Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechnungsbegriff bei Ausstellung von Scheinrechnungen i. S. d. § 14c UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Auslegung des § 14c UStG, der keinen eigenen Rechnungsbegriff definiert, ist auf den allgemeinen Rechnungsbegriff des § 14 Abs. 1 bis 4 UStG abzustellen; denn § 14c UStG enthält keine eigene Definition der Rechnung. Deswegen muss der allgemeine Rechnungsbegriff des § 14 Abs. 1 bis 4 UStG gelten.

2. Das Gericht folgt somit nicht der gegenteiligen Auffassung, dass die Rechnung i. S. d. § 14 c UStG kein Dokument sein muss, das alle für den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben enthält.

3. Eine Rechnung i. S. d. § 14c UStG liegt nur dann vor, wenn sie sämtliche für den Vorsteuerabzug erforderlichen, in § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben enthält; denn eine Gefährdung des Steueraufkommens wird nur durch Rechnungen ausgelöst, die aufgrund aller in § 14 Abs. 4 UStG genannten Merkmale zum Vorsteuerabzug berechtigen.

 

Normenkette

UStG 2005 § 14c Abs. 2, § 14 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.02.2011; Aktenzeichen V R 39/09)

 

Tenor

1. Der Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 29.08.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.02.2007, geändert durch Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 23.06.2009, wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer um 74.121,60 EUR herabgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin Umsatzsteuer (USt) wegen unberechtigten Steuerausweises schuldet.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Produktion und zum Vertrieb von Spirituosen in der Rechtsform einer GmbH. Im Rahmen einer im Januar 2006 durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin in den Monaten April, Mai und Juni 2005 insgesamt drei „Rechnungen” an die T. GmbH gelegt hatte. In diesen Rechnungen war USt i.H.v. (22.491,84 EUR + 23.889,60 EUR + 27.740,16 EUR =) insgesamt 74.121,60 EUR gesondert ausgewiesen. Die in den Rechnungen bezeichneten Lieferungen wurden nicht ausgeführt. Die Rechnungsempfängerin verwendete die Rechnungen zum Vorsteuerabzug. Der Beklagte erfasste die gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge in geänderten USt-Vorauszahlungsbescheiden vom 26.04.2006 für April, Mai und Juni 2005 unter Hinweis auf § 14 c Abs. 2 UStG.

Hiergegen legte die Klägerin am 10.05.2006 Einspruch ein. Diesen begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass die streitigen Rechnungen keine Rechnungen i. S. d. § 14 c UStG i.V.m. § 14 UStG seien, da sie keinen Lieferzeitpunkt (§ 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG) und keine fortlaufende Rechnungsnummer (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 UStG) enthielten. Die Rechnungen seien nicht zum Vorsteuerabzug geeignet gewesen.

Am 29.08.2006 erließ der Beklagte einen USt-Jahresbescheid für 2005, welcher zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Den Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 09.02.2007 zurück. Die Rechtsfolgen des § 14 c UStG würden unabhängig davon eintreten, ob die Rechnungen alle in § 14 Abs. 4 UStG genannten Merkmale enthielten. Es genüge, wenn die Rechnung neben dem gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag den Rechnungsaussteller und das Entgelt als unverzichtbare Mindestbestandteile enthalte.

Hierauf erhob die Klägerin am 09.03.2007 Klage, in der sie die im Einspruchsverfahren geltend gemachte Begründung aufrechterhält.

Die Klägerin beantragt,

den USt-Bescheid für 2005 vom 29.08.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.02.2007, geändert durch USt-Bescheid für 2005 vom 23.06.2009 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 74.121,60 EUR herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Einspruchsentscheidung aus den bereits erwähnten Gründen fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin ist zu Unrecht für die unberechtigt ausgewiesene USt gem. § 14 c Abs. 2 UStG in Anspruch genommen worden.

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er eine Lieferung oder Leistung nicht ausgeführt hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Alt. 2 UStG).

Die Voraussetzungen der Norm sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat drei als „Rechnung” überschriebene Dokumente mit gesondertem Ausweis von USt ausgestellt und Dritten übergeben, obwohl sie die darin bezeichneten Lieferungen nicht ausgeführt hat (Luft- oder Scheinrechnungen). Bei diesen drei streitgegenständlichen „Rechnungen” handelt es sich nach der Auffassung des Senats nicht um Rechnungen i. S. d. § 14 ...

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