Schwerbehindertenrecht

Was bei der Kündigung Schwerbehinderter zu beachten ist


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 Kündigung Schwerbehinderter: Was zu beachten ist

Arbeitgeber haben bei der Kündigung von schwerbehinderten Mitarbeitenden besondere Pflichten. Ein Präventionsverfahren müssen sie während der Probezeit aber nicht durchführen, entschied zuletzt das Bundesarbeitsgericht. Ein Überblick, was Arbeitgeber beachten müssen, um die Unwirksamkeit einer Kündigung zu vermeiden.

Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmende haben grundsätzlich einen besonderen Kündigungsschutz. Unkündbar sind sie deswegen nicht, aber Arbeitgeber benötigen für eine Kündigung grundsätzlich die Zustimmung des Integrationsamtes und müssen frühzeitig den Betriebsrat sowie die Schwerbehindertenvertretung beteiligen. Auch für die Probezeit gelten Besonderheiten. Was Arbeitgeber beachten müssen, um keine unwirksame Kündigung zu riskieren.

SGB IX: Besonderer Kündigungsschutz von Arbeitnehmenden mit Schwerbehinderung

Voraussetzung für den besonderen Kündigungsschutz ist zunächst, dass bei  Beschäftigten, denen gekündigt werden soll, objektiv eine Schwerbehinderung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die zuständige Behörde einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festgestellt hat, die Schwerbehinderung offensichtlich ist oder ein Gleichstellungsbescheid der Agentur für Arbeit vorliegt. Der Grad der Behinderung ist ein Maß für die Auswirkungen der Beeinträchtigung an der Teilhabe am Leben der Gesellschaft.

Für den Fall, dass  eine Schwerbehinderung vorliegt, die dem Arbeitgeber aber bei Ausspruch der Kündigung unbekannt ist, gilt der besondere Kündigungsschutz dennoch. Der oder die gekündigte Mitarbeitende muss aber innerhalb einer angemessenen Frist (in der Regel drei Wochen) auf die Schwerbehinderteneigenschaft und den damit verbundenen besonderen Kündigungsschutz hinweisen.

Kündigung Schwerbehinderter ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung unwirksam 

Eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ist bei der Kündigung von schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zwingend erforderlich. Arbeitgeber müssen dies bei jeder Kündigung beachten: Nach § 178 Abs. 2 SGB IX gilt, dass die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine solche Beteiligung ausspricht, unwirksam ist.

Gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss bei der Kündigung Schwerbehinderter auch der Betriebsrat beteiligt werden. Dieser muss zur Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin Stellung nehmen. Wann und wie die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung erfolgen muss, richtet sich nach Auffassung des BAG auch nach den Regeln für die Anhörung des Betriebsrats.

Antrag auf Zustimmung des Integrationsamts stellen

Die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eines Schwerbehinderten ist grundsätzlich in den allermeisten Fällen erforderlich. Dies bedeutet, dass ein Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes gemäß § 170 Abs.1 SGB IX schriftlich oder elektronisch zu stellen ist.

Die Zustimmung muss bei Ausspruch der Kündigung vorliegen, ansonsten führt dies zur Unwirksamkeit der Kündigung (§ 134 BGB). Das Integrationsamt prüft im Rahmen des Antragsverfahrens lediglich, ob und inwieweit die Kündigung durch die besonderen Leiden des schwerbehinderten Menschen bedingt ist. Eine Prüfung der übrigen Kündigungsvoraussetzungen erfolgt grundsätzlich nicht.

Das Integrationsamt entscheidet über die Zustimmung zur Kündigung grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei sind die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmenden gegeneinander abzuwägen. Je weniger der Kündigungsgrund mit der Behinderung im Zusammenhang steht, umso mehr verlieren die Interessen des Mitarbeitenden an Bedeutung.

Kündigungsschutz Schwerbehinderter in der Probezeit

Grundsätzlich ist also die Kündigung eines Schwerbehinderten von der Zustimmung des Integrationsamtes abhängig. Jedoch enthält das Gesetz einige Ausnahmen. Unter bestimmten Voraussetzungen entfällt die Zustimmungsbedürftigkeit. Hierzu zählt beispielsweise die Kündigung Schwerbehinderter, deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht (§ 173 Abs.1 Nr.1 SGB IX). Dann muss die Kündigung durch den Arbeitgeber dem Amt lediglich angezeigt werden.

Wann kein besonderer Kündigungsschutz für Schwerbehinderte besteht

Die Zustimmung des Integrationsamtes ist nach deutschem Recht auch nicht nötig bei der Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben. Vorausgesetzt der Arbeitgeber hat ihnen die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt und der beabsichtigten Kündigung wurde bis zu deren Ausspruch nicht widersprochen.

  • Entsprechendes gilt bei Entlassungen, die aus Witterungsgründen vorgenommen werden, sofern die Wiedereinstellung der schwerbehinderten Menschen bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist,
  • oder wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwerbehinderung nicht nachgewiesen ist
  • oder das Versorgungsamt eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte.

Probezeitkündigung und Präventionsverfahren bei Schwerbehinderten

Innerhalb einer sechsmonatigen Probezeit braucht es nach deutschem Recht keine soziale Rechtfertigung und wie oben ausgeführt auch keine Zustimmung des Integrationsamts für eine Kündigung. Nach einer EuGH-Entscheidung ist eine Kündigung von Schwerbehinderten aber auch in der Probezeit nicht ohne Weiteres möglich. Die Luxemburger Richter haben klargestellt, dass Arbeitgeber Mitarbeitende, die ihre Tätigkeit aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr ausüben können, unter Umständen anderweitig beschäftigen müssen.

Arbeitgeber müssten Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit schwerbehinderten Arbeitnehmenden daher schon in der Probezeit mit einem Präventionsverfahren gemäß § 167 Abs.1 SGB IX entgegentreten, ansonsten sei eine Kündigung unwirksam, urteilten einige Arbeitsgerichte in der Folge. Das Bundesarbeitsgericht hat hier aber in einem aktuellen Urteil deutlich gemacht, dass es an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält: Arbeitgeber sind demnach nicht schon während der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG verpflichtet, vor einer Kündigung ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. 


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Schlagworte zum Thema:  Kündigung , Schwerbehinderte , Probezeit
2 Kommentare
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Alexander Schmidt

Mon Dec 30 17:47:50 CET 2024 Mon Dec 30 17:47:50 CET 2024

Hallo,

Interessantes Thema aber was ist wenn der Arbeitgeber diese ganzen Maßnahmen nicht gemacht hat weil er nicht wusste das der Arbeitnehmer Schwerbehindert ist ?