CSRD, Omnibus & Co.: So profitiert die Immobilienwirtschaft
Nachhaltigkeit ist kein Kostentreiber, sondern der stärkste Hebel für Wertschöpfung, Risikominimierung und Zukunftsfähigkeit in der Immobilienwirtschaft. Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG), den neuen CSRD-Berichtspflichten und der Omnibus-Richtlinie steigt der Druck – aber auch die Chance, Nachhaltigkeit zur Investitionssicherheit zu machen.
Diese regulatorischen Treiber sorgen dafür, dass ESG-Nachweise heute für alle Akteure verpflichtend werden. Mit der EU-Taxonomie und den Transformationskriterien der Europäischen Union entsteht eine gemeinsame Sprache, die Banken, Investoren, Planer und Nutzer miteinander verbindet. Wer diese Sprache nicht spricht, riskiert nicht nur Fördermittel oder Kredite, sondern den Marktanschluss.
Banken: ESG als Absicherung von Investitionen
Die Banken haben die Zeichen längst erkannt. Nachhaltigkeit ist für sie kein moralisches Thema, sondern harte Ökonomie. Die Leiterin Strategie & Nachhaltigkeit bei einer großen Landesbank, erklärte auf einer Veranstaltung: "Für uns ist das Omnibus-Verfahren nicht entscheidend. Wir konzentrieren uns zuerst auf CO2-Emissionen und betrachten als nächstes die Biodiversität. Diese Aspekte sind entscheidend, um Investitionen abzusichern."
Damit wird deutlich: Banken sehen in ESG-Aspekten nicht zusätzliche Bürokratie, sondern ein Werkzeug zur Risikominimierung. Typische Green Loans oder Sustainability-Linked Loans bieten im Markt dokumentierte Zinsvorteile von rund fünf bis 15 Basispunkten, in Einzelfällen bis zu 25 Basispunkte. Für ein Projektvolumen von 50 Millionen Euro bedeutet das je nach Struktur jährliche Einsparungen im sechsstelligen Bereich.
EU-Taxonomie und Kreislaufwirtschaft: ein Praxisbeispiel
Das Seehotel Wiesler zeigt, wie Nachhaltigkeit in der Praxis auf mehrere Nachhaltigkeitskonten einzahlt. Mit einem Holzgas Blockheizkraftwerk (erneuerbare Energie) erreicht die Anlage einen elektrischen Autarkiegrad von bis zu 80 Prozent und reduziert so CO2-Emissionen deutlich (Klimaschutz). Die lokale Energieerzeugung macht das Hotel zugleich resilient gegenüber Energiekrisen (Klimaanpassung).
Gleichzeitig werden in den neuen Immobilien (zum Beispiel Inara Suites) hochwertige Materialien und Fügetechniken eingesetzt, die sortenreine Rückbau und Kreislaufführung ermöglichen. Im Falle eines späteren Umbaus entstehen daher keine Überraschungen durch hohe Entsorgungskosten, vielmehr kann es sogar zu einer Rückgabe von Rohstoffen kommen. Materialgesundheit sorgt für gesunde Innenräume und eine hohe Aufenthaltsqualität.
Darüber hinaus wurde für die Inara Suites eine mehrdimensionale Produktauswahl etabliert, die über klassische Kosten- und Qualitätskriterien hinausgeht. Hierfür hat das Unternehmen auf Basis der EU-Taxonomie in Zusammenarbeit mit Circular Skills den Circularscan entwickelt, der alle sechs Umweltziele sowie die sozialen Mindeststandards berücksichtigt. Der Scan dient als systematische Entscheidungsgrundlage in der Produkt- und Materialwahl und macht die komplexen Anforderungen der Regulierung operativ handhabbar. Auf diese Weise wird nicht nur eine kreislauffähige Bauweise gewährleistet, sondern auch ein Beitrag zu Dekarbonisierung, Wasser- und Ressourcenschutz, Biodiversität sowie sozialen Aspekten entlang der Lieferkette geleistet.
Ergänzt durch Biodiversitätsmaßnahmen am Standort und die Einbindung regionaler Handwerksbetriebe wird sichtbar: Nachhaltigkeit ist hier nicht nur ein ökologischer Beitrag, sondern eine sichere Investition mit stabilen wirtschaftlichen Vorteilen. Die Inara Suites verdeutlichen damit, dass EU-Taxonomie-konforme Entscheidungen im Bau- und Immobiliensektor nicht als regulatorische Last zu verstehen sind, sondern als Hebel für Qualität, Resilienz und langfristigen Werterhalt.
ESG als Pflicht im Briefing: die Planungsperspektive
Auch in der Planungspraxis hat sich der Blickwinkel verändert. Architekt Urs Ganter aus Bernau bei Berlin erlebt regelmäßig, wie Nachhaltigkeit heute fester Bestandteil der Projektziele wird. Große Auftraggeber geben detaillierte Projektzielkataloge heraus, die an die Architekten weitergereicht werden. Darin finden sich klare Vorgaben: ESG-Pre-Checks schon in der Vorplanung, Materialplanung mit Bezug auf die DNSH-Kriterien und die EU-Taxonomie oder die Verpflichtung, Zertifizierungen spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme nachzuweisen.
Für Planer wie Ganter bedeutet das: Nachhaltigkeit ist nicht mehr Kür, sondern Vertragsbestandteil – mit direkter Auswirkung auf Entwürfe, Materialentscheidungen und Bauprozesse. "Früher war Nachhaltigkeit ein Extra, heute ist sie im Briefing Pflicht."
Für den Immobilienmarkt ist es eine stille Revolution. Jens Weymann, Head of Sustainability & ESG Germany bei Cushman & Wakefield, erklärt: "ESG ist heute kein Add-on mehr – es ist Herzstück aller Marktentscheidungen. Wer seine Daten nicht im Griff hat, verliert Vertrauen und damit Kapital." Schon heute gilt in Due-Diligence-Prozessen: Nachhaltigkeitsnachweise werden ebenso kritisch geprüft wie Mietverträge oder Grundbücher. Fehlende ESG-Daten führen zu Preisabschlägen oder sogar zum Scheitern von Transaktionen. Wer also weiter behauptet, Nachhaltigkeit sei nur ein Kostenfaktor, hat den Markt nicht verstanden.
EU-Taxonomie: Nutzen der Transformationskriterien
Die EU-Taxonomie definiert sechs Umweltziele, die häufig als "kompliziert" dargestellt werden. Doch ihr eigentlicher Zweck ist es, Vorteile sichtbar zu machen:
- Materialgesundheit steigert die Attraktivität für Nutzer und schützt die Gesundheit.
- Kreislaufführung verwandelt Rückbaukosten in Rückbauwerte und sichert Materialressourcen.
- CO2-Reduktion senkt die Betriebskosten und erhöht die Chancen auf Finanzierungsvorteile.
- Biodiversität steigert Standortqualität und Akzeptanz bei Kommunen.
- Soziale Fairness reduziert Reputations- und Lieferkettenrisiken.
- Klimaanpassung schützt Immobilien vor Extremwetter und erhält Versicherbarkeit.
Natürlich: Die Vielzahl an Verordnungen und Standards kann auf den ersten Blick überfordernd wirken. Doch wer nur über Komplexität und Kosten klagt, verpasst die Chance, eine gemeinsame Grundlage zu schaffen.
In Projekten zeigt sich: Wenn Nachhaltigkeitsdaten einmal systematisch erhoben und für alle Stakeholder nutzbar gemacht werden, sinken die Kosten erheblich und das Verständnis wächst. In der Praxis hat sich dafür die Logik eines CircularScans bewährt – ein durch den TÜV Rheinland geprüfter Prozess, der erheblich kostengünstiger ist als andere Produktzertifizierungsansätze, vollständig anschlussfähig an die EU-Taxonomie und gleichzeitig ein methodischer Ansatz, der Komplexität radikal reduziert und dennoch Investoren und Banken die Validität liefert, die sie fordern.
5 Schritte zur ESG-Transparenz für Projektentwickler
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Fazit: Zukunft sichern statt Ausreden suchen
Nachhaltigkeit ist keine Last, sondern die stärkste Versicherung für den Immobilienmarkt. Sie senkt Risiken, sichert Kapitalzugang, erhöht die Exitfähigkeit und eröffnet neue Geschäftsmodelle. Wer weiterhin nur über Kosten und Komplexität spricht, macht denselben Fehler wie jene, die in den1990er-Jahren das Internet als Modeerscheinung abtaten.
Die eigentliche Botschaft lautet: Nachhaltigkeit ist Zukunftsfähigkeit – und damit die beste Investition, die die Branche heute tätigen kann.
Hören Sie zum Thema auch diese L'Immo-Folge:
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