Wohnungseigentumsrecht - Deckert erklärt: Majorisierung

Gilt für Abstimmungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft das Objekt- oder Wertprinzip, kann der Fall eintreten, dass ein Eigentümer von vornherein über ein Übergewicht an Stimmen verfügt (Majorisierung). Dies ist nicht von vornherein unzulässig, darf aber auch nicht missbraucht werden.

Jeder Wohnungseigentümer hat bei Abstimmungen in der Eigentümerversammlung eine Stimme – unabhängig davon, über wie viele Einheiten er in der Gemeinschaft verfügt. So sieht es das Gesetz vor. Dieses gesetzliche Stimmprinzip – das sogenannte Kopfprinzip – ist allerdings häufig abbedungen, etwa zugunsten des Wertprinzips, das eine Abstimmung nach Miteigentumsanteilen vorsieht oder auch des Objektprinzips, bei dem nach der Anzahl der jeweils im Eigentum stehenden Einheiten abgestimmt wird.

Unter Geltung des Wert- oder Objektprinzips kann die Situation eintreten, dass ein Eigentümer, der eine Vielzahl an Einheiten sein Eigen nennt, von vornherein ein Stimmenübergewicht hat und hierdurch die Geschicke der Gemeinschaft bestimmen kann. In dieser Situation spricht man von Majorisierung.

Die Minderheitseigentümer bemängeln häufig, hierdurch unangemessen benachteiligt zu sein, doch allein der Umstand, dass ein Eigentümer über die Mehrheit verfügt und von dieser auch Gebrauch macht, kann den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs seiner Stimmabgabe nicht begründen.

Erst wenn ein Mehrheitseigentümer sein Übergewicht dazu nutzt, Entscheidungen zu treffen, die gegen die Interessen der Gemeinschaft verstoßen, kann von Rechtsmissbrauch gesprochen werden. Dies dürfte beispielsweise der Fall sein, wenn der Mehrheitseigentümer seine Stimmen nutzt, um einen ungeeigneten oder fachlich unfähigen Verwalter einzusetzen oder damit zu verhindern versucht, dass Ansprüche gegen einen mit ihm „verbandelten“ Bauträger geltend gemacht werden. Auch die Wahl einer dem Bauträger als Mehrheitseigentümer nahestehenden Person zum Verwalter unter Ausnutzung seiner Mehrheitsposition kann rechtsmissbräuchlich sein.

Meinen Wohnungseigentümer, durch eine Majorisierung benachteiligt zu sein, müssen sie im Einzelfall die Beschlüsse, durch die sie sich benachteiligt sehen, gerichtlich anfechten. Dabei müssen sie die Umstände, aus denen sie den Rechtsmissbrauch herleiten, konkret darlegen. Hingegen haben die Minderheitseigentümer grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Änderung der Teilungserklärung, etwa dahingehend, dass das vereinbarte Stimmprinzip geändert bzw. limitiert wird.