Kommunikation und Marketing

Authentisch und informativ kommunizieren


Corporate Influencing: Authentisch und informativ

Influencer – sind das nicht diese jungen Leute mit teuren Uhren und Champagnerglas in der Hand, die in den sozialen Medien vor dem Hintergrund der Skyline von Dubai posieren? Nicht nur: Erste Wohnungsunternehmen setzen auf Corporate Influencer, um das Image ihres Unternehmens zu verbessern. 

Mal geht es um die Arbeitstagung des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V. (VNW), mal wird die Leistung des Empfangsteams seiner Genossenschaft ins rechte Licht gerückt: Auf der Businessplattform Linkedin äußert sich Mirko Woitschig, Leiter Kommunikation und Marketing bei der Kaifu-Nordland eG (Kaifu), regelmäßig zu Themen rund um die Hamburger Genossenschaft und die Wohnungswirtschaft. 

Damit ist Woitschig das, was auf Neudeutsch Corporate Influencer heißt: eine Person, die in den sozialen Medien über ihr Unternehmen berichtet und damit zu einer positiven Einschätzung dieses Unternehmens beiträgt.

Allerdings steckt das Thema Corporate Influencing in der Wohnungswirtschaft noch in den Kinderschuhen, wie ein Ranking nahelegt, das das Immobilienunternehmen Assetbird in diesem Jahr erstellt hat: Unter den 30 Meinungsführern der Immobilienwirtschaft, die auf Linkedin besonders aktiv sind, finden sich aus der Wohnungswirtschaft im engen Sinn nur zwei Namen, nämlich der scheidende Vonovia-Chef Rolf Buch auf Platz elf und der LEG-Vorstandsvorsitzende Lars von Lackum auf Platz 25. 

Arbeitgebermarke schärfen

Dabei sollten sich Wohnungsunternehmen durchaus mit Corporate Influencing auseinandersetzen, findet Miriam Beul, Gründerin und Inhaberin der Netzwerkagentur für urbane Kommunikation. "Zum einen signalisieren sie damit möglichen Mitarbeitenden, dass sie zeitgemäß kommunizieren", sagt Beul, die Unternehmen bei der Positionierung auf Social Media berät und zudem Lehrbeauftragte für Kommunikation, Vision und Immobilienmarketing an der EBZ Business School in Bochum ist. "Zum anderen", erläutert sie, "lässt sich Linkedin auch als Nachrichtenkanal nutzen, der wie eine Unternehmensenzyklopädie funktioniert: Linkedin ist eine neue Form des digitalen Zuhauses."

Außerdem schaffen Corporate Influencer Vertrauen, wie Tobias Fruh sagt, Pressesprecher der Volkswagen Immobilien GmbH. Diese ist eines von noch wenigen Wohnungsunternehmen, das eine klare Corporate-Influencing-Strategie verfolgt. "Gerade in der Wohnungswirtschaft, in der Vertrauen und Nähe entscheidend sind, wirken Corporate Influencer besonders glaubwürdig", betont Fruh. "Sie zeigen Haltung, Fachwissen und echte Einblicke. Das unterstützt Vertriebsprozesse, fördert die Kundenbindung und schärft die Arbeitgebermarke, weil Unternehmenskultur durch die Mitarbeitenden erlebbar gemacht wird, wenn sich diese auf Social Media zeigen." 

Corporate Influencing für authentischen Einblick 

Zumindest in der Welt der Wohnungsgenossenschaften sei Corporate Influencing bislang noch kein großes Thema, stellt Kaifu-Kommunikationschef Mirko Woitschig fest.

Dass sich seine Genossenschaft "mit einem klaren Konzept und wachsender Resonanz" damit auseinandersetzt, hängt mit dem Change-Prozess zusammen, den die Kaifu vor einigen Jahren angestoßen hat und für den sie 2024 mit dem DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft ausgezeichnet worden ist. "Durch Corporate Influencing", sagt Woitschig, "präsentieren sich unsere Mitarbeitenden auf ihren privaten Profilen selbst. Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber erhalten so einen authentischen Einblick in unsere Arbeitswelt und lernen potenzielle neue Kolleginnen und Kollegen kennen. Das wirkt automatisch positiv auf unser Unternehmen zurück." 

Corporate Influencing Live

Ähnlich sehen das weitere Genossenschaften, die in den sozialen Netzwerken aktiv sind – zum Beispiel um die Wohnungsgenossenschaft Eberswalde 1893 eG. "Wir nutzen Linkedin ganz bewusst nicht nur zur Gewinnung von Fachkräften, sondern auch, um die Transformation der Wohnungswirtschaft aktiv mitzugestalten und Impulse zu setzen", sagt Claudia Riethbaum, Teamleiterin Marketing.

Social Media für den Dialog

Mehrere Ziele verfolgt auch die Bauverein Rheinhausen eG. "Zum einen wollen wir zeigen, wofür wir als Genossenschaft stehen, nämlich für moderne, nachhaltige und soziale Wohnkonzepte", erklärt Maria Salvaguardia, die bei der Duisburger Genossenschaft für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Zum andern sei Linkedin ein wichtiger Bestandteil der Arbeitgeberkommunikation: "Wir wollen potenzielle Mitarbeitende ansprechen und gleichzeitig unseren aktuellen Beschäftigten eine Bühne geben, um ihre Arbeit sichtbar zu machen." Darüber hinaus stärke Social Media den Dialog mit den Mitgliedern und der Öffentlichkeit. 

Ein formell aufgesetztes Corporate-Influencing-Programm gibt es bei der Bauverein Rheinhausen eG zwar derzeit nicht. "Dennoch leben wir den Ansatz des Corporate Influencing bereits in einer organischen Form", sagt Salvaguardia. "Gemeinsam mit engagierten Führungskräften und Mitarbeitenden teilen wir regelmäßig authentische Einblicke in unsere Arbeit, berichten über Projekte und Veranstaltungen und tragen so ganz natürlich dazu bei, die Werte und Themen unserer Genossenschaft sichtbar zu machen." 

Schulungen zum Corporate Influencer

Wie aber findet man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Gesicht des Unternehmens prägen? Vorab: Niemanden kann man zwingen, Corporate Influencer zu werden. Expertin Miriam Beul rät zu einem fachlich begleiteten, transparenten Auswahlprozess. Denn die Auswahl der Corporate Influencer sei eine unternehmerische Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen haben könne. "Es muss nicht die Geschäftsführungsebene sein", betont Beul. "Wenn der Workshop ergibt, dass jemand anderes die Geschichte des Unternehmens genauso überzeugend darstellen kann, so ist das eine gute Entscheidung." 

Eines dürfe man dabei nicht vergessen, macht die Expertin deutlich: Wechselt ein Corporate Influencer seinen Job, so nimmt er auch seine Reichweite mit. Genau diese Erfahrung macht derzeit die Kaifu: Sie hat innerhalb kurzer Zeit drei wichtige Influencer, nämlich die beiden Vorstandsmitglieder und die Prokuristin, verloren. "Jetzt suchen wir adäquaten Ersatz und wollen dabei gezielt Mitarbeitende aus den Fachabteilungen einbeziehen", sagt Mirko Woitschig. 

Festgelegt werden die Themen bei der Kaifu zum Teil von der Kommunikationsabteilung, zum Teil von den Influencern selbst. Dabei biete die Unternehmenskommunikation auf Wunsch Hilfestellung, sagt Woitschig; eine Freigabe der Posts erfolge aber nicht, da es sich um private Profile handle. Expertin Beul empfiehlt, Regeln festzulegen, unter denen die Influencer für das Unternehmen unterwegs sind. "Man muss sie schulen und zum Beispiel bestimmen, was auf Fotos zu sehen sein darf und welche Wörter benutzt werden sollen. Es muss ein gesteuerter Prozess sein." Das bedeute jedoch nicht, dass jeder Post vorab von der Pressestelle kontrolliert werden sollte. 

Individuelle Beratung für Corporate Influencer

Sehr professionell geht die Berliner Howoge Wohnungsbaugesellschaft mbH das Thema Corporate Influencing an. Das landeseigene Wohnungsunternehmen arbeitet in einem Newsroom-Modell. "Dort werden zunächst die strategischen Schwerpunktthemen festgelegt, die auf unserer Unternehmensstrategie basieren", erklärt Annemarie Rosenfeld, stellvertretende Pressesprecherin und Chefin vom Dienst (CvD) des Newsrooms. "Anschließend wird entschieden, über welche Kanäle und Formate diese Themen ausgespielt werden, um die jeweilige Zielgruppe zu erreichen." 

Auch bei der Howoge sind die Inhalte auf den privaten Kanälen weitgehend selbstbestimmt. Dabei gilt laut Rosenfeld, dass keine vertraulichen Informationen oder personenbezogenen Daten veröffentlicht werden dürfen. "Um unsere Mitarbeitenden zu sensibilisieren und zu unterstützen, bieten wir Social-Media-Guidelines, Workshops und individuelle Beratung an", führt die Kommunikationsexpertin aus. "Bei Bedarf unterstützen die Kolleginnen und Kollegen aus dem Newsroom durch Faktenchecks oder redaktionelles Sparring." 

Grundsätzlich stärke Corporate Influencing die Arbeitgebermarke, sagt auch Annemarie Rosenfeld. "Kolleginnen und Kollegen zeigen, wofür die Howoge steht. Die authentische Kommunikation durch Mitarbeitende schafft Vertrauen und Nähe, die klassische Unternehmenskommunikation allein kaum leisten kann." Aus diesem Grund sollte das Instrument in der Wohnungswirtschaft an Bedeutung gewinnen, findet Tobias Fruh von VW Immobilien. "Als Unternehmenskommunikation sollten wir den Mut haben, mehr kommunikative Verantwortung auf die Mitarbeitenden zu übertragen, sie zu fördern und gezielt zu unterstützen", sagt er. "Darin sehe ich große Potenziale und Mehrwerte für die Wohnungswirtschaft."


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Schlagworte zum Thema:  Marketing , Interne Kommunikation , Social Media
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