Rz. 36

Anstelle der EUSt[1] tritt im kommerziellen Unionsverkehr die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs.[2] Daneben wird das unternehmensinterne Verbringen wie ein innergemeinschaftlicher Erwerb behandelt.[3]

 

Rz. 37

Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt nach § 1a Abs. 1 UStG unter folgenden Voraussetzungen vor:

  • Es muss sich um die Lieferung eines Gegenstands handeln (Rz. 38ff.).
  • Der Gegenstand muss im Rahmen einer Lieferung an den Erwerber gelangen (Rz. 48ff.).
  • Der Erwerber ist

    • ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt (Rz. 86ff.) oder
    • eine juristische Person, die entweder nicht Unternehmer ist oder die Unternehmer ist, aber den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erworben hat (Rz. 98ff.).
  • Die Lieferer muss ein Unternehmer sein (Rz. 104ff.), der die Lieferung

    • gegen Entgelt (Rz. 63f. und 110ff.)
    • im Rahmen seines Unternehmens ausführt (Rz. 107) und
    • nicht als Kleinunternehmer in seinem Mitgliedstaat Steuerfreiheit genießt (Rz. 113ff.).
  • Der Liefergegenstand muss in das Inland oder in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete gelangen (Rz. 80ff.).

Der steuerpflichtige Erwerb bedeutet, als Unternehmer oder juristische Person einen Gegenstand im innergemeinschaftlichen Verkehr von einem Unternehmer, der nicht unter die Kleinunternehmerregelung fällt, entgeltlich geliefert zu erhalten.[4] Die Regelung über den innergemeinschaftlichen Erwerb beruht auf Art. 20ff. MwStSystRL.

[4] Widmann, UR 1992, 249, 252.

3.1 Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG)

3.1.1 Lieferung eines Gegenstands

 

Rz. 38

Dem innergemeinschaftlichen Erwerb unterliegen nach § 1a Abs. 1 UStG nur Lieferungen. Eine Lieferung liegt vor, wenn ein Unternehmer den Erwerber befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen.[1] In Art. 20 Abs. 1 MwStSystRL wird der Erwerb selbst als "die Erlangung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen beweglichen körperlichen Gegenstand zu verfügen" definiert. Der nationale Gesetzgeber hat in § 1a Abs. 1 UStG sichergestellt, dass Umsätze als "innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen" eingestuft werden, die als "Lieferung von Gegenständen" eingestuft würden, wenn sie in ihrem Gebiet von einem Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, getätigt worden wären.[2] So ist der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands erst dann bewirkt, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist.[3]

Gegenstände sind in erster Linie körperliche Gegenstände. Zu den Gegenständen i. S. d. UStG gehören auch solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Gegenstände behandelt werden (z. B. elektrischer Strom, Gas, Wärme, Kälte, Wasserkraft). Umsätze, die unbewegliche Gegenstände (z. B. Grundstücke) betreffen, unterliegen nicht der Erwerbsbesteuerung (§ 6a UStG Rz. 44ff.).[4]

 

Rz. 39

Werden im Zusammenhang mit der Lieferung des Gegenstands weitere Leistungen erbracht (z. B. Beförderung, Lagerung, Konzessionen), handelt es sich insoweit zunächst um sonstige Leistungen – unionsrechtlich um Dienstleistungen gem. Art. 24ff. MwStSystRL –, die grundsätzlich nicht der Erwerbsteuer unterliegen. Diese Leistungen teilen jedoch das Schicksal der Hauptleistung (Lieferung eines Gegenstands), wenn sie zusammen mit der Lieferung als einheitlicher wirtschaftlicher Umsatz anzusehen sind, d. h. wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein unteilbares Ganzes bilden, und wenn sie eine Nebenleistung zur Lieferung darstellen. Die Annahme einer einzigen Leistung kommt nur in Betracht, wenn die Leistungen von demselben Unternehmer an denselben Erwerber erbracht werden – Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung.[5]

 

Rz. 40

Eine einheitliche Gesamtleistung ist anzunehmen, wenn die Leistungen einem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel dienen, ein Gesamtentgelt zu entrichten ist und die Leistungen auf einem einheitlichen Vertrag beruhen. Diese Voraussetzungen liegen im Allgemeinen bei Beförderungsleistungen vor, die der Lieferant in Erfüllung seiner Lieferverpflichtung "frei Haus" ausführt. In diesen Fällen bildet die Beförderungsleistung eine Nebenleistung zur Hauptleistung "Lieferung eines Gegenstands". Das Gleiche gilt für die mit einer Beförderung zusammenhängenden vom Unternehmer erbrachten Leistungen, z. B. Beladen, Umladen, Lagern, Umschlagen, Entladen.

 

Rz. 41

Lauten die Lieferbedingungen "ab Werk", werden die Beförderungs- und damit zusammenhängenden Leistungen im Falle der Versendung nicht vom Lieferanten erbracht, sondern von selbstständigen Beförderungsunternehmen. Diese Leistungen sind als selbstständige innergemeinschaftliche Beförderungsleistungen zu beurteilen, die als inländische sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 2 UStG (i. d. F. seit 1.1.2010) der Besteuerung unterliegen.

 

Rz. 42

Eine Aufteilung der Beförderungsleistungen und der damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen in einen inländischen und ausländischen Anteil[6] entfällt bei den innergemeinschaftlichen Warenbeförderungen.[7] Im Gegens...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge