Wohnungsbau-Misere: GdW fordert Förderkonzept und mehr Geld

Der Bau jeder dritten für 2023 und 2024 geplanten neuen Wohnung steht aus Sicht der Wohnungswirtschaft auf der Kippe. Auch viele Modernisierungsvorhaben würden abgeblasen. Hauptgrund für die Misere ist laut Branchenverband GdW eine mangelhafte staatliche Förderung. Was jetzt zu tun ist.

Die Lage ist kritisch: Knapp ein Drittel (32 Prozent) der für 2023 und 2024 geplanten neuen Wohnungen sind von der Stornierung bedroht, wie aus einer Umfrage des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft unter seinen Mitgliedsunternehmen hervorgeht. Bei den Sozialwohnungen sei die Fertigstellung von rund jeder fünften (21 Prozent) geplanten Wohnung fraglich. Auch bei energetischen Modernisierungen drohten zahlreiche Auftragsstornierungen.

Während die Wohnungswirtschaft mit einem Einbruch der Baufertigstellungszahlen insgesamt auf rund 280.000 Wohnungen für 2022, 242.000 für 2023 und 214.000 im Jahr 2024 rechnet, bleibt Bauministerin Klara Geywitz (SPD) gelassen. 2023 werde noch einmal ein schwieriges Jahr, sagte die Politikerin auf dem Energiegipfel des Handelsblatts in Berlin: "Ab 2024 bin ich sehr optimistisch, dass die Fertigstellungszahlen auch wieder nach oben gehen."

Mehr Wohnungen ab 2024? – die Förderpolitik muss stimmen

Von den ursprünglich für 2023 und 2024 geplanten 61.000 Wohnungen werden die im GdW organisierten Unternehmen aus heutiger Sicht also knapp 20.000 weniger bauen können. Von den geplanten Sozialwohnungen werden demnach statt 20.000 rund 4.200 weniger entstehen.

Jeweils etwa zwei Drittel der Unternehmen nannten als Hauptgrund für die Situation eine "nicht verlässliche" (64 Prozent) und "unzureichende" (62 Prozent) Förderung der Bundesregierung.

"Eine Verkettung von historisch schlechten Baubedingungen und eklatante Fehler der Regierung lassen den bezahlbaren Wohnungsbau aktuell dramatisch einbrechen. Und das angesichts einer zu erwartenden – und notwendigen – hohen Zuwanderung nach Deutschland", sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse am 18. Januar in Berlin. Die Regierung müsse sofort um- und gegensteuern, um ein Drama abzuwenden.

Energetische Modernisierungen: auch Klimaziele in Gefahr

Auch bei den geplanten Modernisierungsvorhaben sieht es laut GdW schlecht aus: Etwa ein Fünftel (19 Prozent) der Maßnahmen werden 2023 und 2024 laut Umfrage nicht umgesetzt werden können. Das betrifft 53.000 Wohnungen, die nicht energetisch gar nicht "auf Stand" gebracht werden.

Von den verbleibenden etwa 219.000 Wohnungen werden die Unternehmen den Angaben zufolge bei jeder fünften Wohnung den Umfang der Modernisierungen deutlich reduzieren: Von den ursprünglich geplanten 200.000 Wohnungen werden 21 Prozent weniger energetisch modernisiert werden können. 43.000 Wohnungen werden also nicht in einen klimagerechten Zustand gebracht werden können.

"Nicht nur die Wohnungsbauziele, sondern auch die Klimaziele werden zunehmend unerreichbar", so Gedaschko weiter. Die Bundesregierung könne und müsse die teils eindeutig staatlich verursachten Fehlentwicklungen dringend mit handfesten Maßnahmen angehen.

Materialkosten und Zinsanstieg: Weitere Bremsen beim Wohnungsbau

Neben einer mangelhaften Förderpolitik der Bundesregierung nannten zudem mehr als drei Viertel (79 Prozent) der Wohnungsunternehmen die gestiegenen Materialkosten und 76 Prozent die gestiegenen Finanzierungszinsen als Ursachen für gefährdete Wohnbauprojekte. Auch fehlende Bau- und Handwerkskapazitäten (42 Prozent), Materialengpässe (38 Prozent) und die hohen Energiekosten (30 Prozent) tragen der GdW-Umfrage zufolge ihren Teil zur Krise bei.

Bei den Modernisierungsvorhaben nannten die Unternehmen die gestiegenen Materialkosten mit 84 Prozent sogar als Hauptgrund für den erwarteten Einbruch, noch vor den gestiegenen Zinsen bei der Finanzierung (57 Prozent) und den fehlenden Bau- und Handwerkskapazitäten (55 Prozent).

GdW: Einbruch beim Wohnungsbau wegen "Förderfiasko"

GdW-Chef Gedaschko warf der Bundesregierung Versagen bei der Förderpolitik vor: Mit einem langfristigen Förderkonzept hätte der Fehlentwicklung entgegengewirkt und der bezahlbare Wohnungsbau gepuscht werden können – "doch leider tut sie seit rund einem Jahr das Gegenteil".

Jüngstes Beispiel seien deutliche Verschärfungen der Förderbedingungen zum Jahresbeginn 2023. So seien etwa beim Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG-Nachhaltigkeitssiegel), das für eine Förderung beim Neubau zusätzlich zum Energieeffizienz-Standard "EH 40" erreicht werden muss, die maximalen CO2-Emissionen "quasi über Nacht um 14 Prozent verschärft" worden, so Gedaschko. "Die erneut unangekündigte Änderung hat zur Folge, dass viele Bauwillige erneut ihre kompletten Planungen über den Haufen werfen und neu erstellen müssen – oder sie geben schlicht auf."

GdW-Maßnahmenpaket für bezahlbaren Wohnungsbau

"Mittelfristig werden bundesweit eher nur 200.000 statt 400.000 Wohnungen pro Jahr entstehen und deutlich weniger als geplant energetisch modernisiert werden können. Das ist Gift für das bezahlbare Wohnen, das Klima und den sozialen Frieden in Deutschland", warnte Gedaschko.

Um die Ziele nicht komplett abschreiben zu müssen, sollte die Regierung sofort das folgende Maßnahmenpaket umsetzen:

  1. Mehrwertsteuersatz im sozialen Wohnungsbau auf sieben Prozent senken
  2. Weitere Verschärfungen im Mietrecht nicht umsetzen, da nicht finanzierbar
  3. Auskömmliche und verlässliche Förderung, längere KfW-Zinskonditionen
  4. Fördergrundsatz: je höher die Förderung, desto länger die vergünstigte Vermietung
  5. Verstärkte Akquise ausländischer Fachkräfte, Automatisierung und Robotisierung
  6. Zielgerichtete Rohstoffstrategie
  7. Zügige Wohngeldauszahlung, intelligenter Klimaschutz im Quartier
  8. Zügige Grundstücksvergabe nach Konzeptqualität
  9. Stringente Digitalisierung der Planungs- und Genehmigungsverfahren
  10. Stopp der Grunderwerbsteuer-Spirale, nachhaltige Bodenpolitik einführen

GdW-Präsentation: "Was ist zu tun angesichts der Stornierungswelle im bezahlbaren und sozialen Wohnungsbau?"

GdW-Umfrage: Methodik

Befragt hat der GdW im Dezember 2022 rund 300 Mitgliedsunternehmen dazu, wie viele Wohnungen insgesamt und mit staatlicher Förderung sie in den Jahren 2023 und 2024 ursprünglich bauen oder modernisieren wollen und wie viele Vorhaben nach aktueller Sachlage wahrscheinlich realisierbar sind.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Wohnungsbau, Wohnungspolitik, Fördermittel, Gdw