Rz. 22

Umgekehrt kann der Einspruch gegen einen Folgebescheid nicht mit Einwendungen begründet werden, die dem sachlichen Regelungsinhalt des Grundlagenbescheids zuzuordnen sind. Im Verfahren wegen der auf der Grundlage des Feststellungsbescheids geänderten ESt-Festsetzung, also dem Folgebescheid, sind demgemäß sämtliche Einwendungen gegen die materiell Unrichtigkeit des Grundlagenbescheids ausgeschlossen.[1]

 

Rz. 22a

Der Ausschluss der Einwendungen setzt zunächst voraus, dass der Grundlagenbescheid bei Erlass des Folgebescheids bereits vorliegt.[2]

Wird der Grundlagenbescheid erst nach Erlass des Folgebescheids bekannt gegeben, so greift erst in diesem Zeitpunkt die Sperrwirkung des § 351 Abs. 2 AO ein.[3] Da im Moment seiner Einlegung "Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid" aber noch nicht vorhanden waren, wird der Einspruch dadurch nicht unzulässig.[4] Er ist aber unbegründet. Um einen Erfolg in der Sache zu erreichen, muss der Stpfl. einen Einspruch nunmehr auch gegen den Grundlagenbescheid einlegen.[5] Der Folgebescheid ist wieder in vollem Umfang von dem für ihn zuständigen FA überprüfbar, wenn noch während des gegen ihn anhängigen Einspruchsverfahrens der Grundlagenbescheid ersatzlos aufgehoben wird.[6]

 

Rz. 23

Ist der Grundlagenbescheid angefochten, so ist der Einspruch gegen den Folgebescheid mit der Begründung der Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids zulässig, auch wenn keine weiteren Einwendungen gegen den Folgebescheid erhoben werden.[7] Die Korrekturpflicht der Finanzbehörde nach § 175 S. 1 Nr. 1 AO bei erfolgreichem Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid beseitigt nicht die Beschwer des Einspruchsführers. Diese entfällt erst nach entsprechender Abhilfe, sofern nicht noch andere Einwendungen erhoben werden.[8]

Mit dem Einspruch gegen den Folgebescheid kann stets die Anpassung an den Grundlagenbescheid nach § 175 S. 1 Nr. 1 AO verlangt werden, wenn diese fehlerhaft erfolgt sein sollte.

 

Rz. 24

Ist der Grundlagenbescheid nicht angefochten, so ist der Einspruch gegen den Folgebescheid gleichwohl zulässig, wenn geltend gemacht wird, dass die Bindungswirkung fehlt, z. B. der Grundlagenbescheid wegen fehlerhafter Bekanntgabe unwirksam ist.[9] Hier ergibt sich die Beschwer nicht aus dem Regelungsinhalt des Grundlagenbescheids, sondern aus dem Rechtsschein der Existenz und der rechtsfehlerhaften Anwendung der Korrekturvorschrift.

 

Rz. 25

Die Finanzbehörde kann das Einspruchsverfahren gegen den Folgebescheid gem. § 363 Abs. 1 AO bis zur Entscheidung über den Einspruch gegen den Grundlagenbescheid aussetzen.[10]

[1] BFH v. 29.6.2005, X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749 für die behauptete Feststellungsverjährung.
[5] Seer, in TIpke/Kruse, AO/FGO, § 351 AO Rz. 51.
[9] FG des Saarlandes v. 22.4.1983, I 639/81, EFG 1983, 392; FG Rheinland-Pfalz v. 27.10.1982, I K 136/82, EFG 1983, 392; BFH v. 25.3.1986, III B 6/85, BStBl II 1986, 477; BFH v. 9.11.2005, I R 10/05, BFH/NV 2006, 750.

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