Rz. 35

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Ob die vorstehend beschriebene Rechtslage auch auf die Lieferung in ein Konsignationslager anzuwenden ist, war umstritten. Abschn. 3.12. Abs. 3 S. 7 UStAE a. F. regelte hierzu pauschal, dass bei einem Verbringen in ein Auslieferungs- oder Konsignationslager im Zeitpunkt des Beginns der Versendung des Gegenstands in das Lager keine Verschaffung der Verfügungsmacht gegenüber einem feststehenden Abnehmer vorliegen soll (vgl. Abschn. 1a.2 Abs. 6 UStAE a. F.). Nach Verwaltungsauffassung erfolgte demnach zuerst ein i.g. Verbringen mit entsprechender Erwerbsbesteuerung, während die anschließende Lieferung an den Abnehmer (Entnahme aus dem Lager) eine steuerbare und steuerpflichtige Inlandslieferung darstellte. Ausführlich zur bisherigen Verwaltungsauffassung, Verfahrensweise, Registrierungspflicht sowie mit Beschreibung von Vereinfachungsregelungen anderer Mitgliedstaaten vgl. OFD Frankfurt vom 15.12.2015, Az: S 7100 a A – 4 – St 110, DStR 2016, 1032 (zur grundsätzlichen Behandlung des Konsignationslagers vgl. Weimann in UidP, 14. Aufl. 2016, Kap. 33; zur Kritik an der "stark verkürzten" Darstellung in der Verfügung der OFD Frankfurt vom 15.12.2015, a. a. O., und zur Konsignationslagerregelung in Belgien vgl. Langner/Vastmans in UStB 2016, 278 ff.). Zur Behandlung des Verbringens in ein rumänisches Konsignationslager vgl. FinBeh Hamburg vom 07.12.2015, Az: S 7071 – 2012/002 – 51.

 

Rz. 36

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Zur Behandlung der Einlagerung in ein Konsignationslager hat sich der BFH in zwei Urteilen geäußert (vgl. BFH vom 20.10.2016, Az: V R 31/15, BStBl II 2017, 1076 und BFH vom 16.11.2016, Az: V R 1/16, BStBl II 2017, 1079. Demnach ist der Lieferort nach § 3 Abs. 6 UStG zu bestimmen, wenn der Abnehmer bei Beginn der Versendung feststeht. Eine kurzzeitige Lagerung des Gegenstandes der Lieferung nach Beginn der Versendung in einem Auslieferungslager soll dabei unschädlich sein. Steht der Abnehmer bei Beginn der Versendung hingegen noch nicht fest, liegt ein innergemeinschaftliches Verbringen vor. Die Verwaltung hat die Regelung in Abschn. 1a.2 Abs. 6 UStAE a. F. und Abschn. 3.12 Abs. 3 UStAE a. F. entsprechend angepasst und die Rechtsprechung des BFH damit übernommen. Sie verlangt, dass der Abnehmer den Liefergegenstand bei Beginn der Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat (vgl. Abschn. 1a.2 Abs. 6 S. 4 – 9 UStAE und Abschn. 3.12 Abs. 3 und Abs. 7 UStAE i. d. F. des BMF-Schreibens vom 10.10.2017, Az: III C 3 – S 7103-a/15/10001, BStBl I 2017, 1442 – grundsätzliche Anwendung auf alle offenen Fälle, Nichtbeanstandungsregelung für Fälle vor dem 01.01.2018 [Nichtbeanstandungsregelung verlängert 01.01.2019, vgl. BMF vom 14.12.2017, Az: III C 3 – S 7103-a/15/10001, BStBl I 2017, 1673, nochmals verlängert 01.01.2020, vgl. BMF vom 31.10.2018, III C 3-S 7103-a/15/10001, BStBl I 2018, 1203]; ergänzend vgl. OFD Frankfurt vom 07.12.2017, Az: S 7100 a A – 004 – St 110, UR 2018, 219, und OFD Frankfurt am Main vom 08.11.2018, S 7100a A-004-St 110).

Literaturhinweise: Langer in DStR 2017, 242 ff.; Müller in UR 2017, 615 ff. (speziell zu den Auswirkungen auf die Automobilindustrie); Liebchen/Kaiser in BB 2017, 224 ff.; Robisch in NWB 2017, 3486 ff. und in MwStR 2017, 893 f.; Rolfes in StuB 2017, 347 ff. und StuB 2018, 67 ff.; Gries/Stößel in NWB 2017, 1810 ff.

Das Hessische FG bestätigte im Jahr 2021, dass eine nur kurzzeitige Lagerung nach dem Beginn der Versendung nicht zur Unterbrechung der Versendung führt. Bei Rahmenverträgen mit Kunden über Lieferungen, in denen sich der Lieferer zur Lieferung bestimmter monatlicher bzw. jährlicher Abnahmemengen und der Abnehmer zur Abnahme dieser Mengen verpflichtet habe, stehe der Abnehmer bei Beginn der jeweiligen Versendung fest (vgl. Hessisches FG vom 04.05.2021, 1 K 195/14, rkr.).

 

Rz. 37

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Der Unionsgesetzgeber führte mit Umsetzungstermin 01.01.2020 eine unionsweite Sonderregelung für sog. Konsignationslager ein. Der neu geschaffene § 17a MwStSystRL wurde im nationalen Recht als § 6b UStG zum 01.01.2020 übernommen. Im Wesentlichen bewirkt die Neuregelung, dass Warenlieferungen zwischen zwei Mitgliedstaaten, die über ein Konsignationslager erfolgen und eine Verbleibensfrist von 12 Monaten einhalten, erst im Zeitpunkt der Entnahme aus dem Lager als i. g. Lieferungen aus dem Warenabgangsland (nicht dem Lagerstaat) angesehen werden. Dies unterscheidet sich von der vorstehend geschilderten Lösung des BFH, bei welcher die Lieferungen bereits im Zeitpunkt des Beginns der Warenbewegung als i. g. Lieferungen gelten. Auf die ausführliche Kommentierung zu § 6b UStG wird verwiesen.

Die Finanzverwaltung nahm mit BMF-Schreiben vom 10.12.2021 (III C 3-S 7146/20/10001:005, BStBl I 2021, 2492) ausführlich zur Neuregelung Stellung. Neben der Einfügung neuer Abschn. 6b.1 und 6b.2 UStAE ist von Relevanz, dass die BFH-Rechtsprechung weiterhin anzuwenden ist, falls § 6b UStG bereits dem Grunde nach keine Anwendun...

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