[Anrede]

Liebe Mandantin, lieber Mandant,

[Einführung – Standard]

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen

  1. Schwerbehinderung: Ist die Kündigung während der Probezeit wirksam?

    Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis auch schon in der Probezeit mit einem Präventionsverfahren entgegentreten.

    Hintergrund

    Der Arbeitnehmer, der einen Grad der Behinderung von 80 hat, wurde zum 1.1.2023 bei einer Kommune als "Beschäftigter im Bauhof" angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Vorschriften des TVöD-VKA mit dem besonderen Teil Verwaltung Anwendung. Zunächst war er in einigen Baukolonnen eingesetzt, dann verletzte er sich und war krankgeschrieben.

    Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit am 22.6.2023 ordentlich und fristgerecht zum 31.7.2023. Zuvor hatte der Arbeitgeber den Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung sowie die Gleichstellungsbeauftragte zur beabsichtigten "Kündigung in der Probezeit" angehört. Alle 3 Stellen teilten mit, keine Einwände gegen die beabsichtigte Kündigung zu haben. Der Arbeitnehmer ging gerichtlich gegen diese Kündigung vor.

    Er behauptete, für seine Arbeit und sein Engagement immer ein hervorragendes Feedback erhalten zu haben. Behinderungsbedingt habe er allerdings während der Einarbeitungsphase nicht so konstant und konzentriert arbeiten können wie jemand ohne Behinderung. Auch sei er nicht so lernfähig wie ein regulärer Arbeitnehmer, sondern benötige Routinen. Je häufiger er Tätigkeiten ausführe, desto sicherer werde er. Er brachte vor, dass die infolge seiner Arbeitsunfähigkeit erklärte Kündigung treuwidrig sei. Der Arbeitgeber hätte ihm vor einer Kündigung eine "leidensgerechte Beschäftigung" anbieten müssen.

    Entscheidung

    Das Arbeitsgericht entschied, dass die Kündigung unwirksam war. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde hierdurch nicht aufgelöst.

    Das Arbeitsgericht wies darauf hin, dass § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX Arbeitgebern jede Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter wegen ihrer Behinderung verbiete. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründe der Verstoß des Arbeitgebers Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung. Hierzu gehöre auch die Vorschrift des § 167 Abs. 1 SGB IX. Diese solle der Behebung von Schwierigkeiten dienen, die bei der Beschäftigung von Schwerbehinderten auftreten, "um das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft fortsetzen zu können".

    Das Arbeitsgericht machte deutlich, dass der Arbeitgeber nach seiner Überzeugung auch während der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG verpflichtet sei, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Dies ergebe die unionsrechtskonforme Auslegung der Norm. Vorliegend hätte der Arbeitgeber also, als er bemerkte, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer sich während der Probezeit nicht bewährte und seinen Erwartungen nicht entsprach, vor der Kündigung Präventionsmaßnahmen ergreifen und notfalls die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt präventiv einschalten müssen. Da er gegen die Verpflichtung verstoßen habe, indiziere dies eine verbotene Diskriminierung wegen Behinderung. Die Kündigung in der Probezeit war unwirksam, da der Arbeitgeber die Diskriminierung nicht widerlegen konnte.

  2. Zulassung als Syndikus auch während der Altersteilzeit?

    Der Widerruf der Zulassung eines Syndikusanwalts während der passiven Phase der Altersteilzeit ist rechtswidrig. Der Anwalt darf seine Zulassung bis zum Vertragsende behalten.

    Hintergrund

    Die Rechtsanwaltskammer (RAK) Berlin hatte die Zulassung eines Syndikusanwalts widerrufen, nachdem dieser in die passive Phase der mit seinem Arbeitgeber vereinbarten Altersteilzeit eingetreten war und dies der RAK mitgeteilt hatte. Der klagende Rechtsanwalt hatte für die Altersteilzeit das sog. Blockmodell gewählt, wonach er zunächst 2 Jahre in vollem Umfang weiterarbeitete (aktive Phase) und anschließend für weitere 2 Jahre von seiner Tätigkeit freigestellt war (passive Phase).

    Mit dem Eintritt in die Freistellungsphase hatte nach Auffassung der RAK die typische anwaltliche Tätigkeit des Syndikusanwalts geendet. Die gem. § 46 BRAO definierten Voraussetzungen für die Zulassung zur Anwaltschaft waren nach Ansicht der Kammer damit nicht mehr gegeben. Der betroffene Anwalt klagte gegen den Widerruf der Zulassung vor dem AGH.

    Entscheidung

    Der AGH folgte der Argumentation der RAK nicht. Ein Widerrufsgrund gem. § 46b Abs. 2 Satz 2 BRAO lag nach Auffassung des AGH nicht vor, denn auch in der Freistellungsphase bestehe das A...

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