Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Auswahl. Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitgeber ist im Rahmen der sozialen Auswahl nach § 1 Abs 3 Satz 1 KSchG nicht verpflichtet, von sich aus einem sozial schlechter gestellten Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu geänderten (verschlechterten) Bedingungen anzubieten, um für ihn durch Kündigung eines sozial besser gestellten Arbeitnehmers einen Arbeitsplatz freizumachen. Ob eine solche Verpflichtung dann besteht, wenn der Arbeitnehmer vor oder unmittelbar nach der Kündigung sich zu einer solchen Weiterbeschäftigung bereiterklärt, bleibt dahingestellt (Bestätigung des Urteils des BAG vom 4. Dezember 1959 - 1 AZR 382/57 = AP Nr 2 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung).

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 3 Fassung 1969-08-25

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 22.12.1983; Aktenzeichen 4 Sa 76/83)

ArbG Heilbronn (Entscheidung vom 15.03.1983; Aktenzeichen 1 Ca 22/83)

 

Tatbestand

Der im Jahre 1933 geborene, verheiratete Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, war bei der Beklagten nach deren Darstellung seit November 1974, nach seiner Behauptung seit Februar 1973 als Schneidbrenner gegen einen Stundenlohn von zuletzt 13,35 DM brutto beschäftigt. Die Beklagte, die einen Metall- und Schrottgroßhandel betreibt, beschäftigte im Dezember 1982 etwa 25 gewerbliche Arbeitnehmer. Drei Arbeiter werden in Nachtschicht im Fallwerk eingesetzt. Dort werden zur Verschrottung angelieferte Maschinenteile mit Hilfe einer Metallbirne zerkleinert.

Mit einem dem Kläger noch im Dezember 1982 zugegangenen Schreiben vom 27. Dezember 1982 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. Januar 1983. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage. Er hat geltend gemacht, daß die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei, und beantragt

1. festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten

vom 27. Dezember 1982 rechtsunwirksam ist und

das Arbeitsverhältnis auch über den 31. Januar

1983 hinaus fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bis-

herigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die nach Anhörung und mit Zustimmung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Von Juli bis Dezember 1982 seien ihr Umsatz von 0,79 Mio. DM kontinuierlich auf 0,46 Mio. DM, die Eingänge der zur Verschrottung angelieferten Waren im selben Zeitraum von 3.000 t auf 2.800 t zurückgegangen. Demgegenüber habe der Umsatz in der vorausgegangenen Zeit von Juli 1981 bis Mai 1982 zwischen 1,46 Mio. DM und 1,08 Mio. DM, der Wareneingang zwischen 4.700 t und 3.800 t gelegen. Nach Durchschnittswerten sei der Umsatz von 4.000 t in der Zeit von Juli 1981 bis Mai 1982 auf weniger als 3.000 t in der Zeit von Juni bis Dezember 1982 zurückgegangen. Es sei auch für die Zukunft keine Besserung der Auftragslage zu erwarten, da der Stahlmarkt praktisch zum Erliegen gekommen, ein starker Preisverfall eingetreten sei und die metallverarbeitende Industrie überwiegend kurzarbeite.

Infolge des durch den Auftragsrückgang bedingten rückläufigen Arbeitsanfalls seien ab Juni 1982 mindestens zwei Arbeitsplätze weggefallen. Sie habe deshalb im Herbst 1982 einen Arbeiter und im Dezember den Kläger entlassen müssen. Die mit ihm in der Schrottabteilung eingesetzten Arbeiter H, Hä und G seien erheblich älter, wesentlich länger im Betrieb beschäftigt als der Kläger und sämtlich verheiratet. Der Arbeiter G sei ferner zwei Kindern unterhaltsverpflichtet.

Der Kläger hat bestritten, daß wegen Umsatzrückgangs sein Arbeitsplatz weggefallen sei. Seit seiner Erkrankung am 7. Dezember 1982 werde dort an seiner Stelle ein anderer Arbeiter beschäftigt. Nach den von der Beklagten mitgeteilten Zahlen halte sich der Umsatz von knapp 1 Mio. DM in den Monaten Juni bis August 1982 innerhalb einer hinzunehmenden Schwankungsbreite. Die Annahme eines anhaltenden Umsatzrückgangs sei sachlich nicht gerechtfertigt. Das gleiche Bild ergebe sich aus den Wareneingangszahlen. Die Beklagte hätte deshalb einen solchen Umsatzrückgang durch Einführung von Kurzarbeit überbrücken müssen. In jedem Falle hätte sie ihn im Fallwerk weiterbeschäftigen müssen, da die dort eingesetzten drei Arbeiter wesentlich jünger und erst kürzere Zeit als er im Betrieb beschäftigt seien. Hierzu wäre er auch bereit und in der Lage. Die Beklagte habe ihn nie gefragt, ob er dort arbeiten wolle, und auch nicht versucht, ihm seinen Arbeitsplatz durch Umsetzung oder Änderungskündigung zu erhalten.

Die Beklagte hat erwidert, die Belegschaft habe Kurzarbeit in einer wegen dieser Frage abgehaltenen Betriebsversammlung abgelehnt. Wenn die Ertragslage sich nicht bessere, werde auch die Einführung von Kurzarbeit nicht ausgeschlossen. Sie sei nicht verpflichtet, den Kläger im Fallwerk zu beschäftigen. Er sei als Autogenschweißer eingestellt, ausschließlich mit dieser Tätigkeit im Schrottwerk beschäftigt worden und weder ernsthaft bereit noch in der Lage, im Fallwerk zu arbeiten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.

Mit der Revision hat der Kläger den Antrag angekündigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er diesen Antrag mit der Maßgabe gestellt, daß der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht mehr verfolgt werde. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Kündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt sei. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die Entlassung des Klägers sei durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt gewesen. Aus den von der Beklagten vorgetragenen Umsatz- und Wareneingangszahlen ergebe sich für die Zeit von Juli bis November 1982 gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres ein Umsatzrückgang von etwa 20 % und für die Zeit von Juli bis Dezember 1981 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres ein Rückgang des Wareneingangs von ca. 25 %, jeweils mit im wesentlichen absteigender Tendenz. Dieser erhebliche und anhaltende Rückgang im Umsatz und Wareneingang sowie der damit verbundene rückläufige Arbeitsanfall hätten die Beklagte berechtigt, das Personal entsprechend zu verringern und einen der vier Arbeitsplätze für Schneidbrenner einzusparen.

Die Beklagte habe mit der Entlassung des Klägers auch nicht ihre Pflicht zur sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG verletzt. Die mit ihm als Schneidbrenner beschäftigten drei Arbeiter seien sozial schutzbedürftiger. Die drei im Fallwerk beschäftigten und sozial besser gestellten Arbeiter habe die Beklagte nicht in die soziale Auswahl einbeziehen müssen. Sie seien schon deshalb nicht mit ihm vergleichbar, weil die Arbeit im Fallwerk unstreitig nur nachts ausgeführt werde. Der Kläger hätte somit dort nur nach Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von Tag- auf Nachtarbeit eingesetzt werden können. Eine derartige Änderung des Vertragsinhalts wäre nur durch Änderungskündigung möglich gewesen. Die Beklagte habe dem Kläger auch nicht nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor Ausspruch einer Kündigung eine solche Tätigkeit anbieten und insoweit eine Änderungskündigung in Erwägung ziehen müssen. Selbst wenn man eine dahingehende Verpflichtung des Arbeitgebers annehmen würde, so müßte der Arbeitnehmer von sich aus vor oder unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung an den Arbeitgeber mit einem entsprechenden Angebot herangetreten sein. Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, als der Kläger nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten selbst eine Beschäftigung zur Aushilfe oder als Urlaubsvertretung im Fallwerk strikt abgelehnt habe. Der Kläger habe sich erstmals während des Prozesses zu dieser Arbeit bereit erklärt.

Auch wenn man das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung seines Arbeitsplatzes berücksichtige, das insbesondere im Hinblick auf sein vorgerücktes Alter und seine fast 10-jährige Betriebszugehörigkeit von erheblichem Gewicht sei, überwiege das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die erforderlich gewesen sei, um den Personalbestand an die verschlechterten betrieblichen Verhältnisse anzupassen.

Diese Würdigung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

II. Die Revision rügt vorab, das Berufungsgericht habe § 102 Abs. 1 BetrVG verletzt. Es habe nicht berücksichtigt, daß die Beklagte mit der pauschalen Behauptung, der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung gehört worden und habe ihr zugestimmt, ihrer Darlegungslast für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht genügt habe. Es sei deshalb unerheblich, daß der Kläger insoweit in den Vorinstanzen keine Rüge erhoben habe.

Diese Rüge ist unbegründet. Zwar ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig für die Anhörung und ihre ordnungsgemäße Durchführung (vgl. Senatsurteil BAG 43, 129, 135 = AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B I 1 der Gründe, m.w.N.). Jedoch muß der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats überhaupt bestreiten, damit die entsprechende Darlegungslast des Arbeitgebers ausgelöst wird und das Gericht Anlaß hat, sich mit der Frage der Betriebsratsanhörung zu befassen (Senatsurteil vom 14. Oktober 1982 - 2 AZR 811/79 - AP Nr. 36 zu § 613 a BGB, zu A IV der Gründe). Im vorliegenden Fall hat der Kläger, wie die Revision selbst einräumt, die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats in den Vorinstanzen nicht gerügt. Das Berufungsgericht brauchte sich deshalb mit der Frage nicht zu befassen.

III.Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kündigung des Klägers sei durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt gewesen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts über die Umsatz- und Wareneingangszahlen der Beklagten in der Zeit von Juli 1981 bis Dezember 1982 und den sich daraus ergebenden Rückgang des Umsatzes und des Wareneingangs im zweiten Halbjahr 1982 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um etwa 20 % bzw. 25 % sind für das Revisionsgericht bindend, weil hiergegen keine Verfahrensrüge erhoben worden ist (§ 561 ZPO).

2. Die Revision greift auch die aus diesen Feststellungen gezogene Schlußfolgerung des Berufungsgerichts nicht an, daß sich der Arbeitsanfall für die im Betrieb beschäftigten Schneidbrenner entsprechend verringert habe und das Arbeitspensum für einen Schneidbrenner weggefallen sei. Sie rügt vielmehr lediglich, das Berufungsgericht habe die Entscheidung der Beklagten, aus diesem Grunde den Arbeitsplatz eines Schneidbrenners einzusparen, als gerichtlich nicht weiter nachprüfbar hingenommen. Es habe übersehen, daß es der Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen möglich und zumutbar gewesen sei, die Entlassung des Klägers durch Einführung von Kurzarbeit zu vermeiden.

Diese Rüge bleibt ohne Erfolg.

3. a)Der Senat hat in dem Urteil vom 7. Dezember 1978 (BAG 31, 157 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) die Grundsätze zusammengefaßt, die für den Prüfungsmaßstab des Gerichts bei einer auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützten Kündigung gelten. Danach können sich die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung aus innerbetrieblichen Umständen (z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z.B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch Kündigung zu entsprechen. Ein Umsatzrückgang kann dann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn dadurch der Arbeitsanfall so zurückgeht, daß für einen oder mehrere Arbeitnehmer das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung entfällt.

Auch wenn durch außer- oder innerbetriebliche Gründe der bisherige Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt, ist eine Kündigung nur dann durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn dem Arbeitgeber eine andere Beschäftigung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Bei außerbetrieblichen Gründen ist darüber hinaus zu prüfen, ob Kündigungen nicht durch innerbetriebliche Maßnahmen (insbesondere Arbeitsstreckung) vermieden werden können. Die organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um seinen Betrieb dem Umsatzrückgang oder der verschlechterten Ertragslage anzupassen, sind nicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, wohl aber daraufhin zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind.

b) In dem Urteil vom 24. Oktober 1979 (BAG 32, 150 = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) hat der Senat diese Grundsätze bestätigt und insbesondere noch näher dargelegt, unter welchen Voraussetzungen eine durch innerbetriebliche oder außerbetriebliche Umstände veranlaßte unternehmerische Entscheidung als offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich anzusehen und eine Kündigung aufgrund einer Interessenabwägung sozial ungerechtfertigt sein kann.

Danach ergeben sich die Ausnahmen, bei denen die innerbetrieblichen Maßnahmen nicht bindend sind, aus dem allgemeinen Verbot des Rechtsmißbrauchs. So erfüllen offensichtlich unsachliche oder willkürliche Rationalisierungsmaßnahmen den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung des betrieblichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitgeber. Hierfür reicht nicht aus, daß eine Maßnahme offensichtlich unzweckmäßig ist.

Ist eine Kündigung wegen einer bindenden Unternehmerentscheidung "an sich" betriebsbedingt, dann kann die immer notwendige umfassende Interessenabwägung sich nur in seltenen Ausnahmefällen zugunsten des Arbeitnehmers auswirken. Eine, zumeist nur vorübergehende Weiterbeschäftigung ist dem Arbeitgeber etwa dann zuzumuten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzbedürftig ist.

c) In dem Urteil vom 24. März 1983 (BAG 42, 151 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu A II 1 der Gründe) hat der Senat ausgesprochen, daß auch eine vom Arbeitgeber wegen Auftragsrückgang und Produktionseinschränkung beschlossene Einsparung mehrerer Arbeitsplätze eine Unternehmerentscheidung darstellt, die nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.

4. Gewisse Unklarheiten bei der Behandlung des Problems der gerichtlichen Nachprüfung der Unternehmerentscheidung finden sich demgegenüber noch in den beiden Urteilen des Siebten Senats vom 7. März 1980 - 7 AZR 1093/77 - und vom 17. Oktober 1980 - 7 AZR 675/78 - (AP Nr. 9 und 10 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Nach der erstgenannten Entscheidung ist auch bei Vorliegen eines betriebsbedingten Erfordernisses eine Kündigung nur sozial gerechtfertigt, wenn die betrieblichen Gründe bei verständiger Würdigung der Interessen beider Vertragsparteien die Kündigung billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Das ist nicht der Fall, wenn die zu erwartenden Vorteile des Arbeitgebers zu den Nachteilen, die sich für den Arbeitnehmer daraus ergeben, in keinem vernünftigen Verhältnis stehen. Der Siebte Senat gibt insoweit die Grundsätze wieder, die der Dritte Senat in dem Urteil vom 4. Februar 1960 - 3 AZR 25/58 - (BAG 9, 36 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung, zu IV der Gründe) aufgestellt und der Vierte Senat in dem Urteil vom 3. Mai 1978 - 4 AZR 698/76 - (AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II der Gründe) übernommen hatte. Eine so weitgehende Beschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit hat der erkennende Senat in dem Urteil BAG 32, 150, 156 f. jedoch nicht mehr gebilligt.

Dieselben Grundsätze enthält das Urteil vom 17. Oktober 1980 (aaO) zur Interessenabwägung (zu 3 e der Gründe), nachdem dort zuvor (zu 3 a und b der Gründe) die in dem Senatsurteil BAG 31, 158 aufgestellten Grundsätze wiedergegeben sind. Anschließend wird unter Bezugnahme auf das Senatsurteil BAG 32, 150 ausgeführt, sei eine Kündigung "an sich" betriebsbedingt, so sei eine Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber nur in einem seltenen Ausnahmefall zuzumuten.

5. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles bedarf es keiner näheren Stellungnahme zu den vorgenannten Entscheidungen des Siebten Senats. Selbst wenn man von den früheren Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts zur Nachprüfung der Unternehmerentscheidung und der Interessenabwägung bei der betriebsbedingten Kündigung ausgeht, führt dies zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis.

a) Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber einem Arbeitsmangel durch Einführung von Kurzarbeit begegnen muß, hat der Senat bereits in dem Urteil vom 25. Juni 1964 - 2 AZR 382/63 - (BAG 16, 134 = AP Nr. 14 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung) Stellung genommen. Er hat ausgeführt, eine umfassende Interessenabwägung erfordere die Prüfung, ob es nicht mit dem betrieblichen Erfordernis vereinbar gewesen sei, eine auf Produktionseinschränkung infolge schlechter Absatzlage gestützte Kündigung durch Einführung von Kurzarbeit abzuwenden. Nur dann, wenn dies nicht der Fall sei, sei die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse "bedingt". Sei Auftragsmangel und damit die Notwendigkeit einer Betriebseinschränkung nachgewiesen, so sei dem allerdings in der Regel nur durch Entlassungen und nur ausnahmsweise durch Kurzarbeit abzuhelfen. Deshalb müsse der Arbeitnehmer diese Ausnahmen beweisen. Bei dieser Prüfung seien die Schwierigkeiten in Betracht zu ziehen, die dem Arbeitgeber bei der Einführung von Kurzarbeit drohen würden. Er hätte sich dann nämlich mit sämtlichen Arbeitnehmern auseinandersetzen müssen. Das hätte Unruhe in den Betrieb gebracht, weil die übrigen Arbeitnehmer voraussichtlich wenig geneigt gewesen wären, eine Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich widerspruchslos hinzunehmen. Der Arbeitgeber hätte dann notgedrungen zu dem Mittel der Änderungskündigung greifen müssen und sich dadurch der Gefahr einer Mehrzahl von Kündigungsschutzprozessen mit zweifelhaftem Ausgang ausgesetzt. Das spreche entscheidend dafür, daß er den richtigen Weg der Rationalisierung seines Betriebes gewählt habe, wenn er es vorgezogen habe, einem Arbeitnehmer zu kündigen.

b) Auch wenn man diese Würdigung zugrundelegt, die zu einer weitergehenden als nunmehr vom Senat gebilligten gerichtlichen Nachprüfung von Unternehmerentscheidungen führt (vgl. dazu Herschel, Anm. zu AP Nr. 14 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung) ist nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten die Einführung von Kurzarbeit anstelle der Entlassung des Klägers mit den betrieblichen Belangen schon deshalb nicht vereinbar gewesen, weil die Belegschaft sich gegen Kurzarbeit ausgesprochen hatte. Der insoweit darlegungspflichtige Kläger hat auch nicht vorgetragen, daß der Auftragsrückgang und der dadurch bedingte Arbeitsmangel nur vorübergehender Natur waren. Dies ist aber nach § 63 AFG Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld. Lag sie nicht vor, so hätten die übrigen Arbeitnehmer Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, wenn die Beklagte dennoch Kurzarbeit eingeführt hätte. Entgegen der Meinung des Klägers steht damit die Einlassung der Beklagten, sie könne möglicherweise noch zu dieser Maßnahme gezwungen werden, nicht in Widerspruch. Denn die zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier die bei Ausspruch der Kündigung bestehende Auftragslage kann nach den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen anhaltend, eine weitere Verschlechterung dagegen nur vorübergehender Natur sein. Die Rüge der Revision, allein die Möglichkeit, Kurzarbeit einzuführen, lasse die Interessenabwägung des Berufungsgerichts fehlerhaft erscheinen, erweist sich somit selbst bei Anwendung der in dem vorbezeichneten Senatsurteil aufgestellten Grundsätze als unbegründet.

Der Senat brauchte vorliegend deswegen nicht zu entscheiden, ob an dem Prüfungsmaßstab festzuhalten ist, den der Senat in dem Urteil vom 25. Juni 1964 (aaO) für die Verweisung auf Kurzarbeit entwickelt hat, oder ob nicht bereits dadurch zu stark in das betriebliche Gestaltungsrecht des Arbeitgebers eingegriffen wird (vgl. zum Streitstand: Herschel, aaO; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 1 Rz 190-191; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz 111; KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 303; Stahlhacke, BlStSozArbR 1983, 33, 36; Vollmer, DB 1982, 1933; Hillebrecht, Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV - VAA - 1984, S. 88 f.; ders.ZIP 1985, 257, 260 f.).

IV. Das Berufungsgericht hat auch die soziale Auswahl der Beklagten zutreffend beurteilt.

1a) Die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG erstreckt sich innerhalb des Betriebes nur auf Arbeitnehmer, die miteinander verglichen werden können. Vergleichbar sind solche Arbeitnehmer, die austauschbar sind (allg. M.; vgl. BAG Urteil vom 4. Dezember 1959 - 1 AZR 382/57 - AP Nr. 2 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; Senatsurteil vom 16. September 1982 - 2 AZR 271/80 - AP Nr. 4 zu § 22 KO, zu B II 4 a der Gründe; KR- Becker, aaO, § 1 KSchG Rz 347; Berkowsky, Die betriebsbedingte Kündigung, 2. Aufl., Rz 180, 181; Dudenbostel, DB 1984, 826, 827; Herschel/Löwisch, aaO, § 1 Rz 217; Hillebrecht, VAA, S. 117; Hueck, aaO, § 1 Rz 125; Preis, DB 1984, 2244, 2246; Rost, ZIP 1982, 1396, 1402). Die Vergleichbarkeit der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen (Senatsurteil vom 16. September 1982, aaO) und somit nach der ausgeübten Tätigkeit. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Funktion der anderen Arbeitnehmer wahrnehmen kann. Das ist nicht nur bei Identität des Arbeitsplatzes, sondern auch dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Der Vergleich vollzieht sich insoweit auf derselben Ebene der Betriebshierarchie (sogen. horizontale Vergleichbarkeit; vgl. KR-Becker, aaO, § 1 KSchG Rz 347, 348; Herschel/Löwisch, aaO, § 1 Rz 217; Hillebrecht, aaO, S. 118; Rost, aaO).

b) Im vorliegenden Fall sind die nach diesen Kriterien eindeutig vergleichbaren, in der Schrottabteilung beschäftigten drei Schneidbrenner sämtlich sozial schutzwürdiger als der Kläger, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht. Das Berufungsgericht hat die zwischen den Parteien streitige Frage offen gelassen, ob der Kläger nach seiner Qualifikation und körperlichen Verfassung mit den im Fallwerk in Nachtschicht beschäftigten drei Arbeitern vergleichbar ist, die sozial besser gestellt sind. Es hat dies deshalb verneint, weil sein dortiger Einsatz nur durch eine im Wege der Änderungskündigung durchsetzbare grundlegende Änderung der vertraglichen Arbeitsbedingungen, nämlich der Arbeitszeit, möglich wäre. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Erfordernis solcher Vertragsänderungen bereits die Vergleichbarkeit im Rahmen der sozialen Auswahl ausschließt. Denn in jedem Falle ist die weitere Begründung des Berufungsgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden, die Beklagte habe den Kläger zumindest deshalb nicht in den Kreis der im Fallwerk beschäftigten Arbeiter einbeziehen müssen, weil er sich nicht vor oder unmittelbar nach der Kündigung zu einer solchen Tätigkeit bereiterklärt habe.

Im einzelnen gilt folgendes:

2. a)Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem Urteil vom 4. Dezember 1959 (aaO) die Ansicht vertreten, der Arbeitgeber verletze die Pflicht zur sozialen Auswahl nicht, wenn er nicht von sich aus an einen sozial schlechter gestellten Arbeitnehmer herantritt, um ihn zu einer Vertragsänderung zu bewegen, damit für ihn dann durch die Entlassung eines sozial besser gestellten Arbeitnehmers dessen Stelle freigemacht werden kann. Er hat offen gelassen, ob der Arbeitgeber nicht auch bei einem solchen Sachverhalt das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen dann fortsetzen muß, wenn der Arbeitnehmer selbst an ihn mit einem entsprechenden Angebot herangetreten ist. Die in diesem Urteil erwogene Einbeziehung von Arbeitnehmern in die soziale Auswahl erstreckt sich auf verschiedene Ebenen der Betriebshierarchie und wird im Schrifttum neuerdings unter dem Begriff der "vertikalen Vergleichbarkeit" (Berkowsky, aaO, Rz 188; Hillebrecht, aaO, S. 118; Färber, NZA 1985, 175, 176 ff.) oder der gruppenübergreifenden Sozialauswahl (Rost, aaO, 1402) behandelt.

b) Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 13. September 1973 (BAG 25, 278 = AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969, zu III 2 a der Gründe) die hiervon zu unterscheidende, die Betriebsbedingtheit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG betreffende Frage entschieden, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf einem anderen f r e i e n Arbeitsplatz unter verschlechterten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen muß. Er hat seinerzeit die in der Entscheidung vom 27. September 1984 (- 2 AZR 62/83 - EzA § 2 KSchG Nr. 5; NZA 1985, 455; die Entscheidung ist auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) aufgegebene Meinung vertreten, eine solche Pflicht treffe den Arbeitgeber im Grundsatz zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer sich hierzu vor oder unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung bereit erklärt habe. In der weiteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wurde die vor oder unmittelbar nach der Kündigung erklärte Bereitschaft des Arbeitnehmers dann zur Voraussetzung für eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen f r e i e n Arbeitsplatz zu geänderten (ungünstigeren) Bedingungen erhoben (vgl. im einzelnen die Nachweise in dem Senatsurteil vom 27. September 1984, aaO). Unter Berufung auf diese frühere Rechtsprechung hat der Senat in dem Urteil vom 19. April 1979 - 2 AZR 425/77 - (EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 11, zu B III 3 b der Gründe) ausgesprochen, es könnten dann keine geringeren Anforderungen gestellt werden, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der sozialen Auswahl verpflichtet sein sollte, den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen sei, auf einem Arbeitsplatz zu schlechteren Bedingungen weiterzubeschäftigen, den er erst durch die Kündigung eines anderen Arbeitnehmers freimachen müßte. Damit hat der Senat jedoch nur die frühere Rechtsprechung des Ersten Senats im Urteil vom 4. Dezember 1959 (aaO) bestätigt, daß für den Bereich der sozialen Auswahl jedenfalls keine Verpflichtung des Arbeitgebers bestehe, von sich aus an den für eine Kündigung in Betracht kommenden Arbeitnehmer wegen einer Weiterbeschäftigung zu geänderten (verschlechterten) Arbeitsbedingungen heranzutreten. Eine über die damalige Begründung hinausgehende grundsätzliche Anerkennung der sogenannten vertikalen Vergleichbarkeit im Falle einer vor oder nach Ausspruch der Kündigung erklärten Bereitschaft des Arbeitnehmers ist damit nicht beabsichtigt gewesen (unzutreffend insoweit KR- Becker, aaO, § 1 Rz 348 sowie Färber, aaO, 176 zu Fußn. 15).

c) Im Schrifttum wird die vertikale Vergleichbarkeit bei einer Bereitschaft des zu kündigenden Arbeitnehmers, zu geänderten Arbeitsbedingungen eingesetzt zu werden, überwiegend für zulässig gehalten. Unterschiedliche Auffassungen bestehen insoweit nur darüber, ob der Arbeitnehmer sein Einverständnis vor Ausspruch der Kündigung erklärt haben muß (so Hillebrecht, VAA 1984, S. 119; Meisel, BB 1963, 1058, 1061; Müller, DB 1975, 2134), oder ob es ausreicht, wenn er sich unmittelbar danach entsprechend äußert (KR-Becker, aaO, § 1 Rz 348; Berkowsky, aaO, Rz 192; a. A. in der Vorauflage, Rz 162; Dudenbostel, aaO; Rost, aaO, 1402; ebenso wohl auch Hueck, aaO, § 1 Rz 125). Abgelehnt wird die vertikale Vergleichbarkeit dagegen grundsätzlich von Färber (aaO, 177 ff.), Herschel/Löwisch (aaO, Rz 220) und Schaub (Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 132 I 3, S. 825).

3. Der Senat hält an der in dem Urteil vom 19. April 1979 (aaO) in Übereinstimmung mit dem Urteil des Ersten Senats vom 4. Dezember 1959 (aaO) vertretenen Auffassung fest, daß der Arbeitgeber im Rahmen der sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG jedenfalls nicht verpflichtet ist, von sich aus an den für eine Kündigung in Betracht kommenden Arbeitnehmer wegen einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen heranzutreten. Eine weitergehende grundsätzliche Stellungnahme zur Zulässigkeit der sogenannten vertikalen Vergleichbarkeit ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles nicht erforderlich.

a) Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß die sogen. vertikale Vergleichbarkeit oder gruppenübergreifende Sozialauswahl nicht nur Tatbestände umfaßt, bei denen eine Weiterbeschäftigung nur zu schlechteren Arbeitsbedingungen möglich ist. Sie betrifft vielmehr alle Fallgestaltungen, bei denen eine anderweitige Beschäftigung nur aufgrund einer Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen und damit nur durch Vertrag oder Änderungskündigung in Betracht kommt. In allen diesen Fällen ist der bisherige Arbeitsplatz, der nur durch die Kündigung eines anderen Arbeitnehmers freizumachen ist, nicht mehr vergleichbar im Sinne einer Austauschbarkeit nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen (horizontale Vergleichbarkeit), wie auch das Berufungsgericht richtig gesehen hat. Hierauf hat der Senat bereits in dem Urteil vom 27. September 1984 (aaO, zu B II 2 der Gründe), hinsichtlich der Frage einer Pflicht des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen f r e i e n Arbeitsplatz hingewiesen.

b) Wie bereits ausgeführt (vorstehend IV 2 a), hat sich der Senat in dem Urteil vom 19. April 1979 (aaO) für seine Auffassung, der Arbeitgeber müsse im Rahmen der sozialen Auswahl jedenfalls nicht von sich aus an den Arbeitnehmer wegen einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen herantreten, auf seine bisherige Rechtsprechung berufen, nach der eine solche Verpflichtung selbst dann nicht bestand, wenn eine solche Weiterbeschäftigung auf einem anderen f r e i e n Arbeitsplatz möglich war. Diese Rechtsprechung hat der Senat allerdings in dem Urteil vom 27. September 1984 (aaO) aufgegeben. Danach muß der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nunmehr auch vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine beiden Parteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem f r e i e n Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen anbieten. Andernfalls ist die Beendigungskündigung grundsätzlich nicht betriebsbedingt im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wenn der Arbeitnehmer einen vor der Kündigung unterbreiteten entsprechenden Vorschlag zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte. Eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers kann jedoch aus den nachfolgenden Gründen für den Bereich der sozialen Auswahl nicht angenommen werden.

c) Der Senat hat seine neue Rechtsprechung zur Versetzung auf einen anderen freien Arbeitsplatz in dem Urteil vom 27. September 1984 (aaO) auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (ultima- ratio-Prinzip) gestützt, der für den Bereich der betriebsbedingten Kündigung durch das in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG enthaltene Merkmal der "Dringlichkeit" der betrieblichen Erfordernisse konkretisiert wird: Die (Beendigungs-)Kündigung muß wegen der betrieblichen Lage "unvermeidbar" sein (aaO, zu B II der Gründe). Es erschien dem Senat deswegen nicht mehr vertretbar, für die schon daraus herzuleitende grundsätzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auch zu geänderten Arbeitsbedingungen die "Initiativlast" - anders als bei der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund - (Senatsurteil BAG 30, 309 = AP Nr. 70 zu § 626 BGB) dem Arbeitnehmer aufzuerlegen.

d) Im Rahmen der sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sind jedoch weitere Umstände als bei dem Vergleich zwischen der außerordentlichen und der ordentlichen Kündigung zu berücksichtigen, die es gebieten, dem Arbeitgeber insoweit jedenfalls nicht die "Initiativlast" für eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Bedingungen aufzuerlegen. Es muß vielmehr insoweit bei der bisherigen Rechtsprechung des Senats verbleiben.

aa) Nach der Systematik des KSchG vollzieht sich bei der betriebsbedingten Kündigung die Prüfung der Sozialwidrigkeit in zwei Abschnitten. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG muß durch ein dringendes betriebliches Erfordernis das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers entfallen sein. Hiervon hängt es ab, ob eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein kann. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der im KSchG durch das Merkmal der "Dringlichkeit" konkretisiert wird, trifft dies, wie ausgeführt, im Grundsatz auch dann nicht zu, wenn für den Arbeitnehmer eine für beide Vertragsparteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen besteht. Auch bei dieser Konstellation sind allein die in der Sphäre des Arbeitgebers liegenden Umstände für den Wegfall der (bisherigen) Beschäftigungsmöglichkeit ursächlich, durch die lediglich das Verhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien berührt wird. Ist der Arbeitnehmer mit der neuen Beschäftigung einverstanden, kommt es zu keiner Kündigung.

bb) Die nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu prüfende soziale Auswahl hat demgegenüber funktional die Aufgabe einer personellen Konkretisierung der dringenden betrieblichen Erfordernisse. Auf dieser Ebene ist somit nur noch zu prüfen, welchem Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeber das ihm aus betrieblichen Gründen zustehende Kündigungsrecht ausüben darf. Diese Entscheidung ist grundsätzlich nach sozialen Gesichtspunkten zu treffen. Ausnahmen hiervon aus Umständen in der betrieblichen Sphäre läßt das Gesetz nur im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG zu, wenn aus betriebstechnischen, wirtschaftlichen oder sonstigen berechtigten betrieblichen Bedürfnissen die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer bestimmter Arbeitnehmer erforderlich ist (vgl. Senatsurteil BAG 42, 151 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B V der Gründe). Die Auswahlentscheidung berührt somit auch und insbesondere das Verhältnis der Arbeitnehmer untereinander.

Das wirkt sich noch stärker aus, wenn mit der herrschenden Lehre von der Pflicht des Arbeitgebers ausgegangen wird, bei entsprechender Bereitschaft des Arbeitnehmers, der wegen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit in seinem bisherigen Bereich nach sozialen Gesichtspunkten entlassen werden müßte, einem zu anderen Bedingungen beschäftigten Arbeitnehmer zu kündigen. Dann liegt für diesen Arbeitnehmer unmittelbar kein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor. Er wird vielmehr erst durch die Möglichkeit geschaffen, seinen Arbeitsplatz für den unmittelbar von den betrieblichen Umständen betroffenen Arbeitnehmer freizumachen (so zutreffend Berkowsky, aaO, Rz 193; Rost, aaO, 1402).

Daraus ergeben sich für den Arbeitgeber zusätzliche Schwierigkeiten, auch wenn der Arbeitnehmer mit der in Fällen dieser Art immer erforderlichen Vertragsänderung einverstanden ist, weil er dann dem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz freigemacht werden soll, kündigen und unter Umständen mit diesem einen Kündigungsschutzprozeß führen muß. Bejaht man die Möglichkeit, daß der ursprünglich zur Kündigung anstehende Arbeitnehmer die angebotene Vertragsänderung unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG annehmen kann (so Rost, aaO; a. M. Hillebrecht, aaO, S. 119), so kann sich der Arbeitgeber zur Durchführung zweier Prozesse genötigt sehen. Nimmt der unmittelbar betroffene Arbeitnehmer eine höherrangige Stelle in der Betriebshierarchie ein, so könnte es zudem zu einem "Veränderungswettbewerb nach unten" (Herschel/Löwisch, aaO, § 1 Rz 220) und einer Mehrzahl von Kündigungsprozessen kommen. Denn konsequenterweise muß dann auch dem weiter betroffenen Arbeitnehmer das Recht eingeräumt werden, vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung auf einem geringerwertigen, von einem sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer besetzten Arbeitsplatz zu fordern.

4. Bei Berücksichtigung dieser Schwierigkeiten, die generell gegen die Einbeziehung an sich "vertikal" nicht vergleichbarer Arbeitnehmer in die soziale Auswahl sprechen, ist die Beklagte jedenfalls deswegen nicht verpflichtet gewesen, die im Fallwerk beschäftigten Arbeiter in die soziale Auswahl einzubeziehen, weil sich der Kläger weder vor noch unmittelbar nach der Kündigung hierzu bereiterklärt hat.

Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang zutreffend davon ausgegangen, für den Einsatz des Klägers im Fallwerk sei eine Änderung des Arbeitsvertrages mit der Beklagten erforderlich gewesen. Da der Kläger jahrelang ausschließlich in Tagschicht arbeitete, ist davon auszugehen, daß sich seine Vertragspflicht hinsichtlich der Arbeitszeit auf eine Tätigkeit in Tagschicht konkretisiert hat und der im Fallwerk allein mögliche Einsatz ausschließlich in Nachtschicht nicht mehr dem Direktionsrecht der Beklagten unterlag. Hierfür spricht weiter, daß der Kläger selbst früher eine Aushilfs- oder Vertretungstätigkeit im Fallwerk abgelehnt hatte. Dies steht für das Revisionsgericht bindend fest, weil das Berufungsgericht festgestellt hat, der Kläger habe der dahingehenden Behauptung der Beklagten nicht widersprochen (§§ 314, 561 Abs. 1 ZPO).

Die Revision rügt ohne Erfolg, es fehlten Anhaltspunkte für die Annahme des Berufungsgerichts, die Arbeit in Tagschicht sei Inhalt des Arbeitsvertrages geworden. Sie übersieht, daß der Kläger Tatsachen für die Berechtigung der Beklagten hätte vortragen müssen, ihn trotz der bisherigen Abwicklung des Vertrages aufgrund ihres Direktionsrechts jederzeit zur Nachtschicht im Fallwerk einzuteilen, weil er insoweit nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG die Darlegungs- und Beweislast trägt.

Der Kläger hat sich ferner unstreitig zu einer Beschäftigung im Fallwerk weder vor noch unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung, sondern erstmals im Schriftsatz vom 25. Februar 1983 bereiterklärt.

V. Die Kosten der erfolglos gebliebenen Revision hat der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Soweit er die Revision zum Weiterbeschäftigungsantrag zurückgenommen hat, waren ihm die Kosten nach §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO aufzuerlegen.

Hillebrecht Dr. Röhsler Triebfürst

Wellhausen Ramdohr

 

Fundstellen

Haufe-Index 438262

BB 1986, 805-807 (LT1)

DB 1986, 436-438 (LT1)

NJW 1986, 2336

NJW 1986, 2336-2338 (LT1)

BehindR 1987, 17-19 (ST1-3)

NZA 1986, 260-262 (LT1)

RdA 1986, 63

RzK, I 5c Nr 8 (LT1)

SAE 1988, 145-149 (LT1)

AP § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl (LT1), Nr 9

AR-Blattei, ES 1020 Nr 261 (LT1)

AR-Blattei, Kündigungsschutz Entsch 261 (LT1)

ArbuR 1986, 124-126 (LT1)

EzA § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, Nr 20 (LT1)

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