Erleichterungen für Grenzgänger im Homeoffice

Arbeiten Grenzgänger und Grenzgängerinnen im Homeoffice im Ausland, stellt sich die Frage, in welchem Land sie der Sozialversicherung sowie der Lohnsteuer unterliegen. Entscheidend ist dafür die Zeit, die im Land des Wohnsitzes beziehungsweise des Arbeitgeberstandorts gearbeitet wird. Beim Lohnsteuerabzug gilt es zudem, die richtige Tabelle anzuwenden.

Für die Arbeit im Homeoffice in einem anderen Staat als dem Unternehmenssitz wurden jüngst Änderungen beschlossen, von denen Grenzgängerinnen und Grenzgänger in Zukunft profitieren können. Der Spitzenverband der Krankenkassen begrüßt diese Regelungen.

Homeoffice-Abkommen regelt Sozialversicherung von Grenzgängern

Konkret geht es dabei um ein Übereinkommen zwischen Deutschland und mehreren anderen Staaten. Es besagt, dass Beschäftigte bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten in Telearbeit mehr als früher im Homeoffice arbeiten können, ohne dass sich dadurch etwas an ihrer Sozialversicherungspflicht ändert.

Bisher war es so, dass die Sozialversicherung des Wohnsitz-Landes gegriffen hat, wenn der oder die Beschäftigte dort mehr als 24,99 Prozent im Homeoffice gearbeitet hat. Durch das Abkommen wurde diese Grenze nun dauerhaft auf 49,99 Prozent erhöht. Auf Antrag kann also auch bei einer Homeoffice-Tätigkeit von bis zu 49,99 Prozent weiterhin die Sozialversicherung des Staats, in dem sich der Unternehmenssitz befindet, greifen. Die Regelung knüpft an eine Sonderregelung der Coronapandemie an und gilt seit dem 1. Juli 2023.

Abkommen für Grenzgänger im Homeoffice: Teilnehmende Staaten

Nach Angaben des Spitzenverbands der Krankenkassen haben neben Deutschland 17 Staaten das Übereinkommen unterzeichnet, darunter sämtliche Nachbarstaaten außer Dänemark. Damit kann zum Beispiel eine in Frankreich wohnende Angestellte eines deutschen Unternehmens künftig circa zwei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten, ohne den Verlust ihrer deutschen Sozialversicherung fürchten zu müssen.

Vom Wohnsitz Deutschland aus pendeln laut dem Verband rund 65.000 Menschen in die Schweiz, 52.000 nach Luxemburg und 43.000 in die Niederlande zum Arbeiten. Zum Arbeitgeber nach Deutschland pendeln knapp 69.000 Beschäftigte aus Polen, 36.000 aus Frankreich und 34.000 aus Tschechien.

Grenzgänger im Homeoffice: Was gilt bei der Steuer?

Auch steuerlich stellt sich die Frage, welchen Folgen grenzüberschreitende Heimarbeit hat. Die Besteuerungsbefugnis bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit wird dem Tätigkeits­staat zugebilligt. Ist der reguläre Arbeitsplatz in einem Staat und das Homeoffice in einem anderen Staat, kommt es grundsätzlich zu einer Aufteilung von Besteuerungsrechten.

Während Corona blieb Homeoffice im Ausland unberücksichtigt

Während der Corona-Pandemie gab es Vereinfachungsregelungen. Die Bundesregierung hatte vorübergehend mit verschiedenen Nachbarstaaten (u.a. Niederlande, Belgien, Luxemburg sowie Österreich, Frankreich und Schweiz) Übergangsvereinbarungen abgeschlossen, nach denen Homeoffice-Tage wie Arbeitstage an der eigentlichen Tätigkeitsstätte behandelt und damit komplexe Abgrenzungsfragen zwischen den Besteuerungsrechten von Wohnsitz- und Tätigkeitsstaat vermieden wurden. Diese vorübergehenden Regelungen waren der außergewöhnlichen Situation geschuldet und sind Mitte 2022 ausgelaufen.

Uneinheitliche Regelungen: Tätigkeitsstaat oder Wohnsitzstaat

Aktuell stellt sich die Situation zu den deutschen Anrainerstaaten uneinheitlich dar:

  • Unter anderem im Verhältnis zu den Niederlanden, Belgien und Luxemburg wird die Besteuerungsbefugnis dem jeweiligen Tätigkeitsstaat zugebilligt, sodass bei tageweiser Arbeit im Wohnsitzstaat ein Teil der Lohneinkünfte dort zu besteuern ist. Dafür reicht bereits das Homeoffice an einigen Tagen im Jahr aus.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gibt es bisher nur für Luxemburg. Hier existierte bereits seit einigen Jahren eine Konsultationsvereinbarung, nach der bis zu 19 Homeoffice-Tage für die Besteuerung im Tätigkeitsstaat unschädlich waren. Mit dem Jahr 2024 ist nun das Doppelbesteuerungsabkommen offiziell geändert worden und es ist eine Erhöhung auf immerhin 34 unschädliche Tage Arbeitstage im Homeoffice erfolgt. Bei weniger als 35 Tagen im ausländischen Homeoffice erfolgt also keine Aufteilung der Besteuerungsrechte. Als Arbeitstage zählen dabei auch Tage mit verkürzten Arbeitszeiten. Eine Ausnahme gilt nur für eine kurzfristige Tätigkeit von weniger als 30 Minuten an einem Tag.

Dazu und zu weiteren Einzelheiten vergleiche BMF, Schreiben vom 15. Januar 2024, IV B 3 - S 1301-LUX/23/10001 :001, und Gesetz zu dem Protokoll zur Änderung des Abkommens vom 23. April 2012 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und Verhinderung der Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (8. Dezember 2023, BGBl 2023 Nr. 334).

In Zusammenhang mit der neuen Luxemburg-Regelung, die wohl in ähnlicher Form auch mit anderen Staaten angestrebt wird, soll die beschränkte Steuerpflicht ergänzt werden, damit Deutschland unschädliche Homeoffice-Tage im Ausland besteuern kann. (Mehr dazu lesen Sie im Beitrag "Wachstumschancengesetz bringt lohnsteuerliche Änderungen mit sich").

  • Die Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich, Österreich und der Schweiz enthalten hingegen Sonderregelungen für sogenannte Grenzgänger. Sie bewirken, dass das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates zugunsten des Besteuerungsrechts des Wohnsitzstaates ausgeschlossen ist (die Schweiz behält noch ein geringfügiges Quellensteuerrecht). Voraussetzung ist die regelmäßige Rückkehr zum Wohnort.

Zwischenzeitlich besteht mit diesen drei Staaten ein Einvernehmen, dass die Tätigkeit im Homeoffice keinen Verstoß gegen die Rückkehrvoraussetzung darstellt. Damit erfolgt für die Betroffenen eine einheitliche Besteuerung in ihrem Wohnsitzstaat – unabhängig von der Zahl der Homeoffice-Tage. Im Verhältnis zu Österreich ist das durch ein Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen festgelegt worden. Nach dem neuen Abkommen ist nur noch das Arbeiten und Wohnen in der Grenzzone, nicht jedoch ein tägliches Pendeln über die Grenze erforderlich, um die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft zu erfüllen.

Einzelheiten dazu vergleiche BMF, Schreiben vom 20. Dezember 2023, IV B 3-S 1301- AUT/19/10006:008, und Gesetz zu dem Protokoll zur Änderung des Abkommens vom 24. August 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der durch das Protokoll vom 29. Dezember 2010 geänderten Fassung vom 8. Dezember 2023, BGBl 2023 Nr. 335.

Wichtig: Für die korrekte Beurteilung ist auf jeden Fall die Kenntnis des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens erforderlich. In vielen Fällen kommt auch die Einholung einer lohnsteuerlichen Anrufungsauskunft in Betracht.

Bei Aufteilung: Lohnsteuerabzug nach der Tagestabelle

Unter anderem im Verhältnis zu Belgien und den Niederlanden kann es in vorstehenden Fällen zu einer Aufteilung von Besteuerungsrechten kommen. Das führt seit 2023 zur Anwendung der Tagestabelle.

Wenn Arbeitnehmende in einem Kalendermonat nur zeitweise in Deutschland tätig sind, galt bis 31. Dezember 2022, dass bei fortbestehendem Dienstverhältnis auch solche in den Lohnzahlungszeitraum fallende Arbeitstage mitzuzählen sind, für die kein steuerpflichtiger Arbeitslohn bezogen worden ist (R 39b.5 Abs. 2 Satz 3 LStR 2015). Danach entstand lohnsteuerlich kein Teillohnzahlungszeitraum, wenn Arbeitnehmende eine nach DBA steuerfreie Auslandstätigkeit während des Monats begannen oder aufgaben. Entsprechendes galt, bei zeitweiser Tätigkeit in Deutschland und zeitweise im Ausland, unter anderem in Homeoffice-Fällen.

Ab 2023 sind demgegenüber bei der Bemessung des Lohnzahlungszeitraums Arbeitstage nicht mehr mitzuzählen, an denen Arbeitnehmende Arbeitslohn beziehen, der nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt. Daraus resultiert dann bei Aufteilung der Besteuerungsrechte die Anwendung der Tagestabelle. Das bedeutet regelmäßig eine höhere Lohnsteuerbelastung für die Betroffenen. Zudem ist die Ermittlung der Tage oft kompliziert.

Mit einer Eingabe hatten sich die acht Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft an das Bundesfinanzministerium (BMF) gewandt, um eine Änderung der Neuregelung in den Lohnsteuerrichtlinien oder hilfsweise zumindest ein Anwendungsschreiben zur Ermittlung der maßgeblichen Tage zu erreichen. In der Antwort des BMF, die die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) am 20. Oktober 2023 veröffentlicht hat, kündigte das Ministerium eine ergänzende Regelung in den Lohnsteuer-Hinweisen 2024 an, wonach eine der nachfolgend genannten Varianten alternativ angewendet werden kann:

  1. Bei der Ermittlung der für die Lohnsteuerberechnung maßgeblichen Tage werden die Nichtarbeitstage im Verhältnis der Arbeitstage in Deutschland zu den Gesamtarbeitstagen mit berücksichtigt.
       
  2. Bei der Ermittlung der für die Lohnsteuerberechnung maßgeblichen Tage wird vom Arbeitgeber konkret berücksichtigt, an welchen Tagen der Arbeitnehmer sich in Deutschland aufgehalten hat (Arbeitstage + Nichtarbeitstage). Der Arbeitnehmer hat dies glaubhaft zu machen.

Beispiel zu Variante 1: Ein Arbeitnehmer ist bei einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 10.000 Euro an insgesamt 12 Tagen in einem Monat im Ausland sowie an 8 Tagen in Deutschland tätig. Der Aufenthaltsort an Urlaubs‐, Krankheits‐ und Wochenendtagen wurde vom Arbeitgeber nicht ermittelt. Danach sind 6.000 Euro (12/20 des Arbeitslohns) in Deutschland steuerfrei und 4.000 Euro (8/20 des Arbeitslohns) in Deutschland steuerpflichtig.

Die Umrechnung des Arbeitslohns zur tageweisen Lohnsteuerberechnung ist nach dem Verhältnis der Arbeitstage in Deutschland zu den Gesamtarbeitstagen vorzunehmen (30 Kalendertage/20 Gesamtarbeitstage x 8 Arbeitstage in Deutschland = 12 Tage). Damit ist für einen Betrag von 333,33 Euro (= 4.000 Euro/12) die Tageslohnsteuer zu ermitteln und diese mit 12 zu vervielfachen.

Wichtig: An der Anwendung der Tagestabelle bei Tätigkeit in verschiedenen Staaten mit Aufteilung des Besteuerungsrechts hält die Finanzverwaltung aber unverändert fest.


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