Organisations-Entscheidung getroffen hätte, hat sie selbst nicht geltend gemacht.

c) Das Landesarbeitsgericht hätte daher davon ausgehen müssen, daß die Beklagte außerbetriebliche Umstände nicht nur als Handlungsmotiv für innerbetriebliche Gründe, für eine gestaltende Unternehmerentscheidung herangezogen hat, daß sie sich vielmehr entschlossen hatte, die außerbetrieblichen Umstände unmittelbar als Grundlage für ihre Entscheidung wirken zu lassen. Das Berufungsgericht hätte demgemäß schon deshalb den bestrittenen Vortrag der Beklagten überprüfen müssen, der vorhandene in Verbindung mit dem zu erwartenden Auftragsbestand habe zum Zeitpunkt des Kündigungstermins eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger entfallen lassen. Die Parteien haben insoweit substantiiert mit Beweisantritten widersprechend vorgetragen. Diesem Vortrag ist nachzugehen.

III. Die noch erforderliche Klärung des behaupteten Umsatzrückganges und dessen Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des Klägers macht eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht erforderlich.

Für die weitere Behandlung der Sache erscheinen dem Senat folgende Hinweise angezeigt:

1. Die Rüge des Klägers, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, ist unbegründet, weil die Beklagte bei richtiger Würdigung ihres Vortrages die streitige Kündigung auf außerbetriebliche Umstände gestützt hat. Die Beklagte hat insoweit dem Betriebsrat alle Tatsachen unterbreitet, die sie für ihre Entscheidung als maßgebend erachtet hat und die an sich geeignet sind, ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung zu bedingen.

2. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem bisherigen Vortrag des Klägers zu Recht angenommen, daß er an einem anderen Arbeitsplatz nicht weiterbeschäftigt werden kann ( § 1 Abs. 2 KSchG). Die Angriffe der Revision greifen insoweit nicht.

a) Der Kläger hat nicht vorgetragen, welche freie Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb der Beklagten für ihn bestanden haben soll bzw. an welche konkrete Beschäftigungsmöglichkeit er denkt (vgl. BAG Urteil vom 3. Februar 1977 - 2 AZR 476/75 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Er hat nur allgemein geltend gemacht, er sei aufgrund seiner fachlichen Qualifikation in der Lage, auch außerhalb der Rohbauabteilung wertvolle Arbeit für die Beklagte zu verrichten. Außerdem hat er behauptet, er sei Betonbauer und damit als Maurer einsetzbar. Soweit er sich auf eine Beschäftigung als Maurer beruft, hat er selbst nicht behauptet, daß eine solche Stelle frei ist. Soweit er drei Bauwerker/Baufachwerker, die früher als Stahlschaler tätig waren, in seine Erwägungen einbezieht, befaßt er sich nicht mit vergleichbaren Arbeitsbereichen.

3. Auch die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte hinreichend berücksichtigt, ist im Ergebnis haltbar. § 1 Abs. 3 KSchG gibt keine konkreten Maßstäbe für die Wertigkeit einzelner sozialer Gesichtspunkte, sondern enthält nur einen unbestimmten Rechtsbegriff (BAGE 16, 149, 151 = AP Nr. 14 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 24. März 1983 - 2 AZR 21/82 - AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 25. April 1985 - 2 AZR 140/84 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 35).

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. September 1982 - 2 AZR 271/80 - AP Nr. 4 zu § 22 KO; vom 7. Februar 1985 - 2 AZR 91/84 - AP Nr. 9 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Urteil vom 25. April 1985, aa0) erstreckt sich die soziale Auswahl innerhalb des Betriebes nur auf Arbeitnehmer, die miteinander vergleichbar sind; d. h. der gekündigte Arbeitnehmer muß die Funktion eines anderen nicht gekündigten Arbeitnehmers wahrnehmen können. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn es sich um identische Arbeitsplätze handelt, aber auch dann, wenn der gekündigte Arbeitnehmer aufgrund seiner Ausbildung und seiner Fähigkeiten oder nach verhältnismäßig kurzer Einarbeitungszeit eine andersartige, aber gleichwertige Arbeit verrichten kann.

Die Beklagte macht zunächst im Ansatz zu Recht geltend, sie habe sich hinsichtlich der Vergleichbarkeit an der Einteilung der Berufungsgruppe V/Baufacharbeiter Anhang BRTV Bau orientiert, da die dort genannten Berufe solche Tätigkeitsmerkmale enthielten, die speziell angelernt seien. Sie könne daher davon ausgehen, daß die dort genannten Berufe untereinander nicht austauschbar seien. Die Beklagte hat sich damit an arbeitsplatzbezogenen Merkmalen orientiert. Eine Vergleichbarkeit wäre allerdings auch dann gegeben, wenn der Kläger ungeachtet seines tatsächlichen Einsatzes bei der Beklagten aufgrund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Fähigkeiten in der Lage wäre, andere in der Gruppe V aufgeführten Berufe auszuüben und die Beklagte dies bei ihren Erwägungen hätte erkennen können. Er hat jedoch einen hinreichenden Tatsachenvortrag dazu nicht gebracht, zumal er nicht dargetan hat, in welche spezielle Tätigkeit er sich kurz hätte einarbeiten können.

Soweit der Kläger gerügt hat, die Beklagte habe soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt, genügt sein Vortrag nicht. Die Beklagte hat eine Übersicht über die sozialen Daten der Mitarbeiter vorgelegt und ihre Wertung mitgeteilt. Danach sind Alter, Betriebszugehörigkeit und Familienstand berücksichtigt. Soweit der Kläger konkret die Arbeitnehmer K und T erwähnt, gehören beide zur Gruppe der Einschaler und zu den gekündigten Arbeitnehmern.

Hillebrecht Triebfürst Ascheid

Mayr Wisskirchen

 

Fundstellen

Haufe-Index 437658

RzK, I 5c Nr 17 (ST1)

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