Rz. 30

[Autor/Stand] Reformvorschläge des IF. Nachdem im Aktionspunkt 1 des BEPS-Projekts der OECD/G20-Staaten zur Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden konnten, wurde das Inclusive Framework on BEPS (IF) – bestehend aus weltweit 137 Staaten[2] – beauftragt, Lösungsvorschläge zu den steuerlichen Herausforderungen der Digitalisierung zu erarbeiten. Nach einem Zwischenbericht im März 2018 wurde am 23.1.2019 eine "Policy Note" verabschiedet, die im Kern eine Ausweitung von Quellenbesteuerungsrechten der Marktstaaten (Säule 1) sowie die Entwicklung einer Mindestbesteuerung und von steuerlichen Abzugsbeschränkungen für gruppeninterne Zahlungen in Niedrigsteuerstaaten (Säule 2) beinhaltet.[3] Die Reformvorschläge des IF wurden zunächst in einem Arbeitsprogramm v. 28./29.5.2019 zusammengefasst[4] und dann in Konsultationspapieren v. 9.10.2019 (Säule 1)[5] und v. 8.11.2019 (Säule 2)[6] fortentwickelt.[7] Das eigentlich artikulierte Ziel, die Arbeiten bis Ende 2020 abzuschließen und bis dahin ausgearbeitete Vorschläge zu unterbreiten, wurde aufgrund der durch die COVID-19-Krise resultierenden Verzögerungen sowie Uneinigkeiten unter den Mitgliedstaaten des IF verfehlt. Als weiteren "Zwischenschritt" wurden am 12.10.2020 zwei Berichte (sog. "Blueprints") zur Säule 1 und 2 veröffentlicht, die technische Details der Reformvorschläge darstellen, die bisherigen Konsultationspapiere konkretisieren sowie die weitere Vorgehensweise zusammenfassen.[8] Darüber hinaus wurde ein Report veröffentlicht, in dem die Steuerauswirkungen und die Konsequenzen für Investitionen aus den Reformvorschlägen erörtert werden.[9]

 

Rz. 31

[Autor/Stand] Mindestbesteuerung nach der Säule 2. Säule 2 knüpft an das BEPS-Projekt an, geht aber zugleich einen Schritt weiter.[11] Denn das IF möchte nicht nur die Steuergestaltung der internationalen Konzerne noch weiter zurückdrängen, die sich bereits seit 2013 im Visier der G20 befindet, sondern auch den anhaltenden internationalen Steuerwettbewerb eindämmen, der einen fortbestehenden Anreiz für grenzüberschreitende Steuergestaltungen schafft. Allerdings können die Hochsteuerländer, deren Steuersubstrat in Niedrigsteuerländer abfließt, nur einen begrenzten Einfluss auf das als unfair empfundene Verhalten der Niedrigsteuergebiete ausüben. Zudem haben etliche OECD-Mitgliedstaaten nexuskonforme Vorzugsregime eingeführt, die ebenfalls zur Niedrigbesteuerung führen. Deshalb enthält Säule 2 koordinierte Gegenmaßnahmen der Hochsteuerländer, die unter dem Schlagwort "globale Mindestbesteuerung" bzw. "GloBE-Proposal" zusammengefasst werden. Unmittelbarer Adressat der Gegenmaßnahmen sind internationale Großkonzerne[12], denen der Vorteil niedrig besteuerter Gewinne durch eine Art Ersatzbesteuerung seitens der Hochsteuerländer genommen werden soll. Mittelbar richtet sich Säule 2 aber gegen die staatlichen Verursacher der Niedrigbesteuerung, deren "Geschäftsmodell" nicht mehr trägt, wenn die "Kunden" – d.h. die internationalen Konzerne – ihre dortigen Steuervorteile aufgrund einer Ersatzbesteuerung der Einkünfte in anderen Ländern wirtschaftlich nicht behalten können. Es handelt sich um einen Paradigmenwechsel, denn das BEPS-Projekt sollte den reinen Steuersatzwettbewerb um reale Investitionen gerade nicht einschränken.[13] Die Kernelemente der Ersatzbesteuerung waren bereits im Arbeitsprogramm v. 28.5.2019 enthalten[14] und umfassen

  • eine neuartige Hinzurechnungsbesteuerung ("Income Inclusion Rule" – IIR), wonach die niedrig besteuerten Gewinne ausländischer Zwischengesellschaften der in einem Hochsteuerland ansässigen Muttergesellschaft zugerechnet und bei dieser einer Zusatzsteuer unterworfen werden,
  • eine zusätzliche Steuerbelastung für grenzüberschreitende Zahlungen, die den Gewinn des Schuldners mindern und auf Ebene des konzernangehörigen Empfängers nicht hinreichend besteuert werden, die durch Abzugsbeschränkungen beim Schuldner bzw. Erhebung von Quellensteuern herbeigeführt werden soll ("Undertaxed Payments Rule" – UTPR),
  • die Beschränkung von DBA-Vergünstigungen für im Ansässigkeitsstaat niedrig besteuerte Einkünfte, wozu insbesondere die Einführung von Rückfallklauseln gehört, die es dem Quellenstaat ermöglichen, verschiedene Abkommensvergünstigungen vom Nachweis einer ausreichend hohen Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Gläubigers abhängig zu machen ("Subject to Tax Rule" – STTR), sowie
  • Anwendungsregeln, die der Koordination der verschiedenen Gegenmaßnahmen dienen und eine Mehrfachbesteuerung verhindern sollen ("Rule Coordination").

Die vorstehenden Maßnahmen wurden in einem knapp 250 Seiten starken "Report on Pillar Two Blueprint" konkretisiert.[15] Am 3.6.2021 haben sich die G7-Staaten und am 9.7.2021 die G20-Staaten auf eine Umsetzung der Säule 2 verständigt.[16] In welcher Form und wann konkret die globale Mindestbesteuerung umgesetzt werden soll, ist derzeit offen. Offensichtlich ist allerdings, dass die Idee der "Income Inclusion Rule" zu einer weltweiten ...

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