Rz. 545

Das Sachwertverfahren kommt nach § 182 Abs. 4 BewG immer dann zur Anwendung, wenn bei Wohnungs- und Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäusern geeignete Vergleichswerte fehlen (Nr. 1) und wenn sich bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt (Nr. 2); darüber hinaus ist es allgemein auf die Bewertung sonstiger bebauter Grundstücke anzuwenden (Nr. 3). Will die FinVerw unter Berufung auf § 182 Abs. 4 Nr. 1 oder 2 BewG vom Vergleichs- bzw. Ertragswertverfahren abweichen, hat sie das Fehlen geeigneter Vergleichswerte oder die Unmöglichkeit der Ermittlung einer üblichen Miete nachzuweisen.[1] Die Gegenauffassung[2], der Stpfl. habe zur Abwendung einer Bewertung im Sachwertverfahren Vergleichspreise oder übliche Mieten mitzuteilen, ist mit der Gesetzessystematik und den sich daraus ergebenden Grundsätzen der Feststellungslast unvereinbar.

Bei Anwendung des Sachwertverfahrens sind der Wert der baulichen Anlagen und der Wert der sonstigen Anlagen getrennt vom Bodenwert nach Herstellungskosten zu ermitteln.[3] Vereinfachend sieht § 189 Abs. 1 S. 2 BewG vor, dass der Wert der sonstigen baulichen Anlagen (insb. Außenanlagen) regelmäßig mit dem Gebäude- und dem Bodenwert abgegolten ist. Nur für besonders werthaltige Außenanlagen und sonstige Anlagen sind besondere Wertansätze erforderlich. Als besonders werthaltig gelten Außenanlagen, wenn die in der Tabelle zu R B 190.5 ErbStR 2019 dargestellten Größenmerkmale erreicht werden. Von besonders werthaltigen Außenanlagen ist auch auszugehen, wenn die Summe ihrer Sachwerte (Regelherstellungskosten für Außenanlagen nach Alterswertminderung) 10 % des Gebäudewerts übersteigt.[4]

Der Bodenwert ist wie der Wert des unbebauten Grundstücks nach § 179 BewG zu ermitteln.[5] Ebenso wie beim Ertragswertverfahren bleibt dabei außer Acht, dass ein bebautes Grundstück deshalb nicht mit einem unbebauten Grundstück zu vergleichen ist, weil der Erwerber in seiner baulichen Nutzung nicht mehr frei ist. Falls er es einer abweichenden Nutzung zuführen wollte, müsste er zusätzlich zu dem Kaufpreis Abriss- und Freilegungskosten aufwenden. Dies dämpft nach gängiger Meinung den Bodenwert.[6] Ein Abschlag vom Bodenwert nach § 179 BewG kommt nur in Betracht, wenn die tatsächliche Bebauung hinter der zulässigen zurückbleibt und keine Möglichkeit besteht, das Maß der zulässigen baulichen Nutzung auszuschöpfen.[7]

 

Rz. 546

Nach den §§ 189191 BewG vollzieht sich die Bewertung im Sachwertverfahren nach folgendem Schema:

 
Bodenwert[8] Gebäudesachwert[9]
  Flächenpreis (Regelherstellungskosten)
  ×
  Bruttogrundfläche
Bodenrichtwert Gebäuderegelherstellungswert
× ./.
Grundstücksfläche Alterswertminderung
= =
Bodenwert Gebäudesachwert
+
= vorläufiger Sachwert
×
Wertzahl
=
Grundbesitzwert
[2] FG Köln v. 12.2.2014 K 3081/13, EFG 2014, 818; ebenso Halaczinsky, in Rössler/Troll, BewG § 182 Rz. 8.
[4] R B 190.5 S. 4 ErbStR 2019.
[6] Tremel, DStR 2008, 753, 757.
[7] Pauli, Beilage zu FR 11/2009, 2, 13.

6.6.5.1 Gebäuderegelherstellungskosten

 

Rz. 547

Nach § 190 Abs. 1 S. 1 BewG ist bei der Ermittlung des Gebäudesachwerts von den Regelherstellungskosten des Gebäudes auszugehen. Dies sind die gewöhnlichen Herstellungskosten (= Normalherstellungskosten) je Flächeneinheit.[1] Dass die Ermittlung des Gebäudesachwerts nicht auf der Grundlage tatsächlicher, sondern gewöhnlicher Herstellungskosten erfolgt, trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Erwerber den Wert des Gebäudes nicht nach den historischen Herstellungskosten, sondern nach den Kosten bemessen wird, die er unter gewöhnlichen Umständen für die Herstellung eines entsprechenden Gebäudes aufwenden müsste. Auch § 22 Abs. 1 ImmoWertV geht bei der Ermittlung der Herstellungskosten von sog. Normalherstellungskosten aus.

Nach Art. 12 Nr. 11 des Entwurfs des JStG 2022[2] soll der Unterschied zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023 durch Regionalfaktoren berücksichtigt werden. Soweit von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Regionalfaktoren zur Verfügung stehen, soll der Regionalfaktor 1,0 gelten.

 

Rz. 548

Die Gebäuderegelherstellungskosten sind in Anlage 24 zum BewG enthalten. Die Flächenpreise, die in der mit dem ErbStRG in Kraft getretenen Fassung ausgewiesen waren, beruhten auf den Normalherstellungskosten 2000 und wurden anhand des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Baukostenindexes zum 1.1.2007 angepasst. Soweit lediglich Raummeterpreise vorlagen, wurden die Werte in Flächenpreise umgerechnet. Die Regelherstellungskosten für Wohnungseigentum wurden aus den Normalherstellungskosten des Geschosswohnungsbaus abgeleitet. Für Zwecke der typisierenden steuerlichen Bewertung wurden die Normalherstellungskosten nicht unverändert übernommen; vielmehr wurden Gebäudetypen zusammeng...

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