Frage: In HHG 12/2017 wurde der Beschluss des FG Baden-Württemberg v. 25.1.2016 (1 KO 2611/15, DStRE 2016, S. 1532) vorgestellt und besprochen. Das FG hatte die Auffassung vertreten, dass bei der Anhebung des Streitwerts nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG aufgrund eines Dauersachverhalts zu den offensichtlich absehbaren Auswirkungen bei der Einkommensteuer auch die Zinsen nach § 233a AO, der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer (sog. "Folgesteuern" sowohl desselben Streitjahres als auch zukünftiger Steuerjahre) gehören. Der Rezensent sah die Entscheidung des FG Baden-Württemberg allerdings kritisch und hatte darauf hingewiesen, dass das FG bei seiner Entscheidung die "Grundlagen-/Folgebescheid-Problematik" ausgeblendet habe.Da wir zurzeit einen vergleichbaren Fall in Bearbeitung haben, stellt sich uns die Frage, ob es zwischenzeitlich weitere Entscheidungen oder Meinungen zu dieser Problematik gibt.

Antwort: Ja, die gibt es. Das FG Hamburg (Beschluss v. 22.3.2017, 5 K 137/16, EFG 2017, S. 944) hat in einem vergleichbaren Fall jetzt ausdrücklich – und entgegen der Auffassung des FG Baden-Württemberg – entschieden, dass die mögliche Anhebung des Streitwerts nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG um den Betrag absehbarer zukünftiger Auswirkungen nicht den Betrag von "Folgesteuern" oder Zinsen desselben Streitjahres umfasst.

Der Ausgangsfall

Das Finanzamt hatte zunächst einen Schätzungsbescheid für die Einkommensteuer 2014 erlassen, wobei es daneben Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer festsetzte. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Zugleich mit ihrer Klage gegen den "Bescheid über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag" reichten die Kläger ihre Einkommensteuer-Erklärung ein. Nach weiterer Aufklärung erließ das Finanzamt einen Abhilfebescheid, wobei es ebenfalls Zinsen nach § 233a AO, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer (geändert) festsetzte. Die Klage erklärten die Beteiligten sodann übereinstimmend für erledigt.

Im Hinblick auf den Beschluss des FG Baden-Württemberg v. 25.1.2016 beantragten die Kläger bei der Streitwertfestsetzung auch die Zinsen, den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer zu berücksichtigen.

Keine Einbeziehung der "Folgesteuern"

Das FG Hamburg hat entschieden, dass der Streitwert nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht um die entsprechenden Differenzen bei den Zinsen, beim Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer zu erhöhen ist. Dafür sprechen nach Auffassung des FG die folgenden Erwägungen:

  • Zwar seien die Auswirkungen auf Zinsen, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer bei Änderungen der entsprechenden Einkommensteuer wegen der mit Klageeingang eingereichten Einkommensteuererklärung offensichtlich absehbar gewesen. Nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG müsse sich der Antrag des Klägers allerdings auf künftige Geldleistungen auswirken. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall, da sich die Auswirkungen diesbezüglich auf dasselbe Kalenderjahr bezögen.
  • Gegen die Einbeziehung der Zinsen, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer in die Berechnung des Streitwerts im Streitfall spräche auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Mit der Neuregelung sollten Auswirkungen für künftige Steuerjahre ggf. berücksichtigt werden, nicht aber Auswirkungen auf steuerliche Nebenleistungen und Zuschlagsteuern für dasselbe Streitjahr, wenn sie nicht gesondert angegriffen würden. Bei der Neuregelung von § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG sei der Gesetzgeber erkennbar von dem Fall ausgegangen, dass nur ein Steuerjahr (Besteuerungszeitraum) Gegenstand eines Rechtsstreits sei. In der Gesetzesbegründung werde insoweit ausgeführt, die Nichtberücksichtigung anderer Steuerjahre führe "insbesondere in finanzgerichtlichen Verfahren, die typischerweise bezogen auf die Steuererklärung eines Jahres geführt werden, sich aber für eine Mehrzahl von Jahren auswirken, zu einer systematischen Unterbewertung von Streitwerten im Verhältnis zu ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Bedeutung für den Kläger" (BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 245). Dem solle die Vorschrift durch eine Erhöhung des Streitwerts in den Fällen Rechnung tragen, "in denen die Entscheidung absehbar Auswirkungen für den Betroffenen nicht nur auf das im Streit befindliche Steuerjahr, sondern auch auf zukünftige Steuerjahre haben werde". Dass der Gesetzgeber nunmehr auch den Wert von steuerlichen Nebenleistungen und Zuschlagsteuern desselben Streitjahrs in die Streitwertbemessung einbeziehen wollte, ergebe sich hieraus gerade nicht.
  • Die Berücksichtigung der Zinsen, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer bei der Streitwertbemessung ergebe sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Würden auch die "Folgesteuern" als jeweiliger Streitgegenstand i. S. d. § 39 Abs. 1 GKG anzusehen sein, müssten Klagen, die nicht ausdrücklich z. B. Zuschlagsteuern mit eigenständigen Gründen angreifen würden, schon unter Berücksichtigung von § 51a Abs. 5 Satz 1 EStG insoweit abzuweisen sein. Steuerpflichtigen könnten dann ggf. trotz eines Obsiegens bei der Einkommensteuer...

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