Basel III: Immobilienkredite werden teurer
Die meisten Kreditinstitute in Deutschland scheinen zufrieden mit dem gefundenen Kompromiss zu sein. "Landesbanken und Sparkassen wissen nach monatelangem Tauziehen zumindest, auf welche Anforderungen sie sich in den nächsten Jahren einstellen müssen", heißt es etwa seitens des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV).
Der Bundesverband deutscher Banken ist sich sicher, dass die Banken das Ergebnis verkraften werden, da die langen Übergangsfristen eine gewisse Erleichterung bringen: Die Einführungsphase beginnt statt 2019 erst 2022. In voller Schärfe umgesetzt werden müssen die Regeln erst ab 2027.
Kritik: Neuregelungen orientieren sich zu stark am Geschäftsmodell von amerikanischen Hypothekenbanken
Doch es gibt auch kritische Stimmen. So hält Andreas Pohl, Vorstandschef der Deutschen Hypo, die angepeilten Neuregelungen für eine bittere Pille. "Sie berücksichtigen nicht ausreichend die Besonderheiten pfandbriefrefinanzierter Spezialkreditinstitute in Deutschland und orientieren sich zu stark am Geschäftsmodell von amerikanischen Hypothekenbanken, die Finanzierungsrisiken nicht auf der eigenen Bilanz behalten, sondern diese auslagern können“, so Pohl.
Der Kompromiss müsse noch in deutsches Recht übertragen werden, gibt auch Michaela Roth vom DSGV zu bedenken. Das werde mindestens ein Jahr dauern. In Deutschland nutzen fast alle Immobilienbanken individualisierte Modelle, um die Risiken der eigenen Kreditvergabe präziser bewerten zu können, als dass mit dem pauschalisierten Standardmodell möglich wäre. "Dadurch konnte die Eigenkapitalbelastung, etwa für Immobilienkredite, gesenkt und somit die Kosten reduziert werden", erklärt Peter Axmann, Leiter Immobilienfinanzierung der HSH Nordbank.
"Bislang konnten Immobilienbanken mit eigenen, internen Risikobewertungsmodellen die Kapitalunterlegung für Immobilienkredite auf weit unter den Wert des pauschalisierten Standardansatzes senken", ergänzt Roth. Die Quote, der so genannte Output-Floor, soll durch die Neuregelung auf mindestens 72,5 Prozent des Standardansatzes festgelegt werden.
Neue Kapitalunterlegungsquoten nicht für jede Bank zu verkraften
Bis Anfang 2022 muss diese Quote mindestens 50 Prozent betragen. "Diese Vorgabe hat unser Haus längst erfüllt, und wir werden auch die Quote von 72,5 Prozent weit vor 2027 erreichen", gibt sich Roman Berninger, Finanzvorstand der Berlin Hyp zuversichtlich. Die Heraufsetzung der Kapitalunterlegungsquoten sei jedoch nicht für jede Bank so ohne weiteres zu verkraften. Außerdem benachteilige sie Kreditinstitute gegenüber Versicherungen, findet Berninger. "Die Solvency-Regularien für Kreditrisiken sind bei weitem weniger scharf gefasst."
Branchenkreise schätzen, dass die Institute ihr Eigenkapital um bis zu 40 Prozent aufstocken müssen. Pohl glaubt, dass es mindestens 20 bis 30 Prozent sein werden, wenn man keine Kompensationsmöglichkeiten findet. "Bei gleichem Geschäftsumfang müsste dann gegebenenfalls das Eigenkapital erhöht werden, entweder aus thesaurierten Gewinnen oder über den Kapitalmarkt", so Pohl.
Die Berlin Hyp benötigt kein frisches Geld von ihren Anteilseignern, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. "Dank unserer guten Ertragslage in den vergangenen Jahren konnten wir ausreichend vorsorgen und können das aus eigener Kraft stemmen", sagt Berninger.
Auch Axmann weist darauf hin, dass die meisten Immobilienbanken längst auf die absehbare Verschärfung der Eigenkapitalunterlegung bei Immobiliendarlehen reagiert hätten. "Tendenziell ist die durchschnittliche Laufzeit der Finanzierungen in unserem Kreditportfolio gesunken", so Axmann. Es gebe Darlehen, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen fällig würden, und solche, die erst danach zurückgezahlt werden müssten. "Für diese muss bei gleichem Risiko künftig mehr Eigenkapital vorgehalten werden", fügt Axmann hinzu.
Es besteht weiterer Klärungsbedarf
Das bedeutet: Die daraus resultierenden Kosten müssten in die Marge einkalkuliert werden, was Immobiliendarlehen mittelfristig verteuert. "Inwieweit das im Wettbewerb durchsetzbar ist, werden wir sehen", zeigt sich Axmann skeptisch.
Das sieht Pohl ebenfalls so und fragt: "Wie sind Kredite zu klassifizieren, die bereits vor Inkrafttreten der Neuregelungen abgeschlossen wurden? – Muss für sie nachträglich auch mehr Eigenkapital vorgehalten werden?"
Es besteht also offensichtlich weiterer Klärungsbedarf, und womöglich bringen die neuen Vorgaben manchen Immobilienfinanzierer vielleicht sogar in gewisse Nöte. "Sollte es nicht gelingen, die höheren Kapitalkosten weitgehend auf die Kreditnehmer abzuwälzen, könnte das die Ertragslage der Geldhäuser zusätzlich belasten", so Axmann. Das historisch extrem niedrige Zinsniveau mache es vielen Banken ohnehin schon schwer genug, eine auskömmliche Rendite zu erwirtschaften.
Optimistischer beurteilt die Aareal Bank die Folgen des Basel III-Kompromisses. „Wir haben uns bereits frühzeitig auf mögliche Auswirkungen vorbereitet“, erklärt das Institut. Nach derzeitigem Kenntnisstand gehe man davon aus, die künftig einzuhaltenden Eigenkapitalanforderungen erfüllen zu können. "Wir benötigen daher kein zusätzliches Kapital."
Mezzanine-Segment könnte profitieren
Branchenkenner erwarten, dass die Basel III-Neuregelungen alternative, nicht regulierte Immobilienfinanzierer begünstigen könnten. Falls klassische Kreditgeber wie private Geschäfts- und Landesbanken ihre Finanzierungsaktivitäten – wegen erhöhter Eigenkapitalanforderungen an ihre Kreditnehmer – reduzieren sollten, könnte das Mezzanine-Segment profitieren.
Als mögliche Kapitalgeber nennt Axmann Hedgefonds aus den USA und Großbritannien sowie inländische Family Offices. Vor allem für Projektentwicklungen und Bauträgerfinanzierungen könnten sie als Finanzierungsadresse enorm an Bedeutung gewinnen.
Kritisiert wird auch von Verbandsseite, dass amerikanische Banken im Vergleich zu europäischen weniger belastet würden. Die auch in den USA präsente Aareal Bank sieht sich dadurch aber nicht benachteiligt. Man habe in der Vergangenheit hinlänglich gezeigt, dass man dank der Aufstellung und des auf zwei starken Säulen basierenden Geschäftsmodells in der Lage sei, sich auf veränderte Umfeldbedingungen gut einzustellen, heißt es seitens der Bank.
Klassische Immobilienbanken im Wandel: Weniger eigene Kredite
Axmann ist sich sicher, die Rolle der klassischen Immobilienbanken wird sich verändern: "Wir werden uns mehr darauf konzentrieren, als Manager großer gewerblicher Immobilienfinanzierungen zu agieren und weniger Kredite auf dem eigenen Buch zu behalten.“
Damit ist gemeint, dass sich Immobilienbanken stärker darauf fokussieren werden, Kredite anzubahnen, einzufädeln und zu strukturieren sowie Finanzierungsrisiken noch stärker als bisher zu streuen. Schließlich gibt es eine Reihe von Geldgebern wie Pensionskassen und Stiftungen, die anders als eine Bank nicht auf die Marge schauen, sondern auf die Bruttorendite. Dass es erneut zu einem Boom bei der Verbriefung von Kreditrisiken kommt, hält der Finanzierungsexperte für unwahrscheinlich.
Auch bei der Berlin Hyp wird überlegt, Kreditrisiken in der Bilanz zu reduzieren. "Über unseren Immo-Schuldschein und den Immo-Aval nehmen wir bereits die Sparkassen als Finanzierungspartner verstärkt mit ins Boot“, hebt Berninger hervor. "Diese beiden Instrumente wollen wir in Zukunft weiter nutzen."
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