Rz. 7

Der subjektive Anwendungsbereich des § 12 erfasst alle Körperschaftsteuersubjekte i.S.d. § 1, also nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern auch Körperschaftsteuersubjekte, die keine juristischen Personen sind, wie Vermögensmassen und Personenvereinigungen. Ebenfalls erfasst werden Stiftungen. Betriebe gewerblicher Art fallen nicht unter § 12 Abs. 1, da bei ihnen eine Verlegung von Sitz oder Geschäftsleitung nicht denkbar ist.

§ 12 unterscheidet sich durch diesen weit gefassten persönlichen Anwendungsbereich von § 11, der nur für Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gilt.

 

Rz. 8

In sachlicher Hinsicht erfasst § 12 Fälle, in denen Geschäftsleitungen und/oder Sitz in das Ausland verlegt werden und dadurch die unbeschränkte Steuerpflicht endet (zum Begriff der Geschäftsleitung vgl. § 1 Rz. 48ff., zum Begriff des Sitzes § 1 Rz. 55f., zum Begriff der unbeschränkten Steuerpflicht vgl. § 1).

Die Verlegung der Geschäftsleitung ist eine tatsächliche Handlung, durch die der Ort der tatsächlichen Entscheidungen an einen anderen Ort verlegt wird. Die Verlegung des Sitzes ist eine Rechtshandlung und erfordert eine Änderung der Satzung, die den statutarischen Sitz festlegt.

 

Rz. 9

Nach seinem Tatbestand greift § 12 ein, wenn alternativ Sitz oder Geschäftsleitung oder kumulativ Sitz und Geschäftsleitung ins Ausland verlegt werden. Die Regelung muss im Zusammenhang mit § 1 gesehen werden, wonach die unbeschränkte Steuerpflicht gegeben ist, wenn sich entweder der Sitz oder die Geschäftsleitung im Inland befindet.

Befinden sich Geschäftsleitung und Sitz im Inland, scheidet die Körperschaft nur dann aus der unbeschränkten Steuerpflicht aus, wenn sie Geschäftsleitung und Sitz ins Ausland verlegt. Das gilt selbst dann, wenn zivilrechtlich allein die Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung zur Auflösung der Körperschaft führt. Solange die Körperschaft nicht tatsächlich liquidiert wird, besteht die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht fort, da das Körperschaftsteuerrecht nicht nur juristische Personen, sondern auch körperschaftlich organisierte nicht rechtsfähige Personenvereinigungen und Vermögensmassen erfasst.

Beruht die unbeschränkte Steuerpflicht darauf, dass die Körperschaft nur den Sitz oder nur die Geschäftsleitung im Inland hat, scheidet sie schon dann aus der unbeschränkten Steuerpflicht aus, wenn das eine Tatbestandsmerkmal (Sitz oder Geschäftsleitung), auf das sich die unbeschränkte Steuerpflicht gründet, wegfällt. Als Folge davon ist § 12 schon dann anwendbar, wenn, je nach Lage des Falles, nur der Sitz oder nur die Geschäftsleitung in das Ausland verlegt wird.

Nichtrechtsfähige Personenvereinigungen können keinen statutarischen Sitz haben. Bei ihnen kann die unbeschränkte Steuerpflicht mithin nur darauf gegründet werden, dass sie ihre Geschäftsleitung im Inland haben. In diesen Fällen greift daher § 12 bereits ein, wenn nur die Geschäftsleitung in das Ausland verlegt wird.

 

Rz. 10

Zur Abgrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs des § 12 von dem des § 11 (vgl. Rz. 2) ist sowohl die steuerliche als auch die zivilrechtliche Rechtslage zu berücksichtigen. Eine Körperschaft kann auch dann unbeschränkt steuerpflichtig sein, wenn ihr Gesellschaftsstatut sich nicht nach deutschem Recht richtet, sie also nach deutschem Zivilrecht keine Rechtspersönlichkeit ist. Steuerlich maßgebend ist nur, dass das Gebilde eine körperschaftliche Struktur hat[1]. Das bedeutet, dass eine Körperschaft, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in das Ausland verlegt, aber weiterhin tätig bleibt, also keine Konsequenzen aus der zivilrechtlichen Auflösung zieht, Steuersubjekt bleibt. Anwendbar ist § 12, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht endet. § 11 ist nicht anwendbar, weil kein Vermögen auf die Anteilseigner übertragen, die Körperschaft also nicht abgewickelt wird (vgl. Rz. 2).

Wird die Körperschaft in dem gleichen Fall tatsächlich abgewickelt und werden damit die Konsequenzen aus der zivilrechtlichen Auflösung tatsächlich gezogen, ist § 11, nicht § 12 anwendbar. Da dann eine „Abwicklung”, d. h. eine Übertragung von Vermögen auf die Anteilseigner erfolgt, ist § 11 die passendere Vorschrift[2]. Es sind dann alle Folgerungen aus § 11 zu ziehen; dies betrifft insbesondere die steuerlichen Folgen der Vermögensübertragung auf die Anteilseigner. § 12 unterscheidet sich daher dadurch von § 11, dass bei § 11 eine Vermögensübertragung auf die Anteilseigner zu berücksichtigen ist, bei § 12 dagegen nicht.

 

Rz. 11

Keine Regelung enthält § 12, um das Verhältnis zu DBA im Falle von Doppelansässigkeit zu bestimmen[3]. Werden Sitz und/oder Geschäftsleitung derart in das Ausland verlegt, dass die unbeschränkte Steuerpflicht und die Ansässigkeit im Inland endet, entsteht keine Kollision, § 12 ist anwendbar. Zweifelhaft kann es aber sein, wenn nur der Sitz oder nur die Geschäftsleitung in das Ausland verlegt wird, der jeweils andere Anknüpfungspunkt (Sitz oder Geschäftsleitung, je nach La...

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