Grenzgänger (Grenzpendler) sind Personen, die in dem einen Staat aufgrund ihres Wohnsitzes (vgl. "Wohnsitz") ansässig sind, in dem anderen Staat jedoch tätig sind und aus diesem Staat im Wesentlichen ihre Einkünfte beziehen, dort also beschr. stpfl. sind (vgl. "Beschränkte Steuerpflicht"). I. d. R. wird es sich um Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (vgl. "Nichtselbstständige Arbeit") handeln, doch sind auch andere Einkunftsarten, wie selbstständige Arbeit und Gewerbebetrieb, möglich. Die steuerliche Problematik besteht darin, dass den Grenzgängern aufgrund ihrer beschr. Steuerpflicht im Tätigkeitsstaat die persönliche Steuerermäßigungen, wie Grund- und Kinderfreibeträge, nicht gewährt werden. Im Ansässigkeitsstaat können sie solche Vergünstigungen regelmäßig nicht geltend machen, weil ihre Einkünfte aus dem Tätigkeitsstaat nach der Freistellungsmethode von der Steuer freigestellt werden und sie dort also kein stpfl. Einkommen haben.

Zur Lösung dieser Problematik sind 2 Konzeptionen entwickelt worden. Nach der ersten Konzeption bleibt das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates unverändert; dieser Staat gewährt den Grenzgängern jedoch die Option, statt der beschr. Steuerpflicht die unbeschränkte Steuerpflicht zu wählen. Diese Konzeption ist in § 1 Abs. 3 EStG verwirklicht (vgl. "Fiktive unbeschränkte Steuerpflicht"). In der zweiten Konzeption, die nur für Arbeitnehmer gilt, wird in dem einschlägigen DBA vereinbart, dass der Tätigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht aufgibt und die Einkünfte nur in dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert werden. Damit wird das in Art. 15 Abs. 1 OECD-MA enthaltene Tätigkeitsortsprinzip durch das Ansässigkeitsprinzip ersetzt. Diese Konzeption ist in Art. 15 Abs. 5 DBA Frankreich, Art. 15 Abs. 6 DBA Österreich und Art. 15a DBA Schweiz verwirklicht.[1] Soweit diese Regelungen für Grenzgänger anwendbar sind, gilt § 1 Abs. 3 EStG nicht.

[1] Hierzu BMF v. 12.11.2014, IV B 2 – S 1300/08/10027, BStBl I 2014, 1467, Rz. 17; die Regelung für Luxemburg in der Verständigungsvereinbarung, VO v. 9.7.2012, BStBl I 2012, 693, ist keine Grenzgängerregelung im eigentlichen Sinn, sondern eine Regelung zur Aufteilung des Arbeitsentgelts; OFD Karlsruhe v. 12.2.2015, S 130.1/845-St 217, Besteuerung von Grenzgängern nach Art. 15a DBA-Schweiz; Verständigungsvereinbarung zum unterjährigen Arbeitgeberwechsel, IStR 2015, 331 und BMF v. 18.12.2014, IV B 2 – S 1301-CHE/07/10015-02, IStR 2015, 184.

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