Rz. 37

Neben den allgemeineren und auf mehrere Steuerarten ausgerichteten Haftungsvorschriften der AO (vgl. Rz. 7) stehen die ebenfalls steuerlichen Haftungsvorschriften der Einzelsteuergesetze. In vielen dieser Gesetze sind für Personen, weil sie neben dem Steuerschuldner Pflichten zu erfüllen haben, oder aus anderen Gründen Haftungsfolgen angeordnet.

9.1 Zollkodex

 

Rz. 37a

Der Zollkodex, der ab 1.1.1994 an die Stelle des ZollG getreten und zwischenzeitlich grundlegend überarbeitet worden ist, kennt eine weit verzweigte und sichernde Regelung von meist mehreren Zollschuldnern. Deswegen enthält der ZK im Gegensatz zum früheren ZollG nicht mehr einzelne Haftungsregelungen. Nur der Bürge gemäß Art. 183 ZK, der nach Art. 195 ZK sich gesamtschuldnerisch zur Zahlung verpflichtet, kann noch als Haftender angesehen werden.[1] Diese Haftung ist allerdings als vertragliche Haftung zu behandeln.[2] Im Übrigen gelten für die wenigen Fälle, die neben den vielfältigen Zollschuldvorschriften noch übrig bleiben, die Haftungsregelungen der AO sowie der über § 191 AO anwendbaren Bestimmungen anderer Gesetze.[3] Diese sind auch auf die Verbrauchsteuern anzuwenden, deren Gesetze ab 1.1.1993 keine Verweisungsvorschriften mehr enthalten.

[1] Wolffgang, in Witte, ZK, Vor Art. 201 Rz. 10.
[3] Ebenso Alexander, in Witte, ZK, Art. 232 Rz. 23; Jatzke, in Gosch, AO/FGO, Vor §§ 69–77 AO Rz. 15.

9.2 Einkommensteuerliche Haftung

 

Rz. 38

Im EStG gibt es eine Reihe von Haftungsvorschriften. Als wichtigste Haftung ist die des Arbeitgebers für die LSt gem. § 42d EStG zu nennen. Aber auch § 44 Abs. 5 EStG für die KapESt und der Steuerabzug für beschränkt Stpfl. sind hier zu nennen. Darüber hinaus enthält das EStG eine Reihe weiterer Haftungsvorschriften.

 

Rz. 38a

Der inländische Arbeitgeber haftet für die LSt, die er einzubehalten und abzuführen hat, die er beim LSt-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat oder die auf Grund fehlerhafter Angaben auf dem Lohnkonto oder in ähnlichen Unterlagen verkürzt werden. Die Haftung geht über diese Tatbestände nicht hinaus, insbesondere nicht über die Einbehaltungs- und Abführungspflichten.[1] Auch schließt die Haftungsmöglichkeit die Festsetzung der LSt durch das FA aufgrund Schätzung nicht aus.[2] Seine Einbehaltungs- und Abführungspflichten verletzt der Arbeitgeber nur, wenn er sich nicht an die Eintragungen auf der LSt-Karte hält. Auf diese Eintragungen kann er sich verlassen. Die Haftung setzt grundsätzlich kein Verschulden voraus.[3] Das Verschulden ist allerdings nicht ohne Bedeutung, es ist insbesondere bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen.[4] Die Haftung des Arbeitgebers ist in den in § 42d Abs. 2 EStG aufgeführten Fällen ausgeschlossen.

Keine Haftung kommt für pauschale LSt in Betracht. Diese ist nämlich eine Steuerschuld des Arbeitgebers und durch Steuerbescheid festzusetzen.[5] Das gilt auch für die nachträgliche Pauschalierung.[6]

 

Rz. 38b

Eine Haftung tritt auch bei Arbeitnehmerüberlassungen ein. Nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist Arbeitgeber mit der Verpflichtung zum Abzug der LSt auch der ausländische Verleiher, der einem Entleiher "Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlässt". Nach § 41 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EStG gilt als Betriebsstätte dieses Arbeitgebers der inländische Ort, an dem die Arbeitsleistung ganz oder überwiegend erbracht wird. Nach § 42d Abs. 6 EStG haftet der Entleiher, dem Arbeitskräfte vom Verleiher gewerbsmäßig überlassen werden, grundsätzlich neben dem Arbeitgeber für die LSt. Die Haftung ist im Fall der nach § 1 AÜG erteilten Erlaubnis insoweit ausgeschlossen, als er nachweist, dass er den in §§ 28a28c SGB IV und § 10 AÜG vorgesehenen Meldepflichten sowie den über die Grenze gehenden Mitwirkungspflichten des § 51 Abs. 1 Nr. 2d EStG nachgekommen ist. Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Entleiher ohne Verschulden über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung im Irrtum war.

 

Rz. 38c

Die Haftung erstreckt sich nur auf die Zeit, in der Arbeitnehmer überlassen waren. Ist die LSt schwer zu ermitteln, so ist die Haftungsschuld mit 15 % des Entgelts (ohne USt), das zwischen Verleiher und Entleiher vereinbart worden ist, anzusetzen, es sei denn, der Entleiher macht einen niedrigeren Betrag glaubhaft.[7] Arbeitgeber (Verleiher), Entleiher und Arbeitnehmer sind Gesamtschuldner der LSt. Der Entleiher darf nur in Anspruch genommen werden, wenn die Zwangsvollstreckung in das inländische Vermögen des Arbeitgebers fehlgeschlagen ist oder keinen Erfolg verspricht. Dabei ist § 219 S. 2 AO entsprechend anzuwenden. Soweit der Entleiher selbst Arbeitgeber wird, haftet der Verleiher so wie sonst der Entleiher. Zur Sicherung der LSt kann das FA anordnen, dass der Entleiher bis zu 15 % seines Entgelts an den Verleiher einbehält und an das FA abführt.[8]

 

Rz. 38d

Weitere einkommensteuerliche Haftungsregelungen sind diejenigen für die Abzugsbeträge bei der KapESt[9] sowie bei der Aufsichtsratvergütung für beschränkt Stpfl.[10] Die Schuldner der Kapit...

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