Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Wagenmeisters WTS bei der Bahn

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Beschluss vom 03.01.2002; Aktenzeichen 14 TaBV 1840/01)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 3. Januar 2002 – 14 TaBV 1840/01 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1.) begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2., des für ihren Betrieb gewählten Betriebsrats, zur Eingruppierung des Arbeitnehmers T G in die tarifliche Entgeltgruppe E 8 des Konzern ETV.

Im Unternehmen der Arbeitgeberin finden – unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers – die bei der DB AG geltenden Tarifverträge kraft einzelvertraglicher Einbeziehung Anwendung.

Der Entgelttarifvertrag wurde zum 1. Juni 1999 durch den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (Konzern ETV) ersetzt. Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale entsprechen wortgleich den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen des Vorgängerentgelttarifvertrags, die Richtbeispiele sind jedoch entfallen.

Am 18. März 1999 gaben die Tarifvertragsparteien zum Inkrafttreten des neuen ETV eine einvernehmliche Erklärung ab. Dort heißt es unter anderem:

„Da im KonzernETV keine Richtbeispiele vereinbart sind …”

Im Weiteren vereinbarten die Tarifvertragsparteien Besitzstandsregelungen.

Seit dem 1. August 2002 gilt ein neuer Konzern ETV mit Regelungen, die dem Konzern ETV, gültig ab 1. Juni 1999, im Wesentlichen entsprechen.

Die Arbeitgeberin beantragte mit Schreiben vom 7. Dezember 2000 die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung und Eingruppierung des bisher als Wagenmeister im Hammerdienst (einfacher Wagenmeister) mit Vergütung nach Entgeltgruppe E 8 des ETV tätigen Arbeitnehmers T G auf den Arbeitsplatz eines Wagenmeisters WTS MWS/WTS IW (WTS = wagentechnischer Service; MWS = mobiler wagentechnischer Service; IW = Instandhaltung Werke) am Bahnhof B mit Arbeitsort A mit Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 entsprechend der niederlassungsinternen Ausschreibung.

Den am 18. Dezember 2000 bei dem Betriebsrat eingegangenen Antrag lehnte dieser mit Schreiben vom 21. Dezember 2000 ab. Mit Schreiben vom 11. Januar 2001 teilte der Betriebsrat mit, dass er die Zustimmung zur Versetzung nunmehr erteile, aber erneut die Zustimmung zur Eingruppierung unter Hinweis auf § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG und auf die seiner Ansicht nach zutreffende Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 9 verweigere. Mit dem am 22. Februar 2001 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats begehrt.

Der Wagenmeister im Hammerdienst (= Wagenmeister TWB technische Wagenbehandlung) untersucht im Rahmen von allgemeinen Anweisungen Wagen und Ladungen auf Betriebssicherheit und Verkehrstauglichkeit. Er behebt selbständig Kleinschäden der Kategorie 1. Sofern er einen entsprechenden Auftrag seines Vorgesetzten erhält, behebt er auch Kleinschäden der Kategorie 2, nicht jedoch komplizierte Schäden der Kategorien 3 und 4. Voraussetzung für den Einsatz als Wagenmeister im Hammerdienst ist eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, z.B. als Schlosser, einer mindestens zwölfmonatigen Tätigkeit in der Güterwageninstandhaltung und eine betriebsinterne Ausbildung zum Wagenmeister im Umfang von 132 Arbeitstagen. Die Wagenmeisterausbildung kann zusätzlich durch zwei kürzere Fortbildungen in den Lehrgängen Z 6 (Wagenmeister für Militärverkehr) und Z 7 (Funktionsfortbildung) ergänzt werden.

Demgegenüber ist der Wagenmeister WTS im mobilen wagentechnischen Service (MWS) mit ca. 30 % seiner Arbeitszeit tätig. Er fährt gemeinsam mit einem Schlosser nach einem entsprechenden Auftrag des Dispatchers zum beschädigten Wagen und behebt Kleinschäden bis zur Kategorie 4, die mit der relativ einfachen Werkzeugausstattung des MWS-Teams behoben werden können, an Ort und Stelle. Zu ca. 40 % seiner Arbeitszeit erstellt der Wagenmeister WTS (IW) einen genauen Reparaturauftrag für die Servicestelle bzw. das Werk. Dabei wird der genaue Instandhaltungsumfang festgelegt und der Auftrag in die entsprechenden EDV-Systeme eingegeben. Nach der Instandhaltung nimmt er den reparierten Wagen ab, prüft, ob der Schaden auch auftragsgemäß behoben worden ist und gibt die Kostenverrechnung „Rechnung” frei. Zu weiteren ca. 30 % seiner Tätigkeit verrichtet der Wagenmeister WTS die Tätigkeiten eines „einfachen” Wagenmeisters im Hammerdienst, um die mit den WTS-Tätigkeiten verzahnten sonstigen Tätigkeiten aus wirtschaftlichen Gründen gleich mit zu erledigen.

Bis zum Inkrafttreten des Konzern ETV am 1. Juni 1999 hat die Arbeitgeberin die Wagenmeister im Hammerdienst in die Entgeltgruppe E 8 und die Wagenmeister MWS in die Entgeltgruppe E 9 des ETV eingruppiert. Sie orientierte sich dabei an dem Richtbeispiel „Werkmeister” zu Entgeltgruppe E 8.

Die Arbeitgeberin hat ausgeführt, dass sich die Eingruppierung allein nach den Tätigkeitsmerkmalen der einzelnen Entgeltgruppen des Konzern ETV richte, nachdem die Richtbeispiele in Fortfall gekommen seien. In der Entgeltgruppe E 9 seien Tätigkeiten angesprochen, die ua. zu ihrer Ausführung eine abgeschlossene Ausbildung an einer Fachhochschule erforderten. Erst wenn diese Anforderung bei der ausgeübten Tätigkeit erfüllt sei, könne geprüft werden, ob der Fachhochschulabschluss durch Kenntnisse und Fähigkeiten ersetzt werden könne, die der betreffende Arbeitnehmer im Wege einer betrieblichen Ausbildung oder durch langjährige Berufserfahrung in einer einschlägigen Vortätigkeit erworben habe. Die Tätigkeit als Wagenmeister WTS erfordere keine Fachhochschulausbildung, der Arbeitnehmer G habe unstreitig keine Fachhochschule absolviert. Es handele sich lediglich um eine Facharbeitertätigkeit mit besonderer Qualifikation. Die Tätigkeitsmerkmale des Konzern ETV rechtfertigten die Eingruppierung eines einfachen Wagenmeisters nur noch in die Entgeltgruppe E 7, die höherwertigen technischen Aufgaben des Wagenmeisters WTS MWS/WTS IW die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8. Die Tätigkeit eines Wagenmeisters setze erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet der Technik der Wagen und der technischen Wagenbehandlung im Betrieb voraus. Für die Übernahme der Tätigkeit eines „Wagenmeisters Güterwagen” sei eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Ausbildungsberuf mit mindestens einer zweieinhalbjährigen Ausbildungsdauer (z.B. Industriemechaniker, Schlosser) sowie eine erfolgreiche betriebliche Fortbildung zum Wagenmeister erforderlich. Diese Tätigkeit sei aber nicht durch höherwertige technische Aufgaben geprägt. Denn die Arbeitsaufgaben eines Wagenmeisters seien durch die innerbetrieblichen Vorschriften begrenzt. Die Wagenmeister würden fachlich z.B. von den Qualitätsprüfern und Dispatchern geführt und kontrolliert. Dies rechtfertige lediglich die Eingruppierung der Wagenmeister in die Entgeltgruppe E 7 Konzern ETV.

Schließlich sei auch kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz erkennbar. Die Stichtagsregelung durch Inkrafttreten des Konzern ETV führe eben dazu, dass die vor dem 1. Juni 1999 in E 9 eingruppierten Wagenmeister WTS weiterhin auf Grund der Besitzstandsregelung nach dieser Vergütungsgruppe vergütet würden, Arbeitnehmer jedoch, die erst nach dem Stichtag mit Aufgaben eines Wagenmeisters WTS betraut worden seien, nach der Entgeltgruppe E 8 Konzern ETV.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die vom Beteiligten zu 2. verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers T G in die Entgeltgruppe E 8 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat die Zurückweisung des Antrags beantragt. Er ist zwar der Ansicht, dass sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers T G ausschließlich nach dem seit dem 1. Juni 1999 geltenden Konzern ETV richte, der nunmehr keine Richtbeispiele mehr enthalte. Da weder der Wagenmeister noch der Wagenmeister WTS/MWS unter eines der Richtbeispiele gefallen sei, seien beide Tarifvertragsparteien in langjähriger Praxis davon ausgegangen, dass die jeweiligen Tätigkeitsmerkmale der Oberbegriffe der beiden Vergütungsgruppen jeweils zu bejahen gewesen seien. Ausgangspunkt sei im Übrigen die Entgeltgruppe E 6, während die Entgeltgruppe E 7 über die erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung von mindestens zweieinhalb Jahren in einem anerkannten Ausbildungsberuf hinaus erweiterte Fachkenntnisse und Fertigkeiten voraussetze. Erweiterung sei eine quantitative und keine qualitative Bezeichnung, woraus zu schließen sei, dass die zusätzlichen Fachkenntnisse und Fertigkeiten solche seien, die grundsätzlich in dem Tätigkeitsgebiet des anerkannten Ausbildungsberufs liegen sollten. Hiervon setzten sich die Merkmale der Entgeltgruppe E 8 ab. Die dort geforderte berufliche Spezialausbildung unterscheide sich qualitativ von den erweiterten Fachkenntnissen und Fertigkeiten der Entgeltgruppe E 7. Die Tätigkeit des Wagenmeisters erschöpfe sich nicht in der Reparatur von Kleinschäden. Er sei verantwortlich für die Sicherheit des Güterverkehrs und habe zu entscheiden, ob ein Wagen lauffähig sei oder nicht. Er müsse zur Ausübung seiner Tätigkeiten alle Güterwagentypen hinsichtlich ihrer unterschiedlichen technischen Merkmale kennen, einschließlich der Ladungsmöglichkeiten und spezieller Kenntnisse des Ladeguts. Daher handle es sich um höherwertige technische Aufgaben, deren Erfüllung ohne die entsprechende Ausbildung keinesfalls möglich wäre, so dass der Wagenmeister im Hammerdienst in die Entgeltgruppe E 8 einzugruppieren sei. Da zwischen den Beteiligten unstreitig sei, dass der Wagenmeister WTS in eine Vergütungsgruppe über dem Wagenmeister einzugruppieren sei, komme nur die Entgeltgruppe E 9 in Betracht. Die Tätigkeiten des Wagenmeisters WTS erforderten eine über die betriebliche Ausbildung zum Wagenmeister hinausgehende betriebliche Ausbildung, die durch die Verwendungsfortbildungslehrgänge erfolge. Dadurch werde die zunächst geforderte Ausbildung an einer Fachhochschule ersetzt.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers G in die Entgeltgruppe E 8 ersetzt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat dessen Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers G in die Entgeltgruppe E 8 des Konzern ETV zu Recht ersetzt.

1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, früher angewandte Richtbeispiele könnten bei der Eingruppierung nach dem neuen Konzern ETV keine Berücksichtigung mehr finden. Die Tätigkeit des Wagenmeisters WTS sei durch höherwertige technische Aufgaben geprägt. Ob sich seine Tätigkeit von der Entgeltgruppe E 8 abhebe (zweites Tarifmerkmal), könne offen bleiben, da eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 9 nur in Betracht komme, wenn es sich um eine Tätigkeit mit Fachhochschulzuschnitt handele. Davon sei bei der Tätigkeit des Wagenmeisters WTS nicht auszugehen. Dass ein Wagenmeister WTS eine höhere Verantwortung als der Wagenmeister im Hammerdienst habe, rechtfertige keine Höhergruppierung.

2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

a) Die Beschwerde der Arbeitgeberin an das Landesarbeitsgericht war zulässig.

aa) Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Beschwerdegegner in der Beschwerdeschrift nicht korrekt bezeichnet war. Aus einer Rechtsmittelschrift muss sich ergeben, gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird, wobei es ausreicht, dass sich innerhalb der Rechtsmittelfrist die Person des Rechtsmittelgegners aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ergibt. Ungenauigkeiten und Unrichtigkeiten in der Bezeichnung der Verfahrenssubjekte schaden nicht, wenn trotz dieser Mängel unzweideutig ersichtlich ist, gegen wen sich das Rechtsmittel richtet (BAG 10. April 1986 – 2 AZR 409/85 –; 28. Juni 1973 – 3 AZR 469/72 – AP ZPO § 518 Nr. 21 = EzA ZPO § 518 Nr. 6, zu II 1 a der Gründe; 16. Februar 1981 – 3 AZB 21/80 – AP ZPO § 518 Nr. 44 = EzA ZPO § 518 Nr. 27, zu II 1 der Gründe sowie BGH 25. September 1975 – VII ZB 9/75BGHZ 65, 114, 115 f.). So liegt der Fall hier. Den genannten Erfordernissen hat die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift Genüge getan. Bei dem Beschwerdegegner handelte es sich zwar in Wahrheit um den Betriebsrat mit der Bezeichnung „C.I.1”, so dass die Bezeichnung C.1.4 in der Beschwerdeschrift unzutreffend war. Diese falsche Bezeichnung ist aber ohne Bedeutung, da der Betriebsrat im Weiteren mit seiner (damals) zutreffenden Bezeichnung „Betriebsrat der Niederlassung B” und unter genauer Angabe der Betriebsratsvorsitzenden bezeichnet war. Damit war unzweideutig ersichtlich, gegen wen sich die Beschwerde richtete.

bb) Die Beschwerdefrist ist eingehalten. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist erstmals mit der richtigen Rechtsmittelbelehrung am 21. August 2001 zugestellt worden. Die Beschwerde ist am 13. August und erneut am 20. September 2001 und damit binnen Monatsfrist rechtzeitig eingelegt worden.

b) Die Beschwerde der Antragstellerin war begründet. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die von dem Arbeitnehmer G ausgeübte Tätigkeit den Merkmalen der Entgeltgruppe E 8 und nicht der Entgeltgruppe E 9 des Konzern ETV entspricht. Es hat deshalb die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 zutreffend ersetzt.

aa) Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht bereits nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.

Der Betriebsrat hat die Zustimmung formgerecht verweigert. Er hat sich schriftlich darauf gestützt, dass die vorgenommene Eingruppierung gegen den Konzern ETV verstieße, weil nicht die Entgeltgruppe E 8, sondern die Entgeltgruppe E 9 zutreffend sei. Das ist ausreichend, denn die Zustimmungsverweigerung lässt es als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird (BAG 26. Januar 1988 – 1 AZR 531/86BAGE 57, 242 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 50 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 58). Dabei ist es unschädlich, dass der Betriebsrat selbst in dem Zustimmungsverweigerungsschreiben den Zustimmungsverweigerungsgrund unter § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG subsumiert hat, während es in Wahrheit um einen Tarifverstoß nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG geht. Der Betriebsrat hat die maßgeblichen Tatsachen genannt, das reicht aus. Da der Antrag der Arbeitgeberin am 18. Dezember 2000 beim Betriebsrat eingegangen ist, hat der Betriebsrat mit der am 21. Dezember 2000 erklärten Zustimmungsverweigerung die nach § 99 Abs. 3 BetrVG einzuhaltende Wochenfrist gewahrt.

bb) Der Zustimmungsersetzungsantrag ist begründet, weil die vom Arbeitgeber beabsichtigte Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 nicht gegen den Konzern ETV verstößt (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).

(1) Eingruppierung ist die Einordnung einzelner Arbeitnehmer in ein kollektives Entgeltschema. Bei diesem Vorgang ist zu klären, welchen Merkmalen der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die jeweilige Tätigkeit entspricht. Das verlangt die Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter eine vorgegebene Ordnung (BAG 27. Juli 1993 – 1 ABR 11/93BAGE 74, 10 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 110 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 116, zu B II 1 der Gründe). Dieser Vorgang erfolgt im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander. Eine Eingruppierung stellt keine Rechtsgestaltung dar, sondern einen gedanklichen Vorgang. Sie ist ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses, dass die vom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeiten den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entsprechen und daher der Arbeitnehmer in dieser Gruppe einzuordnen ist. An diesem Akt der Rechtsanwendung ist der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt. Bei seinem Mitbestimmungsrecht handelt es sich um ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (st. Rspr. des BAG 27. Juni 2000 – 1 ABR 29/99 – ZTR 2001, 188; 20. Dezember 1988 – 1 ABR 68/87BAGE 60, 330 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 62 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 70; 20. März 1990 – 1 ABR 20/89BAGE 64, 254 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 79 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 87).

(2) Als kollektives Entgeltschema findet in den Betrieben der Antragstellerin unstreitig der Konzern ETV Anwendung, unabhängig von der Tarifbindung der betroffenen Arbeitnehmer. Nach § 2 Abs. 1 des Konzern ETV erhält der Arbeitnehmer ein Monatstabellenentgelt, das nach Entgeltgruppen (Anlage 2 zum ETV) bemessen wird. Nach § 3 Abs. 1 des Konzern ETV (der § 5 des ab 1. August 2002 gültigen Konzern ETV entspricht) richtet sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers in einer Entgeltgruppe nach der von ihm ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach seiner Berufsbezeichnung. Werden dem Arbeitnehmer Tätigkeiten übertragen, die verschiedenen Entgeltgruppen zuzuordnen sind, so gilt nach Abs. 2 des § 3 (§ 5) Konzern ETV diejenige Entgeltgruppe, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht.

Nach der Anlage 2 zum Konzern ETV, Entgeltgruppenverzeichnis der DB AG, sind für die Eingruppierung ua. folgende Bestimmungen maßgebend:

„Entgeltgruppe E 9

Tätigkeiten,

die

  • durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägt sind,
  • sich in ihrem Arbeitsinhalt von E 8 abheben und
  • die zu ihrer Ausführung eine abgeschlossene Ausbildung an einer Fachhochschule erfordern.

Die ‚Ausbildung an einer Fachhochschule’ kann durch

Kenntnisse und Fertigkeiten,

  • die im Wege einer betrieblichen Ausbildung oder
  • durch langjährige Berufserfahrung in einer einschlägigen Vortätigkeit erworben wurden, ersetzt werden.

Entgeltgruppe E 8

Tätigkeiten,

die

  • durch höherwertige kaufmännische oder technische Aufgaben geprägt sind und
  • zu ihrer Ausführung – eine berufliche Spezialausbildung oder
  • eine entsprechende betriebliche Ausbildung erfordern oder die sich gegenüber E 7 durch gesteigerten Arbeitsinhalt abheben.”

(3) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht nicht auf Richtbeispiele abgestellt. Es kann dabei dahinstehen, ob der Wagenmeister im Hammerdienst zutreffend auf Grund des Richtbeispiels „Werkmeister” des Vorgänger ETV eingruppiert war oder auf Grund individueller übertariflicher Eingruppierungsakte. Die Richtbeispiele des Vorgänger ETV, die in dem Konzern ETV nicht mehr enthalten sind, können nämlich nicht mehr herangezogen werden.

Der Konzern ETV hat den ETV abgelöst. Nach dem ETV der DB AG galten Richtbeispiele. Anlage 1 zum ETV Entgeltgruppenverzeichnis der DB AG Vorbemerkungen lautete auszugsweise:

II. Tätigkeitsmerkmale/Richtbeispiele

Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine Entgeltgruppe richtet sich grundsätzlich nach dem Oberbegriff der maßgebenden Entgeltgruppe. Die Richtbeispiele sind ergänzend und beispielhaft zugeordnet; sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und legen lediglich die Mindesteingruppierung fest. Das heißt, dass bei Erfüllung der höheren Anforderungen für die in den Richtbeispielen aufgeführten Tätigkeiten auch eine höhere Einstufung erfolgt.

Sind allgemein gefassten Tätigkeitsmerkmalen in einer bestimmten Vergütungsgruppe konkrete Beispiele beigefügt, sind die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit ausübt. Durch konkrete Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien grundsätzlich fest, dass diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Vergütungsgruppe entsprechen (vgl. BAG 15. November 2001 – 8 AZR 17/01 –; 8. Februar 1984 – 4 AZR 158/83 – BAGE 45, 121, 125 f. = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 134). Nach den Vorbemerkungen des früheren Entgeltgruppenverzeichnisses gingen von diesen Grundsätzen auch die Tarifvertragsparteien des früheren Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer der DB AG aus.

Der Konzern ETV löste jedoch ab 1. Juni 1999 den ETV der DB AG vollständig ab. Die Tarifvertragsparteien haben nunmehr vereinbart, dass nicht mehr auf die für die Praxis leichter handhabbaren und verständlicheren konkreten Richtbeispiele abzustellen ist, sondern nur noch auf die abstrakt formulierten, von unbestimmten Rechtsbegriffen gekennzeichneten Oberbegriffe. Nach dem Ablösungsprinzip „Zeitkollisionsregel”) findet wegen des gleichen Rangs beider Tarifverträge zueinander auch kein Günstigkeitsvergleich zwischen den bisherigen und den ablösenden Regelungen statt (BAG 20. März 2002 – 10 AZR 501/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 12 = EzA TVG § 4 Gebäudereinigerhandwerk Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 28. Mai 1997 – 4 AZR 545/95 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 27; vgl. auch Wiedemann/Wank TVG 6. Aufl. § 4 Rn. 261). Eine Tarifnorm steht auch stets unter dem Vorbehalt, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen werden zu können. Ein Vertrauensschutz besteht insoweit grundsätzlich nicht (BAG 8. September 1999 – 4 AZR 661/98BAGE 92, 259 = AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 33 = EzA TVG § 1 Rückwirkung Nr. 4).

Die Richtbeispiele können auch nicht auf Grund einer Auslegung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale noch angewandt werden.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 20. März 2002 – 10 AZR 501/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 12 = EzA TVG § 4 Gebäudereinigerhandwerk Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 15. November 2001 – 8 AZR 17/01 –; 5. Oktober 1999 – 4 AZR 578/98 – AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 15 = EzA TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 8).

Der neue Konzern ETV enthält nach seinem klaren Wortlaut keinerlei Richtbeispiele mehr. Auch ist die Vorbemerkung zum Entgeltgruppenverzeichnis des früheren ETV, welche das Verhältnis der Oberbegriffe und der Richtbeispiele betraf, im neuen Entgeltgruppenverzeichnis nicht mehr enthalten. Aus dem Wortlaut ergibt sich keinerlei Hinweis, dass die Tarifvertragsparteien gleichwohl bei den Oberbegriffen die Regelbeispiele fortführen wollten.

Gegen eine Fortgeltung der Richtbeispiele spricht weiter, dass verschiedene Tarifvertragsparteien die beiden Entgelttarifverträge abgeschlossen haben. Während der Vorgängerentgelttarifvertrag auf Arbeitgeberseite nur von der DB AG abgeschlossen worden ist, haben beim neuen ETV auf der Arbeitgeberseite diverse Unternehmen den Tarifvertrag abgeschlossen. Mag es sich dabei auch um Tochterunternehmen der DB AG handeln, kann doch ohne weitere, hier nicht vorliegende Umstände nicht angenommen werden, dass frühere, dh. inzwischen abgelöste Tarifverträge, an deren Zustandekommen die weiteren Unternehmen nicht beteiligt waren, noch Auswirkungen haben sollten.

Zudem ergibt sich aus der einvernehmlichen Erklärung der Tarifvertragsparteien zum Inkrafttreten des Konzern ETV vom 18. März 1999, dass die Tarifvertragsparteien selbst davon ausgingen, die Richtbeispiele sollten keine Anwendung mehr finden. Im Eingangssatz stellen die Tarifvertragsparteien nämlich fest: „1. Da im KonzernETV keine Richtbeispiele vereinbart sind …”.

Außerdem war Gegenstand der Gemeinsamen Erklärung die Schaffung von Besitzstandsregelungen, weil Richtbeispiele gerade nicht mehr gelten. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich eine Fortgeltung der Eingruppierung für die bereits nach dem Vorgänger ETV Eingruppierten vereinbart, wenn sich an der Tätigkeit nichts ändert. Die Besitzstandsregelung der Gemeinsamen Erklärung bezieht sich nach Ziffer 1 auch auf alle Arbeitnehmer. Diese Besitzstandsregelung wäre aber nicht erforderlich gewesen, wenn bereits die Auslegung der Entgeltgruppen ergäbe, dass die alten Richtbeispiele wegen der im Wortlaut unveränderten Oberbegriffe weiter Anwendung finden sollten. Die Besitzstandsregelung besagt somit gerade, dass sich bei einer Veränderung der Tätigkeit oder einer Neueingruppierung wegen Aufnahme einer neuen Tätigkeit die Eingruppierung nach dem neuen Konzern ETV richten soll. Aus der Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien eine Besitzstandsregelung für nötig gehalten haben, um günstigere Entgeltgruppen für bereits eingruppierte Arbeitnehmer fortwirken zu lassen, ergibt sich, dass sie eine Verschlechterung durch den neuen Entgelttarifvertrag für möglich gehalten haben.

(4) Für die Eingruppierung des Arbeitnehmers G können nur die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppen E 8 und E 9 des Konzern ETV herangezogen werden. Dabei kommt es für die tarifgerechte Eingruppierung neuer Wagenmeister nicht darauf an, ob unter Geltung des Vorgänger ETV einfache Wagenmeister in der Entgeltgruppe E 8 und demgemäß der Wagenmeister WTS in die Entgeltgruppe E 9 eingruppiert worden sind, dh. ob die Arbeitgeberin – sollte das Richtbeispiel „Werkmeister” in Wahrheit nicht zugetroffen haben – beim früheren ETV von der Erfüllung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale ausgegangen ist. An eine fehlerhafte Beurteilung der Tätigkeitsmerkmale bleibt die Arbeitgeberin nicht gebunden.

Der Arbeitnehmer G ist überwiegend als Wagenmeister WTS und nur zu 30 % als einfacher Wagenmeister tätig. Deshalb ist im Rahmen der Eingruppierung diese Tätigkeit maßgebend (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Konzern ETV). Es ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, dass die Tätigkeit eines Wagenmeisters WTS durch höherwertige technische Aufgaben iSd. Entgeltgruppe E 8 und E 9 geprägt ist. Damit ist das erste Tätigkeitsmerkmal gegeben. Mit dem Landesarbeitsgericht kann die Frage, ob sich die Tätigkeit vom Arbeitsinhalt der Entgeltgruppe E 8 abhebt (zweites Tätigkeitsmerkmal), offen bleiben, da das dritte Tätigkeitsmerkmal nicht erfüllt ist. Eine Eingruppierung in Entgeltgruppe E 9 kommt nämlich nur bei einer Tätigkeit, die objektiv eine abgeschlossene Ausbildung an einer Fachhochschule erfordert, in Betracht. Einen solchen Zuschnitt weist die Tätigkeit des Wagenmeisters WTS nicht auf.

Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob der einfache Wagenmeister in der Entgeltgruppe E 7 (so die Arbeitgeberin) oder E 8 (so der Betriebsrat) eingruppiert ist, jedenfalls sind die Tätigkeitsmerkmale der geltend gemachten höheren Entgeltgruppe E 9 des neuen Konzern ETV beim Wagenmeister WTS nicht erfüllt. Die höhere Vergütung für den Wagenmeister WTS ergibt sich entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht aus einer feststehenden Eingruppierung des einfachen Wagenmeisters in der Entgeltgruppe E 8 und auf Grund der Tatsache, dass der Wagenmeister WTS zwingend eine Gruppe höher eingruppiert sein muss als der einfache Wagenmeister. Für die Bejahung der Entgeltgruppe E 9 kommt es allein auf die Erfüllung der dort vorgesehenen Tätigkeitsmerkmale und nicht auf ein von Beteiligten ohne Rücksicht auf die Tätigkeitsmerkmale angenommenes gestuftes Entgeltgefüge an. Ob damit unter Umständen attraktive Aufstiegsmöglichkeiten entfallen oder sich zukünftig vielleicht weniger Bewerber finden, ist eine tarifpolitische Frage, die nicht Grundlage der juristischen Beurteilung sein kann.

Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Tätigkeit der Entgeltgruppe E 9 fachhochschulakademischen Zuschnitt haben muss.

Mit der Formulierung: „Tätigkeiten, … die zu ihrer Ausführung eine abgeschlossene Ausbildung an einer Fachhochschule erfordern” wird die Art und Weise der Tätigkeit näher beschrieben. Der Relativsatz lässt erkennen, dass eine Tätigkeit mit fachhochschulakademischem Zuschnitt vorliegen muss, damit eine Eingruppierung in Entgeltgruppe E 9 möglich ist. Trotz der Tatsache, dass der Fachhochschulzuschnitt erst als drittes Kriterium genannt wird, ist der sprachliche Sinn eindeutig. Alle drei Kriterien beschreiben die objektiven Anforderungen an die Tätigkeit, die vorliegen müssen, um eine Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 9 zu rechtfertigen. Es handelt sich dabei um kumulativ geforderte Voraussetzungen, wie durch die mit einem Komma getrennten ersten beiden Kriterien und durch die weitere Verknüpfung mit dem Wort „und” ersichtlich wird. Optisch wird die Aufzählung durch die jeweils voneinander abgesetzte Reihung verdeutlicht.

Von diesem ersten Satz deutlich abgetrennt folgt zwar sodann in Satz 2, dass die „Ausbildung an einer Fachhochschule” durch anderweitig erlangte Kenntnisse und Fähigkeiten „ersetzt” werden kann. Dies bedeutet jedoch entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht, dass der objektive Fachhochschulzuschnitt einer Tätigkeit nicht Voraussetzung für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 9 ist.

Dem Wortsinn nach bezieht sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, dieser Ersatz nämlich nur auf die subjektiv beim Arbeitnehmer geforderte Ausbildung und nicht auf den objektiven Zuschnitt der Tätigkeit. Die Auffassung des Betriebsrats, dass sich die Kompensationsmöglichkeit auch auf den objektiven Zuschnitt bezieht, da die Tätigkeit durch die Art der Ausbildung definiert werde und sodann die Ausbildung durch anderweitig erlangte Kenntnisse und Fähigkeiten ersetzt werden kann, ist schon vom Wortlaut her fern liegend, da bei dieser Annahme das Merkmal der Fachhochschulausbildung überflüssig wäre. Es hätte dann nämlich bei dem dritten Kriterium der Verweis auf die betriebliche Ausbildung oder die langjährige Berufsausbildung ausgereicht. Würde man den objektiven Zuschnitt der Tätigkeit auch mittels des Satzes 2 der Entgeltgruppe E 9 definieren, hätte der in Satz 1 geforderte fachhochschulakademische Zuschnitt keinerlei Bedeutung und wäre zudem durch jede betriebliche Ausbildung, auch eine solche von kürzester Dauer und gleich welchen Inhalts oder durch langjährige Berufserfahrung, wie sie auch schon für Entgeltgruppe E 4 ausreichen würde, zu kompensieren. Es ist aber nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien ein bedeutungsloses Tätigkeitsmerkmal geregelt haben. Außerdem verlangt schon Entgeltgruppe E 6 und darauf aufbauend Entgeltgruppe E 7 eine abgeschlossene Berufsausbildung. Es ist nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien in Entgeltgruppe E 9 eine geringerwertige Ausbildung als in Entgeltgruppe E 6 oder E 7 ausreichen lassen wollten.

Würde man keinen objektiven fachhochschulakademischen Zuschnitt der Tätigkeit in Entgeltgruppe E 9 verlangen, würden sich Entgeltgruppe E 8 und Entgeltgruppe E 9 hinsichtlich der Ausbildung überdies nicht in ihrer Wertigkeit unterscheiden, denn auch für die Entgeltgruppe E 8 ist eine betriebliche Ausbildung ausreichend. Abgrenzungsmerkmal wäre dann allein die jeweilige „Abhebung” von der niedrigeren Vergütungsgruppe, die in ihrer Art und Weise nicht näher konkretisiert ist. Allein durch den fachhochschulakademischen Zuschnitt lässt sich die für die Entgeltgruppe E 9 geforderte tarifliche Wertigkeit der Tätigkeiten näher bestimmen.

Der Verweis auf Entgeltgruppe E 11 geht fehl. Die Entgeltgruppe E 11 lautet auszugsweise:

Tätigkeiten,

die

  • die Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen, die durch abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch langjährige Berufserfahrung in einer Vortätigkeit oder durch berufliche Zusatzqualifikation auf der Basis von Fachhochschulabschlüssen erworben wurden.

Bei verständiger Würdigung dieser gehobenen Fallgruppe ist nämlich anzunehmen, dass ein besonders qualifizierter Zuschnitt der Tätigkeit zwingende Voraussetzung ist. Hier wird nicht ein Weniger als in Entgeltgruppe E 9 gefordert. Das ergibt sich bereits aus der Tatsache der aufeinander aufbauenden Fallgruppen.

Satz 2 der Regelung in Entgeltgruppe E 9 läuft auch nicht leer, wenn man die Regelung nur auf die subjektive Ausbildung bezieht. Soweit der Betriebsrat der Auffassung ist, dass man wissenschaftliche Fähigkeiten und Kenntnisse nie in der Praxis erwerben könnte. Diese Auffassung ist unzutreffend, denn es kommt allein darauf an, wie die kompensatorische betriebliche Ausbildung ausgestaltet ist oder welche Fähigkeiten in der Vortätigkeit erworben wurden. Die Arbeitgeberin verweist insoweit zutreffend auf den Personalsachbearbeiter, der durch langjährige Berufserfahrung Fähigkeiten und Kenntnisse erlangt hat, die denen eines fachhochschulakademisch ausgebildeten Personalreferenten gleichkommen.

Die von den Tarifvertragsparteien gewählte Regelungstechnik ist auch nicht ungewöhnlich. Wenngleich dort sprachlich anders gefasst, entspricht sie inhaltlich den Eingruppierungsregelungen für den so genannten „sonstigen Angestellten” im Bereich des BAT, der ohne entsprechende Ausbildung, aber unter Einsatz gleicher Fähigkeiten eine der Ausbildung entsprechende Tätigkeit ausübt (vgl. z.B. VergGr. IV b im Abschnitt E für Angestellte im Gartenbau, in der Landwirtschaft und im Weinbau des Teils II der Anlage 1 a zum BAT/BL).

Entgegen der Rechtsbeschwerdebegründung liegt in dieser Unterscheidung zwischen objektiven und subjektiven Tätigkeitsmerkmalen kein Widerspruch.

(5) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass für die Tätigkeit eines Wagenmeisters WTS keine Fachhochschulausbildung, beispielsweise zum Dipl.-Ing. FH, nötig ist.

Eine Tätigkeit entspricht dann einem Hochschulstudium in einem wissenschaftlichen Studiengang, wenn die aus der Ausbildung resultierenden Kenntnisse für die Tätigkeit nicht nur nützlich oder erwünscht, sondern zur Ausübung dieser Tätigkeit erforderlich oder notwendig sind, die Tätigkeit also einen akademischen Zuschnitt hat (BAG 12. August 1998 – 10 AZR 483/97 – ZTR 1999, 80; 23. Mai 1979 – 4 AZR 576/77 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 24; 24. Oktober 1984 – 4 AZR 518/82 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 97). Die Tätigkeit entspricht nur dann dem abgeschlossenen Hochschulstudium, wenn die Ausbildung das adäquate, zur Ausübung der konkreten Tätigkeit befähigende Mittel ist (vgl. BAG 28. September 1994 – 4 AZR 619/93 – AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 38 = EzA BGB § 612 Nr. 17). Die Tätigkeit muss die Fähigkeit erfordern, wie ein einschlägig ausgebildeter Akademiker auf dem entsprechenden akademischen Fachgebiet Zusammenhänge zu überschauen und selbständig Ergebnisse zu entwickeln. Diese Voraussetzungen können schon dann erfüllt sein, wenn die Tätigkeit des Angestellten ohne unmittelbaren Bezug zu einer konkreten akademischen Fachdisziplin gleichwohl ein Urteilsvermögen eines ausgebildeten Akademikers, also eine nicht fachspezifische, sondern allgemein akademische Qualifikation erfordert (BAG 17. Dezember 1980 – 4 AZR 852/78 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 38; 2. Dezember 1992 – 4 AZR 126/92 – AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 30; 10. Oktober 1979 – 4 AZR 1029/77 – BAGE 32, 126 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 29; 23. Mai 1979 – 4 AZR 576/77 – aaO mwN; 18. Dezember 1996 – 4 AZR 319/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 221).

Für Fachhochschulen gilt entsprechendes, denn auch für sie gilt nach § 7 Hochschulrahmengesetz (HRG), dass Lehre und Studium den Studenten auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und ihm die dafür erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden dem jeweiligen Studiengang entsprechend so vermitteln sollen, dass er zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit und zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt wird. Fachhochschulen bereiten durch anwendungsbezogene Lehre auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. Dabei vermitteln die Hochschulen eine vertiefte wissenschaftliche Ausbildung, während die Fachhochschulen in ihrem Studienangebot einen engen Bezug zur künftigen Berufspraxis aufweisen (BAG 10. Dezember 1997 – 4 AZR 264/96BAGE 87, 272 = AP BGB § 612 Diskriminierung Nr. 3 = EzA BGB § 612 Nr. 22; 30. November 1988 – 4 AZR 412/88 – ZTR 1989, 110; 21. Oktober 1998 – 4 AZR 574/97 – AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 11).

Das Landesarbeitsgericht ist von diesem Rechtsbegriff des fachhochschulakademischen Zuschnitts ausgegangen. Das Landesarbeitsgericht begründet ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze und unter Würdigung des beiderseitigen diesbezüglichen Beteiligtenvortrages, dass für die Tätigkeit des Arbeitnehmers G eine akademische Ausbildung nicht erforderlich ist und seiner Tätigkeit damit der tariflich geforderte „akademische Zuschnitt” fehlt. Der Wagenmeister müsse zwar ein umfangreiches und spezielles Fachwissen einsetzen, dieses werde aber durch die betriebliche Wagenmeisterausbildung und durch die Fortbildungsveranstaltungen im Betrieb vermittelt. Diese Aus- und Fortbildung sei auf die praktische Durchführung der Tätigkeit zugeschnitten, ein wissenschaftlicher Inhalt sei nicht erkennbar. Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts sind bei dieser Beurteilung nicht erkennbar noch gerügt. Weder die Tätigkeitsbeschreibung noch der Sachvortrag beider Beteiligter lassen den Schluss auf die Erforderlichkeit eines Fachhochschulstudiums zu. Auch der Betriebsrat hat erstinstanzlich ausdrücklich klargestellt, dass eine abgeschlossene Fachhochschulausbildung für die Tätigkeit des Wagenmeisters WTS nicht erforderlich ist.

cc) Die Eingruppierung des Arbeitnehmers G ist letztlich auch nicht auf Grund einer Gleichbehandlung mit anderen Wagenmeistern gerechtfertigt, denn nach der nicht in Abrede gestellten Darlegung der Arbeitgeberin sind diese in Entgeltgruppe E 9 nur wegen der Besitzstandsregelung und nach den Regelungen des Vorgänger ETV eingruppiert, aber nicht wegen einer regelhaften übertariflichen Eingruppierungsentscheidung unter der Geltung des neuen Konzern ETV. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitgeberin unter dem früheren ETV von der Erfüllung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe E 8 beim Wagenmeister im Hammerdienst unzutreffenderweise ausgegangen sein sollte.

 

Unterschriften

Hauck, Dr. Wittek, Laux, Lorenz, Volz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1480160

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