Megadeals & Rekordumsätze: Wohninvestments verzweifelt gesucht

Das Geschäft mit den Wohnimmobilien floriert. Marktbeobachter erwarten einen neuen Umsatzrekord am deutschen Investmentmarkt – von bis zu 50 Milliarden Euro bis Ende 2021 ist die Rede. Die Preise steigen weiter, politischen Unsicherheiten zum Trotz. Das knappe Angebot befeuert den Wettbewerb noch.

Megadeals mit Bezug zum Berliner Wohnungsmarkt haben den deutschen Wohninvestmentmarkt im dritten Quartal 2021 auf ein Transaktionsvolumen von rund 11,64 Milliarden Euro gepuscht, schreibt etwa das Maklerhaus JLL – das Quartalsergebnis liegt 270 Prozent über dem Ergebnis des dritten Quartals 2020 (3,1 Milliarden Euro). Von Januar bis Ende September wurden demnach 21,6 Milliarden Euro umgesetzt (Vergleichszeitraum im Vorjahr: 16,5 Milliarden Euro).

"Mit einem erwarteten Transaktionsvolumen in Höhe von bis zu 50 Milliarden Euro werden wir Ende des Jahres für 2021 nicht nur das Vorjahresniveau deutlich toppen, sondern auch einen neuen Rekord am deutschen Wohninvestmentmarkt sehen", meint Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Das Gesamtergebnis im Vorjahr habe bei 21,8 Milliarden Euro gelegen.

Andere Studien kommen zu einem ganz ähnlich Ergebnis: CBRE hat den Handel mit Wohnungspaketen ab 50 Einheiten untersucht und kommt auf ein Transaktionsvolumen von 20,8 Milliarden Euro für die ersten drei Quartale 2021 – geht allerdings nur von einem Transaktionsvolumen von rund 40 Milliarden Euro für das Gesamtjahr aus. So ist auch Savills vorgegangen und kommt auf 20,6 Milliarden Euro bis September, korrigiert aber die Jahresmarke auf 30 Milliarden Euro nach unten. BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) rechnet mit einem Betrag von umgesetzten 21,4 Milliarden Euro für den Teilzeitraum und einem Investmentumsatz zwischen 45 und 50 Milliarden Euro für 2021.

Der Fokus liegt auf den Metropolen – dominiert von Berlin

Den überproportionale Anteil der sieben größten deutschen Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart am deutschen Umsatz führt Savills im Wesentlichen auf Berlin zurück. In der Hauptstadt wechselten Wohnimmobilien für etwa 8,6 Milliarden Euro den Eigentümer – das wären nach diesen Zahlen 48 Prozent des Gesamtvolumens.

"Wohninvestoren weht in Berlin ein zum Teil heftiger Wind entgegen. Neben der Ausschöpfung bestehender Regularien wird die Einführung zusätzlicher Instrumente forciert", konstatiert Matti Schenk, Associate Research Germany bei Savills. Vor dem Hintergrund, dass es in Berlin einen breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen Wohninvestoren gibt, scheint das hohe Transaktionsvolumen überraschend. "Für Investoren, die sich davon nicht abschrecken lassen, ist Berlin jedoch weiterhin attraktiv. So ist die Liquidität des Berliner Wohnimmobilienmarkts ein großer Vorteil", so Schenk.

Der Anteil der "Top 7" am gesamten deutschen Wohntransaktionsvolumen lag Savills zufolge in den ersten drei Monaten bei rund 67 Prozent – nach nur 39 Prozent im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Auf knapp 70 Prozent kommt CBRE, nach 22 Prozent im Vorjahreszeitraum.

Spitzenrendite: In den Top-7-Märkten sinkend

Angesichts der hohen Liquidität im Markt stehen laut Savills viele Investoren auf der Nachfrageseite unter einem hohen Anlagedruck. Sie suchen insbesondere nach Assets, die einen sofortigen Cashflow generieren. "Eine Nachfrage, die trotz der beträchtlichen Renditekompression wahrscheinlich auch mittelfristig noch anhalten wird, solange der Spread zu Anlagealternativen signifikant und der Mangel an Alternativen hoch bleibt", erläutert JLL-Researcher Scheunemann. Auch die Angebotsseite bleibt ein Preistreiber.

Die Preise am Wohnimmobilieninvestmentmarkt sind laut CBRE sowohl für das Core- und das Core-plus-Segment als auch für die Top-7-Städte gestiegen: Dort liegen die Spitzenrenditen nun bei nur noch 2,24 Prozent. "Vor allem bei den Durchschnittsrenditen für Neubauprojekte sehen wir stark sinkende Renditen – denn dort ist die Nachfrage besonders hoch", sagt Michael Schlatterer, Senior Director Residential Valuation bei CBRE in Deutschland. Laut BNPPRE liegen die Netto-Spitzenrenditen im Neubausegment mittlerweile bei 2,70 Prozent oder niedriger. Am teuersten ist es nach wie vor München, wo eine Spitzenrendite von 2,45 Prozent anzusetzen ist. Aber auch Berlin schließt immer weiter auf und notiert mittlerweile bei 2,50 Prozent. 

Konstantin Lüttger, Head of Residential Investment bei CBRE in Deutschland, ergänzt: "Trotz dieser dynamischen Entwicklung ist der Markt von einem Nachfrageüberhang geprägt."

Konsolidierung – ein Trend nimmt Fahrt auf

Größte Transaktion im bisherigen Jahresverlauf war der Verkauf des Akelius-Portfolios (zirka fünf Milliarden Euro) an Heimstaden sowie der Verkauf von rund 15.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten (zirka 2,5 Milliarden Euro) von Vonovia und Deutsche Wohnen an Berlins kommunale Wohnungsunternehmen. Hier sind sich die Beratungsunternehmen alle einig.

"Wir beobachten schon seit längerem eine fortschreitende Konsolidierung bei den Bestandshaltern – dieser Trend hat zuletzt rasant an Fahrt gewonnen", sagt CBRE-Experte Schlatterer. "Das kann positive Auswirkungen für die Mieter nach sich ziehen, denn größere Unternehmen stehen stärker im Fokus der öffentlichen Diskussion. Auch deswegen sehen wir, dass freiwillige Selbstverpflichtungen zu nur moderaten Mieterhöhungen oder zu einer Sozialcharta Bestandteil von Transaktionen werden."

Christoph Meszelinsky, Managing Director und Head of Residential Investment bei BNPPRE in Deutschland meint, auch wenn sich der Mietpreisanstieg mittlerweile verlangsamt habe, bestehe noch immer Mietsteigerungspotenzial: "Die Ampeln für die deutschen Wohninvestmentmärkte stehen weiter auf grün." Zu den einheimischen Wohnungsunternehmen und inländischen Investmentmanagern sowie Pensionskassen und Versicherungen gesellen sich nun auch verstärkt internationale Kapitalsammelstellen. Dies dürfte den Wettbewerb um Produkte weiter intensivieren.


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