Bewertung einer Rückstellung

Rückstellungen sind handelsrechtlich in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Bei der Rückstellungsbewertung in der Handelsbilanz sind somit künftige Preis- und Kostensteigerungen zwingend zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sind langfristige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre abzuzinsen (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). Die anzuwendenden Abzinsungssätze werden von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich auf www.bundesbank.de bekannt gegeben. Erträge aus der Abzinsung (§ 277 Abs. 5 Satz 1 HGB) von Rückstellungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten "Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge", Aufwendungen gesondert unter dem Posten "Zinsen und ähnliche Aufwendungen" auszuweisen (§ 277 Abs. 5 Satz 1 HGB).

Nicht erfasst von diesem Abzinsungsgebot sind kurzfristige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr. Bei ursprünglich langfristigen Rückstellungen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag nur noch bis zu einem Jahr beträgt, wird in der Literatur teilweise ein Abzinsungswahlrecht abgeleitet.

Hinweis: Ermittlung der Restlaufzeit und des Zinssatzes

Bei Ermittlung der Restlaufzeit ist auf den Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme abzustellen. Da die Restlaufzeit bei Garantierückstellungen in der Praxis nicht eindeutig bestimmbar ist, kann von der Gruppenbewertung gem. § 240 Abs. 4 HGB Gebrauch gemacht werden. Es kann aus Vereinfachungsgründen auf eine durchschnittliche Restlaufzeit als Grundlage für die Bestimmung des Zinssatzes und des Abzinsungszeitraums abgestellt werden. Bei der Ermittlung des Barwerts der pauschalen Garantierückstellung wird dann ein einheitlicher Zinssatz und Abzinsungszeitraum angewendet). Wird hingegen von der Gruppenbewertung kein Gebrauch gemacht, besteht aus Vereinfachungsgründen auch die Möglichkeit, die Gesamtperiode in einzelne Teilperioden aufzuteilen, die dann anhand der jeweiligen Restlaufzeit (unter Berücksichtigung einer typisierten Inanspruchnahme z.B. am Jahresende) und des restlaufzeitadäquaten Zinssatzes einzeln bewertet werden.

Steuerliche Bewertung von Rückstellungen

Bei der steuerlichen Bewertung von Rückstellungen sind die jeweiligen Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich; künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen somit im Gegensatz zum handelsrechtlichen Ansatz nicht berücksichtigt werden. Des Weiteren sieht das Steuerrecht für Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als 12 Monaten einen eigenen, unveränderlichen Abzinsungssatz in Höhe von 5,5 % vor. Bei der Bewertung von Garantierückstellungen kommt es somit im Falle einer Abzinsung zwingend zu einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz.

Hinweis: Keine Abzinsung bei Pauschalrückstellung

Während bei Einzelrückstellungen die (Rest-) Laufzeit für Garantie- und Gewährleistungsansprüche nach den Umständen des Einzelfalls zu schätzen ist, findet nach Ansicht der Finanzverwaltung das Abzinsungsgebot bei Pauschalrückstellungen aus Vereinfachungsgründen keine Anwendung (BMF, Schreiben v. 26.5.2005, IV B 2 – S 2175 – 7/05, BStBl. 2005 I S. 699).

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Schlagworte zum Thema:  Zinssatz, Rückstellung, Handelsbilanz