ESMA-Enforcementreport 2021

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sieht in ihrem aktuellen Bericht in vielen Bereichen der IFRS-Anwendung weiterhin Verbesserungsbedarf, insbesondere bei der Anwendung von IAS 36.

Die ESMA hat am 30. März 2022 ihren Bericht 2021 Corporate Reporting Enforcement and Regulatory Activities veröffentlicht. Dieser enthält Informationen zu durchgeführten Enforcementaktivitäten innerhalb von Europa im Jahr 2021 auf Basis der European Common Enforcement Priorities (ECEP) 2020.

Um eine Harmonisierung auf Ebene der europäischen Enforcement-Stellen zu erreichen, wurde im Jahr 2021 eine hohe Anzahl von Fällen – 49 neue Themen (emerging issues) und 40 Entscheidungen (decisions) – bei den European Enforcers Coordination Sessions (EECS) eingereicht. Die EECS sind ein Forum, in dem alle nationalen Enforcer der EU für einen Erfahrungsaustausch zusammenkommen.

Aufgriffsquote finanzielle Berichterstattung vergleichbar zum Vorjahr

Es wurden insgesamt 711 EU-IFRS-Emittenten von den zuständigen nationalen Enforcement-Stellen im Jahr 2021 geprüft (Vorjahr: 729).

  • In Bezug auf die finanzielle Berichterstattung waren ca. 17 % aller IFRS-Emittenten (Vorjahr: 17 %), deren Aktien in regulierten Märkten in Europa gehandelt werden, von Enforcement-Untersuchungen betroffen. Diese führten zu 250 Durchsetzungsmaßnahmen, bei denen in der unternehmensspezifischen Bilanzierung wesentliche Abweichungen von den IFRS festgestellt wurden (Vorjahr: 265), was einer Aufgriffsquote von ca. 40 % (Vorjahr: ca. 38 %) entspricht. Wie in der Vergangenheit wurden Mängel überwiegend im Bereich der Finanzinstrumente (IFRS 9), der Wertminderung von nichtfinanziellen Vermögenswerten (IAS 36), der Umsatzerfassung (IFRS 15) sowie der Darstellung des Abschlusses (IAS 1) festgestellt.
  • Soweit die nationalen Enforcement-Stellen auch für die Überprüfung der nicht-finanziellen Berichterstattung zuständig sind, enthält der ESMA-Bericht ebenfalls Informationen. Untersucht wurde die nicht-finanzielle Berichterstattung von insgesamt 711 Emittenten (Vorjahr: 737), was ca. 36 % der geschätzten Gesamtzahl der betroffenen Emittenten entspricht (Vorjahr: 37 %). Die Aufgriffsquote verdoppelte sich mit 72 Fällen auf 10 % (Vorjahr 5 %).

Enforcementaktivitäten mit Bezug zu Vorjahres-Prüfungsschwerpunkten

Neben den allg. Enforcementaktivitäten wurden Abschlüsse aus dem Jahr 2020 auch speziell auf Basis der ECEP 2020 überprüft. Der Stichprobenumfang umfasste 166 Abschlüsse. Dies führte zu insgesamt 39 Durchsetzungsmaßnahmen.

  • Anwendung von IAS 36: Die meisten Durchsetzungsmaßnahmen wurden im Bereich von IAS 36 getroffen. Einschlägig waren Bewertungsfragen, u.a. die Prüfung auf Vorliegen von Wertminderungsindikatoren am Ende des Berichtszeitraums oder auch die Abgrenzung von CGUs für Zwecke des Impairment-Tests (z.B. getrennte Wertminderungstests für zwei CGUs, die bislang gemeinsam getestet wurden). Weitere Maßnahmen betrafen die Angaben, u.a. Informationen über Sensitivitäten in Bezug auf signifikante Änderungen von Schlüsselannahmen, Wachstumsraten oder auch Cashflows aus Zuwendungen der öffentlichen Hand. Ein Emittent, der eine weite Bandbreite der für die Wertminderungsprüfung verwendeten Abzinsungssätze angab, wurde angewiesen, die Bandbreiten der Abzinsungssätze pro Land anzugeben.
  • Anwendung von IAS 1: Maßnahmen betrafen u.a. mangelnde detaillierte Informationen über Unsicherheiten in Bezug auf Annahmen zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit, zu wesentlichen Ermessensentscheidungen und Schätzungsunsicherheiten im Bereich der Vorräte, die Bewertung einer spezifischen Rückstellung für Rechtsstreitigkeiten und die Bilanzierung von Sale-and-leaseback-Transaktionen.
  • Anwendung von IFRS 9 und IFRS 7: Die Durchsetzungsmaßnahmen bezogen sich auf allg. Überlegungen in Bezug auf Risiken, die sich aus Finanzinstrumenten ergeben. Ein Fall betraf z.B. eine fehlende Fälligkeitsanalyse für langfristige Mietschulden.
  • Spezifische Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von IFRS 16: Maßnahmen betrafen fehlende Angaben zu COVID-19-bezogenen Mietzugeständnissen sowie andere leasingbezogene Angaben, u.a. fehlende Angaben zu variablen Mietoptionen und Fälligkeitsanalysen für langfristige Mietschulden und mangelnde Klarheit über die Rechnungslegungsgrundsätze des Emittenten. In Bezug auf andere mietbezogene Angaben sind klare Angaben zu den angewendeten Rechnungslegungsgrundsätzen zu geben. Auch Erläuterungen zu IFRS 16.59(b)(ii) (Verlängerungs- und Kündigungsoptionen) seien verbesserungswürdig.

Zusammenarbeit der nationalen Behörden auf europäischer Ebene nötig

Die Zusammenarbeit der nationalen Durchsetzungs- bzw. Aufsichtsbehörden auf europäischer Ebene ist unstrittig notwendig, letztlich auch, um allen EU-Unternehmen gleiche Rahmenbedingungen in Bezug auf die Durchsetzungsaktivitäten zu verschaffen. Die Darstellung der überprüften Themen in der Rechnungslegung zeigt hierbei Problembereiche auf, die Unternehmen – sofern einschlägig – bei ihrer Berichterstattung zwingend berücksichtigen sollten.


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