Rz. 81

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG UStG verlangt für die Ausübung des Vorsteuerabzugs, dass der Unternehmer eine nach den Vorschriften der §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (zum Begriff und Inhalt einer Rechnung vgl. Kommentierung zu § 14, 14a UStG). Aus nationaler Sicht handelt es sich hierbei um eine materiell-rechtliche Voraussetzung, d. h. der Vorsteuerabzug kann ohne das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung nicht entstehen (vgl. BFH vom 20.10.2016, Az: V R 26/15, NWB Datenbank, AAAAF-89048, Rn. 18 m.W.N.). Auf unionsrechtlicher Ebene betrachtet der EuGH in mehreren Entscheidungen den Besitz einer Rechnung nicht als materielle, sondern als formelle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug (vgl. EuGH vom 15.09.2016, Rs. C-516/14, Barlis, NWB Datenbank, HAAAF 82025, Rn. 40, 41; EuGH vom 15.09.2016, Rs. C-518/14, Senatex, NWB Datenbank, XAAAF 82024 Rn. 28, 29; EuGH vom 22.10.2015, Rs. C-277/14, Stehcemp, NWB-Datenbank, PAAAF-08204, Rn. 28, 29). Der EuGH erwähnt jedoch, dass das Recht auf Vorsteuerabzug "nur ausgeübt werden kann, wenn der Steuerpflichtige eine im Einklang mit Art. 226 der Richtlinie ausgestellte Rechnung besitzt" (EuGH vom 15.09.2016, Rs. C-516/14, Barlis, NWB Datenbank, HAAAF 82025, Rn. 29) und unterscheidet daher wie folgt:

Materielle Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug:

  • Der den Steuerabzug Begehrende ist Steuerpflichtiger.
  • Die Leistungen müssen vom Steuerpflichtigen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.
  • Die Leistungen müssen von einem anderen Steuerpflichtigen bezogen worden sein.

Formelle Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug:

  • Der Steuerpflichtige muss eine Rechnung besitzen.
  • Die Rechnung muss im Einklang mit Art. 226 MwStSystRL stehen.

Die nationale Regelung wird als unionskonform betrachtet, da der EuGH für die endgültige Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts nur den Besitz einer Rechnung verlange; dem Besitz der Rechnung wird zumindest eine materiell-rechtliche Wirkung zugewiesen (vgl. Becker, NWB 2016, 3380; BFH vom 20.10.2016, Az: V R 26/15, NWB Datenbank, AAAAF-89048, Rn. 18).

 

Rz. 82

Stand:

Mit dem in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG enthaltenen Verweis auf das Vorliegen einer Rechnung i. S. d. §§ 14, 14a UStG ergibt sich, dass eine Rechnung nach nationaler Rechtlage auch den Vorgaben der §§ 14, 14a UStG entsprechen muss und daher sämtliche dort genannten Angaben enthalten muss (Vollständigkeitsgebot). Das deutsche Umsatzsteuerrecht entspricht in diesem Punkt den unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. Langer/Zugmaier, DStR 2016, 2250). Sehr vielfältig und zum Teil widersprüchlich ist jedoch die Handhabung der Finanzverwaltung und Gerichte zu folgenden Themen:

  • Detaillierungsgrad der Rechnungsangaben,
  • Berichtigungen fehlerhafter Rechnungen,
  • Gutglaubensschutz, etc.

Die Finanzverwaltung sowie die deutschen Gerichte tendierten bisher zu einer eher strengen, teilweise sehr formalen Handhabung. Der EuGH weicht die engen Grenzen in seiner jüngeren Rechtsprechung auf (vgl. Langer/Zugmaier, DStR 2016, 2250; Becker, NWB 2016, 1344; Becker, NWB 2016, 3374; Lohse/Zanzinger, DStR 2016, 1244 f.; Spatscheck/Stenert, DStR 2016, 1074 ff., BFH vom 07.07.2015, Az: V R 23/14, NWB Datenbank, DAAAF-00986).

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