Rz. 48

Säumniszuschläge sind zwar ohne Verschulden des Zahlungspflichtigen zu entrichten, wenn hinsichtlich eines Steuerbetrags Säumnis besteht[1]. Dadurch wird jedoch die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses bzw. einer Billigkeitserstattung nach § 227 nicht ausgeschlossen[2]. Denn § 227 gilt für alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis — mit Ausnahme der Erstattung und der Vergütungsansprüche.

 

Rz. 49

Im Fall des Todes des Stpfl. ist dies nicht für sich bereits ein Grund für einen Billigkeitserlass beim Erben für die übergegangenen Säumniszuschläge[3].

3.5.1 Vollstreckungsaufschub

 

Rz. 50

Wird einem Stpfl. ohne Gewährung einer Stundung oder bei Gewährung oder Ablehnung eines Vollstreckungsaufschubs nach § 258 das Absehen von der Erhebung des Säumniszuschlags, seine "Stornierung", zugesagt, wenn er bestimmte Leistungen (Raten) erbringt, so hat der Stpfl. aufgrund dieser Billigkeitszusage bei Erfüllung der Voraussetzungen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Anspruch auf die Nichterhebung des Säumniszuschlags. Die weiter gehende Auffassung[1] für jeden Fall des Vollstreckungsaufschubs ist nicht zutreffend, da der Ermessensspielraum nicht zwingend so weit eingeengt ist[2].

3.5.2 Billigkeitsfälle nach Verwaltungsauffassung

 

Rz. 51

Nach der Verwaltungsauffassung[1] kommen Billigkeitsmaßnahmen bei Säumniszuschlägen in Betracht,

  • wenn eine plötzliche Erkrankung des Stpfl. eine eigene oder durch Bestellung eines Vertreters bewirkte pünktliche Zahlung verhindert hat,
  • bei einem offensichtlichen Versehen eines sonst pünktlichen Steuerzahlers,
  • wenn einem Stpfl. die rechtzeitige Zahlung wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht mehr möglich war,
  • bei einem Stpfl., dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch Ratenzahlungen, die im Rahmen eines Vollstreckungsaufschubs bewilligt waren, bis an die äußerste Grenze ausgeschöpft war,
  • wenn die Voraussetzungen für einen Erlass der Hauptschuld oder eine zinslose Stundung vorgelegen haben,
  • in sonstigen Fällen der sachlichen oder persönlichen Härte.

In den Fällen der ausgeschöpften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des möglichen Erlasses bzw. der möglichen zinslosen Stundung soll nach Auffassung der Verwaltung ein Billigkeitserlass nur in Höhe der Hälfte der Säumniszuschläge in Betracht kommen, weil bei einer Stundung Stundungszinsen zu zahlen wären. Im Übrigen ist ein bisher pünktlicher Steuerzahler nicht anzunehmen, wenn der Stpfl. bei seinen Zahlungen regelmäßig die Schonfrist ausgenutzt hat (vgl. Rz. 44).

[1] AEAO, zu § 240 Nr. 5, VwA 1.

3.5.3 Rechtsprechung des BFH

 

Rz. 52

In umfangreicher Rspr. hat der BFH zu wichtigen Einzelbereichen Abgrenzungskriterien für den Billigkeitserlass herausgearbeitet. Danach haben die Finanzbehörden bei der Entscheidung über einen Billigkeitserlass sorgfältig zu prüfen, ob im Einzelfall Säumniszuschläge als — zusätzliches — Druckmittel ihren Sinn verlieren und dem Steuerschuldner unangemessene Nachteile bereiten[1]. Ergibt allerdings die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, dass bei Fälligkeit der Steuer eine Erlasssituation gegeben war, so soll nach Auffassung des BFH die Erhebung von Säumniszuschlägen als Druckmittel ihren Sinn verlieren[2]. Das Gleiche soll gelten, wenn im Fall eines Vollstreckungsaufschubs (vgl. Rz. 33) eine Stundungssituation bestand und die auferlegten Zahlungsraten nach der äußersten Grenze der Zahlungsfähigkeit des Stpfl. bemessen worden sind. Auch ohne Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung kann also nach BFH v. 22.6.1990, III R 150/85, BStBl II 1991, 864 ein solcher Billigkeitserlass für die Säumniszuschläge angebracht sein, wenn der Stpfl. mit der Finanzbehörde eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hat, die sich an der äußersten Grenze hält, da hier die Säumniszuschläge ihren Zweck als Druckmittel verlieren. Dagegen soll eine zeitweilige Zahlungsunfähigkeit regelmäßig nicht den Erlass von Säumniszuschlägen rechtfertigen[3]. Auch gebietet allein der Umstand, dass ein Konkursverwalter fällige USt aus der Verwertung von Sicherungsgut mangels Liquidität der Konkursmasse erst nach der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks entrichtet, nicht den Erlass sämtlicher verwirkter Säumniszuschläge[4]. Zur Begründung beruft sich der BFH darauf, dass der Säumniszuschlag neben dem Druckmittelcharakter auch die Funktion habe, Gegenleistung für die verspätete Zahlung fälliger Steuern und Aufwendungsersatz für die Verwaltung zu sein.

 

Rz. 53

Säumniszuschläge sind aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen, wenn der Schuldner zahlungsunfähig und überschuldet ist. Hier würde der Charakter des Säumniszuschlags als Druckmittel miss...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge