Rz. 20

Abs. 2 sieht bei beschränkter Steuerpflicht eine Schlussbesteuerung vor, die der Besteuerung der Sitzverlegung in Abs. 1 ähnelt. Die Vorschrift ist subjektiv anwendbar auf alle beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten[1]. Das Unterhalten eines ständigen Vertreters i.S.d. § 13 AO führt nicht zur Anwendung des § 12, da der Tatbestand ausdrücklich das Bestehen einer Betriebsstätte voraussetzt.

Weiter setzt § 12 voraus, dass die Betriebsstätte von einem beschränkt Steuerpflichtigen unterhalten wird. Besteht unbeschränkte Steuerpflicht, ist § 12 Abs. 2 nicht anwendbar; es besteht dann auch kein Bedürfnis, die Vorschrift anzuwenden.

 

Rz. 21

In sachlicher Hinsicht setzt § 12 Abs. 2 voraus, dass der beschränkt steuerpflichtige Träger einer Betriebsstätte diese aufgibt. Dies kann geschehen durch

  • die Auflösung der Betriebsstätte,
  • die Verlegung der Betriebsstätte ins Ausland oder
  • den Übergang der Betriebsstätte als Ganzes auf einen anderen.

Keine Voraussetzung ist, dass auch die beschränkte Steuerpflicht endet. Daher kann bei Vorliegen der beschriebenen Tatbestandsmerkmale die beschränkte Steuerpflicht (z. B. wegen einer weiteren Betriebsstätte) weiterbestehen.

 

Rz. 22

Eine Auflösung der Betriebsstätte liegt vor, wenn Maßnahmen ergriffen werden, die das Bestehen der Betriebsstätte beenden (Einstellung der gewerblichen Tätigkeit). Eine Überführung der der inländischen Betriebsstätte gewidmeten Wirtschaftsgüter ins Ausland ist nicht erforderlich. Da Anknüpfungspunkt für die beschränkte Steuerpflicht das Bestehen einer Betriebsstätte ist, besteht bei Auflösung der Betriebsstätte die Gefahr, dass die Wirtschaftsgüter aus der beschränkten Steuerpflicht ausscheiden, da der Anknüpfungspunkt vernichtet wird. Um eine Besteuerung der stillen Reserven sicherzustellen, wird mit der Auflösung eine Schlussbesteuerung durchgeführt. Gewinnrealisierungstatbestand ist somit allein die Auflösung der inländischen Betriebsstätte des beschränkt Steuerpflichtigen.

Werden die Wirtschaftsgüter in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Auflösung der Betriebsstätte veräußert, hat die Besteuerung des Veräußerungsgewinns Vorrang vor der Besteuerung nach § 12 Abs. 2; die Veräußerung ist daher als letzter noch der Betriebsstätte zuzurechnender Geschäftsvorfall zu erfassen. Werden Wirtschaftsgüter nicht in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit, sondern nach der Auflösung veräußert, tritt eine etwaige Besteuerung des Veräußerungsgewinns kumulativ zu der Schlussbesteuerung nach § 12 hinzu, jedoch nur, wenn überhaupt Steuerbarkeit besteht. Ob dies der Fall ist, richtet sich danach, ob für den veräußerten Vermögensgegenstand ein eigener Anknüpfungspunkt verwirklicht ist, z. B. bei einem im Inland belegenen Grundstück. Im Fall der Besteuerung ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Anschaffungskosten der gemeine Wert zugrunde zu legen, der bei der Schlussbesteuerung nach § 12 angesetzt worden ist; dadurch wird eine doppelte Besteuerung der gleichen stillen Reserven vermieden.

Anwendbar ist Abs. 2 auch, wenn die Wirtschaftsgüter im Eigentum des beschränkt Steuerpflichtigen und auch im Inland verbleiben, aber nicht mehr zu der (aufgelösten) Betriebsstätte gehören.

 

Rz. 23

Eine Verlegung der inländischen Betriebsstätte ins Ausland ist gegeben, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen der Betriebsstätte ins Ausland überführt werden und die Betriebsstätte, unter Beibehaltung der betrieblichen Organisation, im Ausland weitergeführt wird. Die Vorschrift ist nur anwendbar, wenn die Betriebsstätte im Inland nicht weiterbesteht. Die Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte scheiden in diesem Fall aus der beschränkten Steuerpflicht aus, sodass eine Schlussbesteuerung durchzuführen ist. Das gilt auch für Vermögensgegenstände, die im Inland verbleiben. Da sie keine inländische Betriebsstätte mehr bilden bzw. nicht mehr zu einer inländischen Betriebsstätte gehören, sind sie ebenfalls aus der Steuerverstrickung ausgeschieden, sodass ihre Einbeziehung in die Schlussbesteuerung gerechtfertigt ist.

Werden im Inland verbleibende Vermögensgegenstände veräußert, gelten die Ausführungen in Rz. 20 entsprechend.

§ 12 ist nicht anwendbar, wenn nur einzelne Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte in das Ausland verbracht werden, die Betriebsstätte insgesamt im Inland aber weiter betrieben wird. In diesem Fall gelten die allgemeinen Regeln über Verbringung von Wirtschaftsgütern in das Ausland. Es erfolgt keine Gewinnrealisierung; vielmehr werden die bis zum Zeitpunkt des Verbringens, und damit im Inland angesammelten stillen Reserven erst im Inland besteuert, wenn im Ausland ein Gewinnrealisierungstatbestand verwirklicht worden ist[2].

 

Rz. 24

Eine Übertragung einer Betriebsstätte als Ganzes ist gegeben, wenn das Vermögen der Betriebsstätte insgesamt auf eine andere Person übergeht. Geschieht dies im Wege einer echten Veräußerung, kommt § 12 nicht zur Anwendung, da dann die Besteue...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge