Rz. 25

Die unter dem Geltungsbereich des HRG bereits durch § 57a Abs. 1 Satz 3 HRG vorgesehene Auflockerung der Tarifsperre wird beibehalten. Von den in § 2 Abs. 1 WissZeitVG vorgesehenen Fristen kann für bestimmte Fachrichtungen und Forschungsbereiche durch Tarifvertrag abgewichen werden; außerdem soll die Anzahl der zulässigen Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge festgelegt werden können (§ 1 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG). Damit soll nach der Gesetzesbegründung der in einem Teil der Literatur geäußerten Ansicht Rechnung getragen werden, dass es unverhältnismäßig sei, durch Gesetz auch zukünftige tarifvertragliche Regelungen zu sperren.[1] Der verfassungsrechtlich abgesicherte Zweck der Sonderbefristungsregelungen – nämlich die Qualifizierung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses sowie die Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre – lässt nach Auffassung des Gesetzgebers kein anderes Mittel als den befristeten Arbeitsvertrag zu. Allerdings könne es bezogen auf einzelne Fachrichtungen oder Forschungsbereiche durchaus gerechtfertigt sein, im Einzelfall eine kürzere oder eine längere Befristungshöchstdauer zu statuieren oder die Zahl von Verlängerungen von befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschränken. Insoweit werden den Tarifvertragsparteien Regelungskompetenzen übertragen. Im Wege des tarifvertraglichen Kompromisses gefundene Fristenregelungen erhielten dann aus verfassungsrechtlicher Sicht eine zusätzliche Legitimation.[2]

Inwieweit diese Regelung sich innerhalb der Gesetzgebungskompetenz des Bundes hält, ist zweifelhaft. Löwisch hält die Möglichkeit, Fachrichtungen und Forschungsbereiche zu bestimmen, in denen ein anderes Bedürfnis für Befristungsregelungen besteht als sie in § 2 Abs. 1 vorgesehen sind, für eine genuin hochschulrechtliche Frage, deren Beantwortung außerhalb des Regelungsbereichs von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG liege.[3] Da es bisher aber keine entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen gibt, wirkt sich eine eventuelle Verfassungswidrigkeit praktisch nicht aus. § 30 TVöD und TV-L (Befristete Arbeitsverträge) nehmen Arbeitsverhältnisse, für welche die §§ 57a ff. HRG oder gesetzliche Nachfolgeregelungen unmittelbar oder entsprechend gelten, nämlich ausdrücklich vom Anwendungsbereich aus. Zwar enthält nur § 30 TV-L eine explizite Verweisung auch auf gesetzliche Nachfolgeregelungen des HRG, dem TVöD wird man eine solche im Wege der Auslegung ebenfalls entnehmen können.[4] In einer Niederschrift zu Nr. 8 des § 40 TV-L (Sonderregelungen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen) erklären die Tarifvertragsparteien, dass sie hinsichtlich der nicht auf diese Tarifregelungen gestützten Befristungen im Wissenschaftsbereich eine verantwortungsbewusste Handhabung erwarten.[5]

 

Rz. 26

Nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien, die dem Geltungsbereich eines nach Satz 3 abgeschlossenen Tarifvertrags unterfallen, können nach § 1 Abs. 1 Satz 4 die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen einzelvertraglich vereinbaren. Dabei sollte der jeweilige Tarif uneingeschränkt, d. h. nicht nur teilweise vereinbart werden, da ansonsten die für tarifliche Regelungen geltende Angemessenheitsvermutung nicht gilt.[6]

[1] BT-Drucks. 16/3438 S. 10, zu § 1 Satz 3. Vgl. auch die abweichende Meinung des Verfassungsrichters Kühling zu BVerfG Beschluss v. 24.4.1996, BVerfGE 94, 268, 294 ff.
[2] BT-Drucks. 16/3438 S. 10 zu § 1 Satz 3.
[3] Löwisch, NZA 2007, 479, 483.
[4] So auch Kortstock, ZTR 2007, 2, 7; im Ergebnis auch Löwisch, NZA 2007, 479, 481.
[5] S. Rambach, § 30 TVöD, Rz. 19 ff.
[6] KR/Treber, 12. Aufl. 2019, § 1 WissZeitVG, Rz. 61.

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