Projektentwickler: Wohnungsbau statt "Kleingartenirrsinn"

"Die Verdrängungsdiskussion gibt es in allen Metropolen mit wachsender Bevölkerung, etwa auch in München, Köln, Hamburg und Frankfurt am Main", sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde, Stefan Grundei.
Er plädiert für eine "intelligente Nutzung" der Flächen. Einzelne Kleingartenparzellen seien bis zu 700 Quadratmetern groß. Eine Lösung wäre zum Beispiel, die Größe der Parzellen zu reduzieren und somit mehr Gärten auf der gleichen Fläche zu schaffen, meint der Verbandsvertreter, dann könnten Teile der Kleingärten für wichtige Infrastrukturprojekte abgetreten werden.
Experten: Zeiten städtischer Wohnungsnot
Die Präsidentin der Architektenkammer Berlin, Christine Edmaier, hat etwa die an Straßen gelegenen Flächen im Blick. Da brauche man kein neues Bauland zu erschließen. "Wir können nicht das Berliner Wohnungsproblem auf Kleingartenflächen lösen, aber wir können einen Teil der Wohnungen dort bauen", so die Präsidentin. Im Gegenzug könne man Kleingärtnern für den Rest der Fläche langfristige Sicherheiten geben, schlägt Edmaier vor.
Klimaforscher warnt vor Hitzeeffekt
Klimaforscher Jürgen Kropp vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung äußert Bedenken bezüglich der Umnutzung von Schrebergärten. Langfristig könnte zu dichte Wohnbebauung für Probleme sorgen: Schon jetzt sei die Zahl der Hitzetage in Städten doppelt so hoch wie auf dem Land. "Je dichter wir eine Stadt bauen, desto größer ist der Hitzeeffekt."
Im ungünstigsten Fall werde sich die Zahl der Hitzetage bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in den Städten verzehnfachen. Grünflächen seien als Verdunstungsflächen mit Kühleffekt ein wichtiges Mittel, um das Stadtklima zu verbessern. In Zukunft reichen sie laut Kropp aber nicht aus. "Wir brauchen auch vertikale Gärten – also Gärten in Gebäuden."
Auch aus Sicht von Stadtplanern spielen Kleingärten als Grünflächen eine wichtige Rolle in Städten. "Kleingärten werden auch in Zukunft Teil der Städte sein", sagt Stadtplanerin Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik. "Sie gehören zum Grünbereich, der ganz wesentlich dazu beiträgt, dass die Städte lebenswert bleiben."
Sehnsucht nach grünen Oasen
Nicht nur in Berlin, auch in anderen Städten boomt die Sehnsucht nach grünen Oasen. "Das geht durch alle Altersgruppen und alle Schichten", hat die Hamburger Kleingärtnerin, Designerin und Autorin Sylvia Doria beobachtet.
"Aber Kleingärten müssen schon noch einmal einen gewissen kulturellen Wandel erfahren", so Stadtplanerin Pätzold. Dazu zähle auch die Rückführung der teilweisen Großbebauung. Bezahlt werde ein gemeinnütziger Kleingartenzins, unterhalten jedoch eine Art Wochenendhaus, während nur noch "alibimäßig drei Blümchen gezüchtet" würden. In Zukunft werde kritischer beäugt werden, wie die Flächen vergeben und wie die Satzungen gelebt werden. Es werde stärker um die Frage gehen: Bemüht man sich um Öffnung und Artenvielfalt oder begreift man den Garten nur als private Liegewiese?.
Vorzeige-Kleingarten "Am Kienberg" in Berlin-Marzahn
Die Kleingartenanlage "Am Kienberg" in Berlin-Marzahn, die vor Kurzem einen ersten Preis im Bundeswettbewerb "Gärten im Städtebau" gewonnen hat, praktiziert das, was Kleingartenanlagen nach Ansicht von Experten in Zukunft brauchen, um in Ballungszentren weiter bestehen zu können: ein Miteinander mit der Nachbarschaft.
"Hier wächst unser Naschobst, an dem sich auch Besucher bedienen können", sagt der Vorsitzende Burkhard Träder. Außerdem gibt es einen öffentlichen Spielplatz und zu Sommerfesten oder Pflanztauschbörsen sind auch die Nachbarn immer eingeladen. "Sich hinter hohen Hecken zu verstecken und sich nur um Gartenzwerge zu kümmern – das gibt es bei uns nicht", sagt Träder. "Wenn Sie Akzeptanz in der Bevölkerung haben wollen, geht das nur, indem Sie sich öffnen."
Wohnungsknappheit braucht Kompromisse
Fehlende Akzeptanz seitens der Bürgerschaft ist zu einem der größten Probleme der Nachverdichtung geworden. In Baden-Württemberg etwa will das Wohnungsbauministerium in diesem Jahr Bürgerentscheide zu Baugebieten überprüfen lassen.
Um ihre Anlagen in den Ballungsräumen langfristig behalten zu können, müssten Kleingärtner in Zukunft Kompromisse eingehen, betont auch Grundei: "Wir können nicht in die Komplettverweigerung gehen". In Zeiten der Wohnungsknappheit in Großstädten sehen viele Menschen nicht mehr ein, dass Kleingärtner ihre hochsubventinonierten Flächen nur für sich nutzen können.
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