"Die Regulierung ist das eigentliche Problem"
Herr Prof. Simons, die Gültigkeit der Mietpreisbremse soll verlängert werden. Was halten Sie davon?
Prof. Harald Simons: Das war zu erwarten, weil eine solche Verstetigung in der Natur eines solchen Eingriffs liegt. Eingriffe wie die Mietpreisbremse führen immer dazu, dass das Problem, das sie eigentlich beheben wollen, zementiert wird. Wenn ein Preis begrenzt wird, bringt dies den Markt nicht ins Gleichgewicht, sondern zementiert die Situation der Knappheit. Diese Knappheit wiederum führt dazu, dass dort, wo es keine Begrenzung gibt, die Preise ansteigen, sodass wir einen immer größeren Unterschied zwischen der Marktmiete und der gedeckelten Miete bekommen.
Würde das nicht für eine flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse sprechen? Sie verringert ja – zumindest in der Theorie – die Differenz zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten.
Im Grundsatz ist das richtig. Wenn aber eine Miete begrenzt wird, führt das immer zu einem Nachfrageüberschuss und zu einem Absaufen der Fluktuationsrate, was zur Folge hat, dass der Nachfrageüberschuss noch größer wird. Selbst eine flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse würde nichts am Grundproblem ändern: In dem Augenblick, in dem Sie am Preis rumfummeln, passen Angebot und Nachfrage nicht mehr zusammen.
Vonovia-Chef Rolf Buch hat vorgeschlagen, die Mietpreisbremse sozial zu staffeln, also günstige Wohnungen stärker und teure Wohnungen schwächer zu regulieren. Ist das ein sinnvoller Vorschlag?
Dieser Vorschlag wäre ein weiterer Schritt in der Regulierungsspirale und zudem in der Umsetzung mit technischen Problemen verbunden. Was ist denn eine günstige Wohnung? Ist sie nur günstig, weil die Qualität schlecht ist? Nein, dieser Vorschlag löst das Problem nicht, sondern verkompliziert alles nur.
Was würde denn das Problem lösen?
Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass die Regulierung das eigentliche Problem darstellt. Um das zu verdeutlichen: Wir wissen seit dem aktuellen Zensus, dass zwischen 2011 und 2022 die Zahl der Haushalte in fast allen "Top 7"-Städten (mit Ausnahme von Berlin) langsamer gestiegen ist als das Wohnungsangebot. Warum findet man dann keine Wohnung? Das kann nur daran liegen, dass manche Wohnungen dem Markt gar nicht zur Verfügung stehen.
Dann wäre die Lösung also, die Mieten komplett freizugeben?
Nein, das wäre auch falsch. Es braucht eine gewisse Mietenregulierung. Wenn der Vermieter jederzeit in laufenden Verträgen mehr Miete verlangen kann, würde dies ein Ausbeutungspotenzial beinhalten. Ein Umzug bedeutet schließlich auch in entspannten Märkten Stress, und die Kinder müssten die Schule wechseln.
Das würde bedeuten, auch bei den Bestandsmieten eine stärkere Erhöhung zuzulassen …
Genau. Deshalb ist eine weitere Senkung der Kappungsgrenze wahrscheinlich noch schädlicher als eine Verlängerung der Mietpreisbremse. Die besonders günstigen Altmieten, die dazu führen, dass Wohnungen auch dann gehalten werden, wenn der Mieter längst nicht mehr darin wohnt, müssen steigen, damit diese Wohnungen auf den Markt kommen. Jemand, der in Köln wohnt, aber in Berlin noch eine Mietwohnung für fünf Euro Miete hat, würde sie dann aufgeben, wenn die Miete merklich steigt.
Werden durch die Mietpreisbremse Instandhaltung und Modernisierung beeinträchtigt?
Wir haben dazu zwar keine Zahlen, weil diese Auswirkungen schwer zu messen sind. Aber die Auswirkungen sind offensichtlich. Früher war es üblich, dass der Vermieter die Wohnung zumindest pinselsaniert und ein neues Klo eingebaut hat, wenn der Mieter nach 15 Jahren ausgezogen ist. Das ergibt heute keinen Sinn mehr. Vermieter überwälzen jetzt die Kosten auf den neuen Mieter und erwarten von ihm, dass er die Wohnung streicht und die Toilette ersetzt. Früher gab es einen Return on Investment, weil der Mieter zwei Euro mehr zahlte für die Sanierung. Jetzt ist das nicht mehr möglich. Dann bröselt es halt irgendwann an allen Ecken und Enden.
Dieses Interview stammt aus Ausgabe 06/24 der "Immobilienwirtschaft".
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