
In der TV-L-Tarifrunde fordern die Gewerkschaften 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro. Auch die zweite Verhandlungsrunde am 3.11.2023 ist ohne Ergebnis geblieben. Bürgerinnen und Bürger müssen sich in den kommenden Tagen auf bundesweite Warnstreiks und Protestaktionen der Beschäftigten der Länder einstellen.
In der zweiten Runde der Verhandlungen für Tarifbeschäftigte der Länder konnte kein Ergebnis erzeilt werden. Die Arbeitgeberseite legte kein Angebot vor. Nun rufen die Gewerkschaften zu Warnstreiks auf.
Ankündigung von Warnstreiks
«Die Arbeitgeber haben auch in der zweiten Runde kein Angebot vorgelegt und alle wesentlichen Forderungen und Erwartungen rundweg abgelehnt», sagte Verdi-Chef Frank Werneke im Anschluss an die Gespräche. «Die Arbeitgeber verschließen die Augen vor dem massiven Personalmangel im öffentlichen Dienst der Länder, der Belastungssituation der Beschäftigten und der unzureichenden Bezahlung. Wir werden die Warnstreiks deshalb in der Zeit vor der nächsten Runde massiv ausweiten.»
Einen genauen Zeitpunkt für Streiks nannten die Gewerkschaften nicht. «Die Streik-Taktiken werden jetzt in den Bezirken, in den Ländern diskutiert und auf den Weg gebracht», sagte dbb-Chef Ulrich Silberbach. «Wir werden den Druck auf der Straße jetzt erhöhen müssen, damit die Arbeitgeber eben sehen, wie ernst die Situation der Beschäftigten in den Ländern ist.»
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rief ihre Mitglieder zu Protestaktionen auf. «Die Beschäftigten werden in den nächsten Wochen in den Betrieben und auf der Straße mit Streiks und Aktionen die richtige Antwort auf diesen Konfrontationskurs der TdL geben», sagte Vorsitzende Maike Finnern. Die Inflation sei noch nicht vorbei. Die Beschäftigten hätten aus den vergangenen beiden Jahren einen großen Nachholbedarf beim Gehalt. «Lehrkräfte und Sozialarbeiter an den Schulen sind wegen des Fachkräftemangels am Limit», sagte Finnern.
Positionen in einzelnen Bereichen unvereinbar
Besonders weit auseinander liegen die Tarifparteien laut Verdi bei dem Tarifschutz für studentisch Beschäftigte. «Hier verweigern die Länder die Herstellung von Tarifschutz», sagte Werneke. «Wir sind auch vollkommen auseinander bei der Frage, ob die besondere Situation der Beschäftigten in Stadtstaaten berücksichtigt werden muss. Hier lehnen die Länder eine besondere Regelung für die Beschäftigten deutlich ab.»
Arbeitgeber: Angespannte Finanzlage
Während die Gewerkschaften vehement hinter ihren Forderungen stehen, zweifelt die Gegenseite an der Umsetzung. «Wir hatten sehr intensive, aber angesichts der Rahmenbedingungen sehr schwierige Gespräche», sagte TdL-Verhandlungsführer, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). «Denn in der Tat, wir befinden uns in einer sehr schwierigen haushälterischen Situation.»
Die Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November muss die Weichen für viele Fragen der Länderfinanzen stellen. Er sei aber trotz der Schwierigkeiten und Herausforderungen optimistisch, dass es bis Weihnachten zu einer Einigung kommen könne, so Dressel. «Mein Fazit fällt nicht ganz so negativ aus, wie das des Kollegen Werneke», sagte Dressel.
TV-L-Tarifrunde 2023: Die Forderungen der Gewerkschaften im Überblick
Die Gewerkschaften fordern im Einzelnen:
- eine Einkommenserhöhung um 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro monatlich
- 200 Euro für Nachwuchskräfte (Auszubildende, Studierende und Praktikantinnen/Praktikanten)
- unbefristete Übernahme in Vollzeit von Auszubildenden und Dual Studierenden nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung
- Stadtstaatenzulage in Höhe von 300 Euro für Berlin, Hamburg und Bremen (wegen hoher Lebenshaltungskosten in diesen Städten); für Auszubildende, Studierende und Praktikantinnen/Praktikanten in Höhe von 150 Euro
- dynamische Zulage für Pflegekräfte der ambulanten und stationären Pflege im Vollzug (Justiz- und Maßregelvollzug)
- für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst Übernahme der Verbesserungen wie im Tarifabschluss mit den Kommunen im Jahr 2022 vereinbart (z.B. eine bessere Eingruppierung und eine monatliche Zulage)
- Tarifierung der Arbeitsbedingungen für studentische Hilfskräfte (z. B. Mindestlohn von 16,50 Euro und Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten)
- tarifliche Absicherung der bisher außertariflich gezahlten Zulage für die Beschäftigten im Gesundheitsdienst in den Zentren für Psychiatrie Baden-Württemberg (ZfPen)
- bessere Eingruppierung für Beschäftigte in den technischen Berufen
- Umsetzung der Verhandlungszusage der Arbeitgeber aus dem Jahr 2019 zu Abschnitt 3.7 Teil III der Entgeltordnung der Länder für die Beschäftigten im Straßenbetriebsdienst und Straßenbau der Länder
Die Laufzeit des Tarifvertrages soll 12 Monate betragen.
Forderung wie bei Tarifverhandlungen für Bund und Kommunen
Bereits in die jüngste Tarifrunde für Bund und Kommunen waren die Gewerkschaften mit der Forderung von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr gezogen. Verdi-Vorsitzende Frank Werneke begründete die Übereinstimmung der Forderungen mit dem Ziel «möglichst einheitlicher Bedingungen» im gesamten öffentlichen Dienst. Nach monatelangem Ringen und einer Schlichtung standen als Ergebnis im April unter anderem steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3.000 Euro, ein Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend 5,5 Prozent mehr.
Wie geht es weiter?
Die dritte Verhandlungsrunde findet am 7. bis 9. Dezember 2023 in Potsdam statt. Hier könnte ein Durchbruch erreicht werden.
Wer ist betroffen?
Von den Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) sind etwa 3,5 Millionen Beschäftigte betroffen: Direkt ca. 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte der Bundesländer (außer Hessen), indirekt ca. 1,4 Millionen Beamtinnen und Beamte der entsprechenden Länder und Kommunen sowie rund eine Million Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger.