"Brücken bauen" – das neue Leitbild des IVD
Herr Wohltorf, die Fußstapfen Ihres Vorgängers Michael Schick sind nicht gerade klein … Er hat Schuhgröße 46, ich habe 44, das sagt ja einiges ...
Dirk Wohltorf: Michael Schick hat viel für den Verband bewirkt, für das Image der Makler. Er ist hervorragend vernetzt. Mir war klar, dass ich das Amt anders ausfüllen muss als er. Ich bin ein ganz anderer Typ. Ich darf gar nicht erst versuchen, in seine Fußstapfen zu treten. Ich muss in meine eigene Richtung gehen.
Eher in Richtung Team?
Ja. Ich glaube, es ist mir ganz gut gelungen, ein junges, schlagkräftiges Team um mich herum zu bilden. Etwa mit Jeanette Kuhnert, einer jungen Gewerbemaklerin aus Hamburg, Robert Wesely aus Magdeburg, Markus Jugan, Verwalter aus München, und Axel Quester aus Duisburg. Insofern sind wir altersmäßig und geografisch wirklich gut aufgestellt.
Mit vielen Frauen im Vorstand …
Das hat nichts mit Quote zu tun. Nehmen Sie Annika Schönfeldt-Schulz, Vorsitzende des IVD Nord, Kerstin Huth, Chefin von Berlin-Brandenburg. Die Besten sollen es machen. Das gilt auch für unsere Bundesgeschäftsführerin Carolin Hegenbarth.
Sie haben nach der Wahl zum Präsidenten mehr Aktivitäten in Richtung Eigentumsbildung gefordert.
Das hat mich tatsächlich immer umgetrieben. Michael Schick hat als Investorenvermittler vor allem große Mietshäuser verkauft. Ich bin in meinem Leben klassischer Einfamilienhausmakler und beschäftige mich mit Doppelhaushälften, Reihenhäusern, Eigentumswohnungen, Baugrundstücken. Und erlebe jetzt, wie 70- bis 80-jährige Damen und Herren, alte Kunden, zu mir kommen und ins betreute Wohnen wollen.
Die können sich das leisten, wollen Sie sagen.
Ja, wenn sie eine abbezahlte Immobilie haben. Politiker aller Parteien müssten ein Rieseninteresse daran haben, dafür zu sorgen, dass schon 25-jährige Menschen Eigentum bilden und dass Hindernisse in diesem Zusammenhang vermindert werden.
Also weniger Fokus auf den sozialen Wohnungsbau?
Wir wissen ja alle, dass wir mehr Sozialwohnungen brauchen. Ich möchte aber schon gerne das Thema Eigentumsbildung stärker in Politik und Gesellschaft tragen, einfach weil es die wichtigste Säule der Altersvorsorge ist. Das haben laut einer repräsentativen Umfrage sogar 60 Prozent der Linken eingeräumt. Die Skandinavier haben Modelle, wo sie jedem Kind zur Geburt 10.000 Euro bezahlen. Die werden 20 Jahre am Kapitalmarkt angelegt, und mit 20 bekommen sie auf einmal 60.000 Euro, die gebunden werden könnten für die selbst genutzte Immobilie. Diese Themen würde ich gerne vermehrt mit Politikern oder jungen Menschen besprechen.
Ob Sie dafür offene Ohren finden werden?
Es braucht in vielen Bereichen einen Mentalitätswechsel. Mein Sohn ist jetzt nach Amerika gegangen zum Studieren. Er meint, dort könnte man besser lernen, was für einen Unternehmer wichtig ist. Ich würde hier gerne mit dem IVD helfen, eine andere Sicht auf die Dinge hinzukriegen, auch in den Schulen.
Das sind dicke Bretter, die Sie da bearbeiten wollen.
Ich bin Mitglied in der IHK Berlin, die auch für die Berufsausbildung zuständig ist. Es gibt einige hundert IVD-Mitglieder, die in Ehrenämtern bei den Handelskammern tätig sind. Ich glaube, von der Basis unserer Mitglieder aus lässt sich eine Menge machen.
Wie aktivieren Sie jüngere Mitglieder?
Da läuft viel über Ausschüsse, über einen Regionalverband. Oft rückt von dort aus ein Vorstand als Bundesvorstand ins Präsidium. Das haben wir gerade gezeigt mit Jeanette Kuhnert. Wir haben sie schnell akquiriert. Ich möchte weg davon, dass man Jahre braucht, um in die nächste Etage aufzusteigen.
Können Sie das forcieren?
Ich glaube, das ist meine Chance. Ich sehe mich ein Stück weit als Präsident zum Anfassen, probiere unkompliziert zu sein, gebe den Leuten auch mal meine Handynummer. Ich besuche jede Region und frage nach, welche Themen Mitglieder dort umtreiben. In den sechs Regionen gibt es jeweils ein eigenes Bildungsinstitut. Wir probieren hier, viel Neues zu strukturieren und auch die jüngeren IVD-Mitglieder auf unsere Netzwerke aufmerksam zu machen.
Was möchten Sie in Ihrer Amtszeit erreichen?
Wir müssen uns weiter professionalisieren und so das Image der Immobilienmakler und -unternehmer verbessern. Die Krise ist eine Riesenchance dafür. Ich gebe Anstöße, die wahre Professionalisierung geht über die Basis. Wir kämpfen weiter für den Sachkundenachweis, den wir seit Jahrzehnten fordern.
Wie weit kann die Tätigkeit des Maklers gehen?
Es sollte unser Anspruch sein, Käufer oder Verkäufer professionell zu begleiten. Mit Nachweis Geld zu verdienen, ist Old School. Das ist keinesfalls das Leitbild des Mitglieds eines Profiverbands. Wir sind Brückenbauer, Kümmerer, Komplettdienstleister. Ich erwarte von unseren Mitgliedern, dass sie ihre Kunden komplett an die Hand nehmen. Und dann redet man auch nicht mehr über drei oder sechs Prozent Provision.
Dieses Interview stammt aus der aktuellen Ausgabe 08/2023 des Fachmagazins "Immobilienwirtschaft". Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Immobilienwirtschaft-App.
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