Digitale Bauakte: 3 Fragen an 3 Experten

Endlich gibt es die bundesweite Plattform für digitale Bauanträge – und dann nutzen sie nur sieben Länder. In einigen Kommunen ist der Geduldsfaden gerissen, sie gehen eigene Wege. Was bremst den Fortschritt? 3 Fragen an 3 Experten.

Digitale Bauanträge sind längst überfällig, doch der Fortschritt bleibt uneinheitlich. Tine Fuchs vom ZIA gibt Einblick in die bundesweite Entwicklung, Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier berichtet von fünf Jahren Praxiserfahrung und Potsdams Beigeordneter Bernd Rubelt erklärt, wie man den Mittelweg sucht.

L'Immo-Header: Digitale Bauakte (REA)


Frau Fuchs, wie weit ist das digitale Bauantragsverfahren bei den Kommunen mittlerweile vorangekommen?

Tine Fuchs: Positiv zu vermerken ist, dass der Bund mit dem Onlinezugangsgesetz einen wichtigen Prozess angestoßen hat, um allen Kommunen die nötige digitale Infrastruktur bereitzustellen. Im Rahmen dieses Gesetzes wurde eine digitale Bundesplattform für Planungs- und Genehmigungsverfahren ins Leben gerufen. Aus Sicht des ZIA haben bisher aber leider nur wenige Kommunen die digitale Bauakte eingeführt.

Die Plattform ist bereits online, doch bislang sind erst sieben von 16 Bundesländern angeschlossen, darunter Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Brandenburg, Berlin, Bayern und Schleswig-Holstein. Einige Kommunen haben ihre eigenen Prozesse bereits selbst digitalisiert. Die Bundesplattform bietet jedoch die Möglichkeit, eine einheitliche digitale Bauakte anzulegen, da theoretisch alle Planverfahren darüber abgewickelt werden könnten – vorausgesetzt, sie wird auch genutzt.

"Genehmigungsdauer von 28 auf fünf Wochen verkürzt"

Herr Badenschier, Sie haben in Schwerin die digitale Bauakte eigenständig eingeführt. Welche Erfahrungen machen Sie?

Rico Badenschier: In Schwerin haben wir im Sommer 2018 mit der Digitalisierung der Bauakte begonnen und den Prozess innerhalb eines Jahres abgeschlossen. Seit Oktober 2019 ist das System produktiv im Einsatz. Die Umsetzung hat uns etwa 250.000 Euro gekostet und erfolgte in einem agilen Prozess. Unser Weg wird mittlerweile auch von anderen Kommunen in Deutschland übernommen, etwa Saarbrücken, dem Landkreis Harburg und sogar Wien.

Der Prozess läuft sehr gut: Seit mehr als fünf Jahren können Bauanträge in Schwerin komplett digital ohne Papier eingereicht und bearbeitet werden. Wir haben die durchschnittliche Genehmigungsdauer von 28 Wochen im Jahr 2021 auf zuletzt fünf Wochen verkürzt – rund 20 Prozent der ursprünglichen Zeit. Das große Problem auf Bundesebene bleibt die uneinheitliche Rechtslage mit 16 unterschiedlichen Landesbauordnungen.

"Frustrierend, dass wir jetzt erst diesen Punkt erreicht haben"

Herr Rubelt, Sie sind einen anderen Weg gegangen und am gleichen Ziel angekommen. Wie funktioniert es?

Bernd Rubelt: Wir befinden uns aktuell im sogenannten stillen Echtbetrieb. Anders als Schwerin sind wir keinen eigenen Weg gegangen, sondern haben gemeinsam mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern gearbeitet. Zwei Landkreise dienten dabei als Modellregionen. Wir haben abgewartet, bis das Produkt für uns nutzbar war und es dann an unsere eigene Lösung für die digitale E-Akte angebunden. Jetzt testen wir zunächst, bevor wir die digitale Bauakte offiziell freischalten.

Trotzdem ist es für mich frustrierend, dass wir erst jetzt diesen Punkt erreicht haben. Das liegt sicher an den vielen Medienbrüchen der vergangenen Jahre. Die digitale Bauakte ist ein Schlüsselverfahren – und wir haben es nicht geschafft, schneller voranzukommen. Besonders problematisch ist, dass die Bundesländer unterschiedliche Bauordnungen haben. In Brandenburg zum Beispiel kann man sowohl digital als auch analog einreichen, weshalb wir beide Kanäle offenhalten müssen. Grundsätzlich sind der Mut und die Disruptionsfähigkeit bei solchen Gesetzesvorhaben leider gering.

Das ist ein bearbeiteter Ausschnitt aus dem L'Immo-Podcast mit Tine Fuchs, Rico Badenschier, Bernd Rubelt.