Rz. 55

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Auch für touristische Unternehmen ergab sich bei Auflage von Drittlandreisen seit dem 01.01.2010 – ähnlich wie für "Mobilienarbeiter" (Anlagenbauer u.Ä., vgl. § 3a Rn. 108 ff.) – zunächst die Gefahr einer Doppelbesteuerung! Um diese auszuschalten, hat das BMF zeitnah reagiert und Rz. 21 des Einführungsschreibens zur Neuregelung des Orts der sonstigen Leistungen (BMF vom 04.09.2009, BStBl I 2010, 1005) wie folgt ergänzt (BMF vom 08.12.2009, BStBl I 2009, 1612):

„(15) Werden Güterbeförderungsleistungen, im Zusammenhang mit einer Güterbeförderung stehende Leistungen wie Beladen, Entladen, Umschlagen (vgl. § 3b Abs. 2 UStG), Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen oder Reisevorleistungen i. S. d. § 25 Abs. 1 S. 5 UStG tatsächlich ausschließlich im Drittlandsgebiet – mit Ausnahme der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete – erbracht und ist der Leistungsort für diese Leistungen unter Anwendung von § 3a Abs. 2 UStG im Inland, wird es nicht beanstandet, wenn

diesen Umsatz nicht der Umsatzbesteuerung in Deutschland unterwirft.”

 

Rz. 56

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Vorteile der Neufassung des BMF-Schreibens verdeutlicht ein Beispielfall (vgl. Weimann, UStB 2010, 254):

 

Beispiel 17:

D mit Sitz in Dortmund legt als Reiseveranstalter Asienreisen für Pauschalreisende (= Privatleute) auf. Für eine Sightseeing-Tour durch Vietnam kauft D folgende Leistungen ein:

  1. Hotelübernachtungen in Hanoi,
  2. Verpflegungsleistungen in diversen vietnamesischen Restaurants,
  3. Personenbeförderungen mit Bussen innerhalb Vietnams,
  4. Reiseleitung- und -betreuung vor Ort,
  5. Ausflüge, aufgelegt von örtlichen Agenturen,
  6. Mietwagen für Ausflüge "auf eigene Faust".

Lösung:

Nach Rz. 21 n. F. verzichtet die deutsche Finanzverwaltung auf die Umsatzbesteuerung, soweit bei ausschließlich im Drittlandsgebiet erbrachten Reisevorleistungen (§ 25 Abs. 1 S. 5 UStG) die neue B2B-Vorschrift (§ 3a Abs. 2 UStG) zu einer Verlagerung des Besteuerungsortes nach Deutschland führt:

zu a): Die Hotelübernachtungen erbringen die Hoteliers gem. § 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG am Belegenheitsort der Hotels in Vietnam. Die Übernachtungen sind nach deutschem (europäischem) USt-Recht nicht steuerbar. D erhält insoweit Netto-Rechnungen; die Verzichtsregelung wirkt sich nicht aus.

zu b): Die Verpflegungsleistungen erbringen die Restaurantbetreiber gem. § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b UStG am Tätigkeitsort (Ort des "Essenausgabe") und damit ebenfalls in Vietnam. Die Ausführungen zu a) gelten entsprechend.

zu c): Die Personenbeförderungen erbringen die Transportunternehmer gem. § 3b Abs. 1 UStG auf der Beförderungsstrecke – in Vietnam. Damit gelten auch hier die Ausführungen zu a) entsprechend.

zu d): Reiseleitung und -betreuung sind Leistungen eigener Art, für die das UStG keine Sonderregelung vorsieht; Leistungsort ist damit gem. § 3a Abs. 2 UStG der Sitzort des D in Dortmund. Hier verzichtet Rz. 21 n. F. nun jedoch auf die Umsatzbesteuerung – und zwar sowohl bezüglich der von in Deutschland ansässigen Unternehmern (§ 13a UStG) als auch von im Ausland ansässigen Unternehmern (§ 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG) im Drittland erbrachten Leistungen. Dies hat erhebliche Bedeutung. § 25 Abs. 2 S. 1 UStG stellt zwar die "Reiseleistungsmarge" des D insoweit umsatzsteuerfrei; gleichzeitig untersagt § 25 Abs. 4 UStG aber den Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Eingangsleistungen. Die Verzichtsregelung führt mithin für D zu einer echten (endgültigen) Steuerersparnis.

zu e): Für die Ausflüge gelten – schon der Einfachheit halber – die Ausführungen unter d) entsprechend. Wäre das nicht der Fall, wären wohl § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG (Zurechnung zu den Ausflugszielen?) oder § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG (Ausflüge als unterhaltende oder kulturelle Veranstaltung?) zu prüfen (a. A. Nieskoven, GStB 2010, 59).

zu f): Die Überlassung der Mietwagen erbringen die Vermieter gem. § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG am Übergabeort in Vietnam. Damit gelten die Ausführungen zu a) entsprechend.

 

TIPP

Werden Reisevorleistungen tatsächlich ausschließlich im Drittlandsgebiet erbracht, entfällt damit die Beststeuerung. Dies gilt

  • sowohl dann, wenn der Mandant die Reisevorleistung für an einen anderen (deutschen) Unternehmer erbringt (Hinweis: Der Leistungsort liegt – wenn keine Sonderregelung greift – in diesem Fall gem. § 3a Abs. 2 UStG in Deutschland. Der Mandant ist damit gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG eigentlich Steuerschuldner.)
  • als auch dann, wenn der (deutsche) Mandant die Reisevorleistung von einem ausländischen Dienstleister einkauft, um damit selbst eine Reise zu produzieren. (Hinweis: Der Leistungsort liegt – wenn keine Sonderregelung greift – in diesem Fall gem. § 3a Abs. 2 UStG in Deutschland. Der Mandant ist damit gem. § 13b Abs. 1 UStG bei ...

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