Rz. 73

Bei dem Anteilseigner sind die Ausgleichszahlungen, die die Organgesellschaft leistet, wie Gewinnauskehrungen zu behandeln. Sie werden gezahlt, weil der Gesellschafter Anteilseigner der Gesellschaft ist und stellen damit einen Ertrag aus den Anteilen dar. Die Ausgleichszahlungen werden anstelle der wegen der Ergebnisabführung ausfallenden Dividende gezahlt. Sie sind damit besondere Entgelte, die anstelle der Gewinnausschüttungen gezahlt werden, i. S. d. § 20 Abs. 3 EStG und fallen damit unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ist der Anteilseigner, der die Ausgleichszahlung erhält, eine Körperschaft, greift § 8b Abs. 1 KStG ein, sofern dem § 8b Abs. 4 KStG nicht entgegensteht. Ist er eine natürliche Person, gilt das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d EStG bzw. die Abgeltungsteuer nach § 32d EStG.

 

Rz. 73a

Umstritten ist die Rechtslage, wenn die Ausgleichszahlungen von dem Organträger geleistet werden. Zwar ändert sich aus Sicht des Minderheitsgesellschafters nichts daran, dass es sich um einen Bezug aus den Anteilen an der Organgesellschaft handelt. Es wird jedoch, allerdings ohne besonderen Bezug zu Ausgleichszahlungen, vertreten, eine Einnahme nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG setze voraus, dass die Leistung von der Körperschaft erbracht wird, an der die Beteiligung besteht. Das wäre bei einer Ausgleichszahlung durch den Organträger nicht der Fall. Hieraus wird abgeleitet, dass es sich um sonstige Einkünfte nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG handelt, die dann nicht der KapESt unterliegen würden.[1] Es ist jedoch systematisch kaum begründbar, Ausgleichszahlungen des Organträgers anders zu behandeln als solche der Organgesellschaft, da die Ausgleichszahlungen in beiden Fällen ausfallende Gewinnausschüttung ersetzen. Auch spricht § 16 KStG, der insoweit keinen Unterschied macht, dafür, beide Fälle gleichzubehandeln. Es ist m. E. auch nicht zwingend, die Anwendung des § 20 EStG auf Leistungen zu beschränken, die von einer Körperschaft selbst erbracht werden. Weder der Wortlaut des § 20 EStG noch die systematische Stellung der Vorschrift zwingt zu einer solchen Annahme. § 20 EStG definiert die von dem Anteilsinhaber erzielten Einkünfte und stellt daher ausschließlich auf die Sicht des Anteilsinhabers ab. Es kommt daher nur darauf an, ob die Leistung sich für den Anteilsinhaber als Ertrag aus den Anteilen darstellt. Diese Leistung wird zwar regelmäßig von der Kapitalgesellschaft selbst erbracht;zwingend ist das jedoch nicht. Wenn sich eine Leistung direkt und unmittelbar als Ertrag aus den Anteilen darstellt, ist es m. E. ohne Bedeutung, wer diese Leistung erbringt. Dies ermöglicht es, auch die von dem Organträger erbrachten Ausgleichszahlungen als Erträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzuordnen. Dafür spricht, neben der systematisch erforderlichen Gleichbehandlung beider Zahlungsarten der Ausgleichszahlungen, auch § 20 Abs. 3 EStG, der alle Einnahmen und Vorteile im Zusammenhang mit den Anteilen unter § 20 EStG fasst und wiederum keinen Bezug zu der Person des Leistenden enthält. Die Ausgleichszahlung hängt auch von dem Gewinn der Organgesellschaft ab, zwar nicht von dem infolge der Gewinnabführung fehlenden Gewinn, wohl aber von dem ohne Gewinnabführung im Zeitpunkt des Abschlusses des Gewinnabführungsvertrags erwarteten zukünftigen Gewinn.[2] Es handelt sich bei der Vereinbarung hinsichtlich der Minderheitsgesellschafter um eine echte Gewinnverteilungsabrede. Für sie ist es ohne Bedeutung, dass sie nicht auf das Ergebnis der einzelnen Wirtschaftsperioden abstellt, sondern auf den für die Laufzeit des Vertrags geschätzten Gewinn.[3]

Daher gehören auch vom Organträger geleistete Ausgleichszahlungen zu den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Gewinnauskehrungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegen daher auch vor, wenn der Organträger die Ausgleichszahlungen leistet, seiner Rechtsform nach aber keine Körperschaft ist. Die Ausgleichszahlung basiert auf der Beteiligung des Minderheitsgesellschafters an der Organgesellschaft, die eine Kapitalgesellschaft sein muss. Für die Frage, ob die Ausgleichszahlung bei den Minderheitsgesellschaftern eine Einnahme nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt, ist daher nur die Rechtsform der Organgesellschaft, nicht die des Organträgers maßgebend.[4]

Sie unterliegen damit der KESt.

 

Rz. 73b

Unklar ist jedoch, wer die KESt einzubehalten und abzuführen hat. Grundsätzlich hat dies nach § 44 Abs. 1 S. 3 EStG der Schuldner der Kapitalerträge zu tun. Die Verlagerung der Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der KESt auf die auszahlende Stelle kommt nicht in Betracht, da dies nur für die Fälle des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG gilt, der bei Organschaft nicht vorliegen wird. Da die Verpflichtung aus dem Gewinnabführungsvertrag immer eine Verpflichtung des herrschenden Unternehmens ist (vgl. Rz. 9), würde der Organträger der Verpflichtete aus dem KESt-Abzug sein, und zwar unabhängig davon, ob das herrschende oder das abhängige Unternehmen die Ausgleichszahlungen leistet. Eine Minderm...

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