1) Berücksichtigung der Kostensteigerungen im Handelsrecht
Das HGB verlangt die Rückstellung des für die erwartete Verbindlichkeit notwendigen Erfüllungsbetrags. Das schließt Kostensteigerungen bis zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Rückstellung ein. Im Steuerrecht ist die Berücksichtigung von Kostensteigerungen nicht erlaubt.
Beispiel: Die Kostensteigerung muss durch eine plausible Entwicklung berechnet werden. Beispielhaft wurden die folgenden Annahmen getroffen und die Ergebnisse entsprechend berechnet. Dabei wird eine Betriebsprüfung Ende des Jahres 2022 unterstellt. Die folgenden Preissteigerungen werden für drei Jahre berechnet:
- Der Mietvertrag sieht eine Miete für das Verwaltungsgebäude ohne Steigerung bis zum Jahr 2025 vor. Daher sind keine Preissteigerungen zu berücksichtigen.
- Bei den Nebenkosten wird aufgrund steigender Energiekosten eine Erhöhung von 8 % pro Jahr erwartet. Damit steigen die Nebenkosten bis 2022 um 160 Euro.
- Die IT-Benutzerkosten sind laut Vertrag mit dem IT-Dienstleister bis 2022 fix. Es ist keine Preissteigerung zu berücksichtigen.
- Die IT-Beraterkosten werden bis 2022 um ca. 3 % pro Jahr steigen. Damit werden aus 2.000 Euro im abgelaufenen Jahr 2.185 Euro für das Jahr 2022. Eine Preissteigerung von 185 Euro.
- Bei den IT-Grundkosten wird eine Steigerung von weniger als 1 % pro Jahr angenommen. Das Ergebnis ist nicht signifikant und wird nicht verwendet.
- Die Beratungskosten des Steuerberaters während der Betriebsprüfung werden im Rahmen eines Pauschalvertrags gezahlt. Darin sind für die Steuerprüfung bis 2022 3.800 Euro festgeschrieben.
- Die Personalkosten werden jährlich um 2,5 % steigen. Aus den Betreuungskosten von 16.357 Euro in 2019 werden bis 2022 ca. 17.615 Euro. Das entspricht einer Steigerung um 1.258 Euro.
Rückstellung nach Kostensteigerung in Euro | Handelsbilanz | Steuerbilanz |
Raumkosten | 1.553 | 1.393 |
IT-Kosten | 2.779 | 2.277 |
Beratungskosten | 3.800 | 3.800 |
Betreuungskosten | 17.615 | 14.332 |
Summe | 25.747 | 21.802 |
davon 1/3 für 2019 | 8.582 | 7.267 |
2) Abzinsung in der Handelsbilanz und Steuerbilanz
Da die Rückstellung eine Laufzeit von mehr als einem Jahr hat, muss sie sowohl im Handelsrecht als auch im Steuerrecht abgezinst werden. Die Vorgehensweise ist jedoch für beide Bilanzen unterschiedlich:
- Im Steuerrecht muss bis zum Beginn der Maßnahmen, also hier der Betriebsprüfung, diskontiert werden.
- Im Handelsrecht muss exakter gerechnet werden. Eine Methode ist es, die Mitte der Maßnahme zu wählen. Wird also von Beginn der Prüfung im Oktober 2022 ausgegangen, dann ist steuerlich bis zum 1.10.2022, handelsrechtlich bis zum 1.11.2022 (Beginn + halbe Dauer von acht Wochen) abzuzinsen.
Praxis-Hinweis: Über die exakte Berechnung der handelsrechtlichen Dauer gibt es in der Theorie eine Vielzahl von Vorschlägen. Die Unterschiede sind bei kurzen Maßnahmen jedoch recht gering. Wenn Sie Sicherheit für größere Beträge benötigen, sollten Sie sich beraten lassen.
Zinssätze variieren
Der Zinssatz ist im Steuerrecht mit 5,5 % pro Jahr vorgegeben. Im Handelsrecht gibt es eine komplexere Vorgabe, die durch die Bekanntgabe der zu verwendenden
Zinssätze durch die Bundesbank für den Nutzer vereinfacht wird. Für eine Restlaufzeit von drei Jahren betrug der zu verwendende Zinssatz am Ende des Jahres 2020 0,54 %.
Handelsbilanz | Steuerbilanz | |
Ausgangsbetrag | 8.582 EUR | 7.267 EUR |
Zinssatz | 0,54 % | 5,5 % |
Dauer | 2 Jahre 10 Monate | 2 Jahre 9 Monate |
Abzinsungsbetrag | 130 EUR | 1.076 EUR |
Rückstellungsbetrag | 8.452 EUR | 6.191 EUR |
Achtung: Die Zinsbeträge müssen als Zinserträge im Neutralen Ergebnis verbucht werden. Die Kosten des betroffenen Jahres müssen um die Beträge vor Abzinsung erhöht werden.