Auswirkungen der globalen Mindeststeuer auf IFRS für KMU

Mit dem Entwurf "Internationale Steuerreform — Säule-2-Modellregeln (Vorgeschlagene Änderungen am IFRS für KMU)" soll eine Angleichung an ähnliche Änderungen an IAS 12 Ertragsteuern erreicht werden, die im letzten Monat veröffentlicht wurden.

Der International Accounting Standards Board (IASB) hat am 1.6.2023 den  Exposure Draft ED/2023/3 veröffentlicht. Die Kommentierungsfrist endet bereits am 17.7.2023 (verkürzte Kommentierungsfrist).

Der Entwurf "Internationale Steuerreform — Säule-2-Modellregeln (Vorgeschlagene Änderungen am IFRS für KMU)" schlägt eine vorübergehende Ausnahme/Erleichterung ("temporary exception") bei der Bilanzierung latenter Steuern vor, die sich infolge der bevorstehenden Umsetzung der Mindeststeuerkomponente (sog. Pillar 2) der internationalen Steuerreform der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf europäischer Ebene ergeben.

Hintergrund: Globale Mindestbesteuerung nach Pillar 2

Unter der Schirmherrschaft der OECD arbeiten mehr als 100 Staaten an einer Reform der Weltsteuerordnung. Ziel ist es, den Wettlauf nach unten ("race to the bottom") bei den Körperschaftsteuersätzen eindämmen, durch Einräumung eines – global einheitlichen und verbindlichen – Rechts zur zusätzlichen Mindestbesteuerung des in einer Jurisdiktion erzielten Gewinns ausländischer Tochter- und/oder Mutterunternehmen.

Anfang Oktober 2021 haben sich fast 140 Länder des sog. Inclusive Framework der OECD/G20 gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung ("Base Erosion and Profit Shifting“, kurz: BEPS) auf eine Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung geeinigt. Im Dezember 2021 veröffentlichte die OECD dann ihre model rules zur globalen Mindestbesteuerung. Danach verständigten sich die Länder des Inclusive Framework auf ein Regelwerk.

Internationale Körperschaftsteuervorschriften: Die beiden Säulen der Reform

Die Reform der internationalen Körperschaftsteuervorschriften umfasst 2 Säulen (pillars):

  • Pillar 1: Ein neues System der Zuweisung von Besteuerungsrechten bzgl. der größten multinationalen Unternehmen an die Steuerhoheitsgebiete, in denen die Gewinne erwirtschaftet werden.
  • Pillar 2: Vorschriften, mit denen die Möglichkeiten für Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung verringert werden. Ziel ist ein Mindestsatz an Körperschaftsteuer für die größten multinationalen Unternehmensgruppen. Betroffen sind in Europa (inter-)nationale Unternehmensgruppen, die einen konsolidierten Konzernumsatz von mehr als 750 Mio. EUR in 2 der vorangegangenen 4 Jahren erwirtschaftet haben. Für Erhebungszeiträume ab dem 1.1.2023 wird über die sog. income inclusion rule, die mit der klassischen Hinzurechnungsbesteuerung verschiedener Länder vergleichbar ist, auf Ebene der Konzernobergesellschaft eine Zusatzsteuer (top-up tax) erhoben. Sofern die nach dem eigenständigen Regelungskonzept ermittelte effective tax rate unter 15 % liegt, wird die top-up tax erhoben. Damit soll die effektive Ertragsteuerbelastung multinationaler Konzerne mit (mindestens) 15 % sichergestellt werden.

Die EU-Mitgliedstaaten haben beschlossen, dem Europäischen Rat zu empfehlen, die Richtlinie zu Pillar 2 anzunehmen. Es wird ein schriftliches Verfahren für die förmliche Annahme eingeleitet. Im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten wurde am 12.12.2022 die erforderliche einstimmige Unterstützung, somit rechtliche Verankerung, erzielt. Die Richtlinie muss damit bis Ende 2023 in das nationale Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

Änderungsvorschläge des ED/2023/3 im Überblick

Wie bereits im Änderungsentwurf ED/2023/1 (siehe News) schlägt der IASB eine temporäre Ausnahme von den Vorschriften im IFRS für KMU vor. Damit würden KMU keine aktiven und passiven latenten Steuern im Pillar 2 der internationalen Steuerreform bilanzieren und keine Angaben dazu leisten. Jedoch würden KMU angeben, dass die Ausnahmen angewendet wurden.

Zudem solle klargestellt werden, dass "andere Ereignisse" verabschiedete und damit gültige und angekündigte Rechtsvorschriften ("enacted or substantively enacted Pillar Two legislation") von Pillar 2 umfassen. Neue Angabevorschriften für Perioden, in denen das Gesetz zu Pillar 2 verabschiedet, jedoch noch nicht in Kraft getreten ist, soll es nach dem Entwurf nicht geben. Des Weiteren sollen KMU den laufenden Steueraufwand hinsichtlich der Ertragsteuern von Pillar 2 gesondert ausgewiesen werden, sofern Pillar 2 in Kraft getreten ist.

Die Ausnahmeregelung solle dem IASB zufolge von KMU sofort nach Veröffentlichung der Änderungen rückwirkend angewendet werden sowie die weiteren Angabevorschriften für jährlich Berichtsperioden befolgen, die am oder nach dem 1.1.2023 beginnen.

Ziel der Angleichung wurde erreicht

Das Ziel der Angleichung an die ähnlichen Änderungen an IAS 12 "Ertragsteuern" im Entwurf ED/2023/1 scheint mit Blick auf die Änderungen des Entwurfs ED/2023/3 erreicht zu werden. Die vorgeschlagenen Ergänzungen würden eine Verschnaufpause für betroffene KMU bieten bei gleichzeitiger Sicherstellung des besten Informationsgehalts für die Jahresabschlussadressaten.

Schlagworte zum Thema:  IFRS, IASB, Mittelständische Unternehmen