Rz. 16

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Der Grundfall des i. g. Erwerbs wird dadurch gekennzeichnet, dass der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats gelangt (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Dabei ist der Erwerber ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erwirbt (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG) und erfolgt die Lieferung durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG).

 
Praxis-Beispiel

Der französische Unternehmer F liefert eine Maschine an den deutschen Unternehmer D. Beide Unternehmer treten unter den USt-IdNr. ihrer Heimatländer auf. F erteilt an D noch im Liefermonat April 2018 eine Rechnung über 5000 EUR ohne offenen Steuerausweis und verweist in dieser Rechnung auf das Vorliegen einer i. g. Lieferung.

Lösung:

Der französische Lieferer F erbringt eine i. g. Lieferung. Der Gegenstand der Lieferung gelangt aus seiner Sicht bei der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (aus seiner Sicht = Deutschland; vgl. national § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Sein Abnehmer ist Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt (vgl. national § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG; verdeutlicht wird dies durch die Verwendung der deutschen USt-IdNr. des Abnehmers D). Der Erwerb des Liefergegenstandes unterliegt beim Erwerber (= deutscher Unternehmer D) der Erwerbsbesteuerung (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Gemessen an den deutschen Bestimmungen wäre die Lieferung des F steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG. Auf Seiten des deutschen Erwerbers D liegt ein i. g. Erwerb vor. Der Gegenstand der Lieferung gelangt bei der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats (= Frankreich) in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats (= Deutschland; vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Der Erwerber D ist Unternehmer und erwirbt den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG). D signalisiert diese Voraussetzung durch die Verwendung seiner deutschen USt-IdNr. Die Lieferung erfolgt auch durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG). Diese Voraussetzungen signalisiert F dadurch, dass auch er unter seiner französischen USt-IdNr. auftritt. Der Ort des i. g. Erwerbs liegt in Deutschland, da sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung in diesem Mitgliedstaat befindet (vgl. § 3d S. 1 UStG). Der i. g. Erwerb ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG und mangels Steuerbefreiung (hier unterstellt) steuerpflichtig. Die Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 S. 1 UStG das Entgelt i. H. v. 5000 EUR. Der Steuersatz entspricht dem Regelsteuersatz von 19 % (950 EUR; vgl. § 12 Abs. 1 UStG). Die Steuer auf den i. g. Erwerb entsteht im April 2018, da F hier die Rechnung ausstellt (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG). Steuerschuldner der Erwerbsteuer ist D (vgl. § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG kann D aus dem i. g. Erwerb Vorsteuern beanspruchen, sofern er nicht unter einen der Ausschlussgründe in § 15 Abs. 2 und 3 UStG fällt.

2.1.1 Warenbewegung bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb

 

Rz. 17

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt ein i. g. Erwerb vor, wenn bei einer Lieferung der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats gelangt. Ein i. g. Erwerb kann ebenfalls vorliegen, wenn der Gegenstand der Lieferung aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet (vgl. Abschn. 1.10 UStAE) in eines der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete gelangt (Freihäfen oder in die Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie).

 

Rz. 18

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Entsprechend dem Wortlaut des § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG muss der Gegenstand in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangen. Wie genau dieses Gelangen erfolgt, wird im Gesetz nicht näher angesprochen. Unter die Vorschrift fallen daher sowohl die Beförderung als auch die Versendung des Liefergegenstandes. Keine Rolle spielt es, ob die Beförderung oder Versendung (zu den Begriffen vgl. § 3 Abs. 6 UStG) durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen beauftragten Dritten erfolgt (vgl. Abschn. 1a.1 Abs. 1 S. 3 UStAE).

 

Rz. 19

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Eine konkrete Frist für die Beförderung ist in Art. 20 MwStSystRL nicht vorgesehen (vgl. ausführlich EuGH vom 18.11.2010, Rs. C-84/09 "x/Skatteverket", JStR 2010, 910 – Erwerb eines Segelboots), erforderlich sind jedoch ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang sowie ein kontinuierlicher Ablauf.

 

Rz. 20

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Da § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG lediglich den Ausgangs- und den Endpunkt der Beförderung oder Versendung bestimmt, ist eine Durchfuhr durch andere EU-Staaten, aber auch durch Drittstaaten unschädlich. Das Gelangen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates liegt auch dann vor, wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat. Beginnt demnach die Beförderung und Versendung in einem D...

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