Immobilienfinanzierung: In der Krise war Liquidität knapp

Liquidität zur Immobilienfinanzierung sei in der Krise ein knappes und extrem kostbares Gut gewesen, sagt Helaba-Finanzierungsexpertin Anja Peter. Aber nur für eine kurze Zeit. Langfristige Folgen könnte der Baulandbeschluss haben.

Frau Peter, wenn man den Blick auf den Immobilienfinanzierungsmarkt wirft, fällt auf, dass der Zinssatz zwar niedrig ist, die Banken scheinen diese niedrigen Zinsen aber nicht an die Kunden weiterzugeben. Woran liegt das, und wie ist das bei der Helaba?

Peter: Der Zinssatz, den wir dem Kunden nennen, hat verschiedene Bestandteile. Es gibt nicht nur "den" allgemeinen Marktzins, den man in der Zeitung lesen kann, sondern unter anderem auch einen Liquiditätskostenaufschlag auf den Einstandszins. In Summe ist das der Preis, den die Banken bezahlen, wenn sie sich am Markt refinanzieren. Dieser Liquiditäts- oder Funding-Aufschlag wird an den Kunden weitergegeben.

Und Refinanzierung war schwer während der Krise ...

Peter: Nach dem Lockdown war der Markt innerhalb weniger Tage trocken. Es gab kein Geld mehr unter den Banken zu leihen, und die Liquiditätskosten stiegen innerhalb ganz kurzer Zeit in drei Schritten um 65 bis 75 Punkte für ungedecktes Geschäft und noch einmal um 30 Punkte für pfandbriefgedecktes. Also ein sehr sicheres Geschäft.

Wie damals während der Finanzkrise?

Peter: Ja, das ließ sich auch 2009 beobachten. Und das ist auch der Grund, warum die Zinsen an unsere Kunden gestiegen sind. Unser Glück war allerdings, dass wir ein Pre-Funding in ziemlich großer Höhe vorhielten, sodass wir uns in dieser Zeit nicht am Markt refinanzieren mussten. Liquidität war für eine kurze Zeit in der Krise ein knappes und extrem kostbares Gut.

Im vergangenen Jahr haben wir angesprochen, dass viele Bauvorhaben stocken wegen der mangelnden Abstimmung der Dezernate. Hat sich daran inzwischen etwas geändert?

Westphal: Was sich geändert hat, ist, dass die Stadtverordnetenversammlung im Mai einen Baulandbeschluss gefasst hat, und den zu bewerten überlasse ich dem Markt. Der gibt jetzt viele Vorgaben bei der Entwicklung eines Baugebiets durch den Investor. Zum einen müssen 30 Prozent geförderter Wohnungsbau errichtet werden, davon je zur Hälfte auf dem ersten und auf dem zweiten Förderweg. Außerdem muss man für 15 Prozent der vorgesehenen Bruttogeschossfläche gemeinschaftliches und genossenschaftliches Wohnen errichten. Es kommt noch dazu, dass zehn Prozent der Eigentumswohnungen, die der Investor errichten will, preisreduziert verkauft werden, das heißt, es gibt eine Deckelung der Verkaufspreise. Dann bleibt noch 30 Prozent frei zu entwickelndes Wohnen für den Investor übrig.

Wie bewerten Sie das?

Westphal: Ich finde das sehr spannend. Es ist sicherlich die einschneidendste Maßnahme, die eine Stadt in Deutschland zur Förderung von preiswertem Wohnen jemals beschlossen hat. Man wird beobachten müssen, wie sich das auf die Investitionsbereitschaft und auf die Anzahl der konkreten Baugenehmigungen auswirkt. Das wird sich in zwei oder drei Jahren zeigen.

Wie bewertet die Helaba das?

Peter: Natürlich ist das ein sehr tiefgreifender Eingriff in das Handeln der Inves­­­­­­toren. Aber wir sehen auch: Modelle, die preiswerten Wohnraum fördern – gegebenenfalls sogar unter Zwang –, sind notwendig zur Erhaltung von sozialen Strukturen, die verhindern, dass Frankfurt verödet, wenn nämlich immer mehr Menschen ins Umland ziehen.

Schwebel: Das ist natürlich ein Teil der gesamten Strategie. Wir sind kurz davor, ein Gewerbeflächenentwicklungsprogramm zu beschließen. Das heißt, es wird auch neue Gewerbeflächen geben. Erstmals seit vielen Jahren wächst die Stadt auch wieder räumlich durch neue Beschlüsse.

In diesem Zusammenhang ist das Mittelstandsprogramm wichtig. Können Sie das kurz erläutern?

Schwebel: Hier geht es um die Menschen, die mit einem normalen Einkommen (bis zu 80.000 Euro pro Jahr) sich oft keine Wohnung in der Stadt leisten können. Der Druck auf die Politik ist hier tatsächlich sehr groß geworden. Außerdem hat die Stadt so viele Infrastrukturkosten, wie neue Schulen.

Aber das gilt ja nicht für Frankfurt allein.

Schwebel: Es gilt aber schon für Frankfurt besonders. Frankfurt ist die "jüngste" Großstadt Deutschlands. Sie hat jedes Jahr allein 3.000 Geburten mehr als Sterbefälle. Für die Kinder müssen etwa Kindergartenplätze vorgehalten werden. Damit die Stadt das alles finanzieren kann, gibt es eben die Gewinnabschöpfungsvariante, mit der man die Bauherren auch an den Infrastrukturkosten beteiligt.