Rz. 7

Kein Fall des § 250 AO ist gegeben, wenn Amtshilfe für eine ausländische Behörde in einem Vollstreckungsverfahren geleistet wird. Die erforderliche Rechtsgrundlage hierfür ergibt sich entweder aus völkerrechtlichen Abkommen mit einzelnen Staaten oder dem EU-Beitreibungsgesetz v. 7.12.2011.[1] Bis zum 31.12.2011 galt hierzu das EG-BeitrG v. 3.5.2003.[2] Einen Überblick zu Möglichkeiten der Amtshilfe gegenüber ausländischen Behörden gibt auch das BMF-Merkblatt v. 23.1.2014[3] zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibung). Über die zwischenstaatliche Amtshilfe durch Auskunftsaustausch, die oftmals der Vollstreckung vorangeht, informiert BMF v. 29.5.2019, IV B 6 S 1320 /07/10004:008, BStBl I 2019, 480.

 

Rz. 8

Das BMF-Merkblatt v. 23.1.2014[4] stellt neben den allgemeinen Formalien, die für ein Vollstreckungsersuchen gelten, auch in Abschn. 5 die Besonderheiten dar, die im Verhältnis zu einzelnen Staaten bestehen. So gilt etwa bei Vollstreckungsersuchen nach Finnland und Italien ein Staatsangehörigkeitsvorbehalt, d. h., Vollstreckungsersuchen in diese Länder sind grundsätzlich nicht zulässig, wenn der Vollstreckungsschuldner Staatsangehöriger des Landes ist und seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt in Finnland bzw. Italien hat. Hingegen spielt etwa die Nationalität in den Abkommen mit Belgien, Frankreich, Kanada, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und Schweden keine Rolle. Irland fordert die Einhaltung gewisser Formalien. Ersuchen nach Luxemburg gelten nicht für Holdinggesellschaften usw. Verschiedene Staaten geben Unterstützung auch für Forderungen, die älter als fünf Jahre sind.[5] Vollstreckungsersuchen auch nach den DBA sollen nur dann gestellt werden, wenn der zu vollstreckende Betrag mehr als 1.500 EUR beträgt. In den Abkommen mit einzelnen Staaten finden sich teilweise hiervon abweichende Beträge[6]

 

Rz. 9

Stets besteht darüber hinaus die Möglichkeit einer zwischenstaatlichen Vollstreckungshilfe im Weg der sog. Kulanzamtshilfe nach § 117 Abs. 3 AO.[7] § 117 AO gilt als allgemeine Verfahrensvorschrift auch für den Bereich des Vollstreckungsrechts. Allerdings setzt § 117 AO voraus, dass eine Gegenseitigkeit besteht, was für den Bereich der Vollstreckung regelmäßig nicht der Fall sein wird, wenn kein entsprechendes Abkommen abgeschlossen wurde.[8]

 

Rz. 9a

Das Beitreibungsersuchen eines FA ist kein Verwaltungsakt, weil es an einer Regelung i. S. v. § 118 AO fehlt. Es ist aber auch kein rein innerbehördlicher Vorgang ohne jede Außenwirkung. Ein betroffener Stpfl. kann damit gegen ein solches Ersuchen im Wege einer Leistungsklage vorgehen.[9] Zutreffender Beklagter ist dabei das FA, welches das Ersuchen gestellt hat, auch wenn für die Übermittlung das Bundeszentralamt für Steuern zuständig ist.[10]

[1] BGBl I 2011, 1171; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 250 AO Rz. 23ff.; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 250 Rz. 10ff.
[2] BStBl I 2003, 318.
[3] IV B 6 – S 1320/07/10001, BStBl I 2014, 188.
[4] IV B 6 – S 1320/07/10001, BStBl I 2014, 188; Zugmaier/Nöcker/Mitterer, AO, § 250 AO Rz. 31ff. (Stand September 2023).
[5] Z. B. Belgien, Estland, Griechenland, in Dänemark drei Jahre.
[6] Vgl. BMF v. 23.1.2014, IV B 6 – S 1320/07/10011, BStBl I 2014, 188 Tz. 3.1.1.2; s. auch Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 250 AO Rz. 30.
[8] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 250 Rz. 9.
[10] Hierzu ausführlich Hendricks, IStR 2009, 846, 850f.

3.1 Amtshilfe aufgrund bilateraler Verträge

 

Rz. 10

Mit einer Reihe von Staaten bestehen und bestanden völkerrechtliche Abkommen, die die gegenseitige Amtshilfe allgemein betreffen. Diese Abkommen stehen teilweise neben den mit diesen Staaten abgeschlossenen DBA. Zum Verhältnis der Rechtsgrundlage vgl. BMF v. 23.1.2014, BStBl I 2014,188, Tz. 1.2.4.

Verträge zur gegenseitigen Amtshilfe hinsichtlich der Vollstreckung von Steuerforderungen finden sich in speziellen Abkommen zur Amtshilfe.[1] Die Abkommen mit Finnland und Österreich wurden hierbei – wohl aufgrund fehlender Bedeutung – ganz oder teilweise aufgehoben.[2] Es besteht noch ein Abkommen mit Italien, welches aufgrund des EU-Beitreibungsrechts nur noch eine eingeschränkte Bedeutung hat:[3]

 
Finnland Abkommen v. 25.9.1935, RGBl II 1936, 37, RStBl 1936, 96, aufgehoben durch Art. 28 Nr. 3 DBA v. 19.2.2016, BGBl II 2017, 466.
Italien Abkommen v. 9.6.1938, RGBl II 1938, 124, RStBl 1938, 377,
Österreich Abkommen v. 4.10.1954, BGBl II 1955, 834, BStBl I 1955, 434, soweit das EU-Beitreibungsrecht gilt findet dieses Abkommen keine Anwendung mehr, BMF v. 13.9.2912, IV B 2-S 1301/AUT/12/10001, BStBl I 2012, 882.
[1] Jacobs, in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 27 OECD-MA Rz. 5.
[2] S. Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 250 AO Rz. 28; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 250 Rz. 12.
[3] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 250 AO Rz. 28.

3.2 EU-Beitreibungsgesetz

 

Rz. 11

Bis 31.12.2011 regelte das EG-BeitrG v. 3.5.2003[1] die Vollstreckung im Verhältnis zu den Mitglieds...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge