Rz. 495

Nach § 157 Abs. 3 BewG sind die Grundbesitzwerte für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke i. S. d. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG unter Anwendung der §§ 159 und 176198 BewG zu ermitteln.

Der Umfang des Grundvermögens wird durch § 176 BewG bestimmt. Die Abgrenzung gegenüber dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ergibt sich aus den §§ 158 und 159 BewG. Wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens sind die Grundstücke.[1]

Nach § 177 Abs. 1 BewG ist den Bewertungen nach den §§ 179 und 182–196 BewG der gemeine Wert i. S. d. § 9 BewG zugrunde zu legen. Aus diesem Grund wird kein Nettowert ermittelt, sondern auf den in § 194 BauGB definierten Verkehrswert (Marktwert) abgestellt. Auf dem Grundbesitz lastende Verbindlichkeiten sind gesondert zu bewerten und zur Ermittlung der objektiven Bereicherung nach § 10 Abs. 5 ErbStG abzuziehen. Hinsichtlich des anzuwendenden Bewertungsverfahrens unterscheidet das Gesetz zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken; bei letzteren differenziert es weiter nach der Grundstücksart.

Für Betriebsgrundstücke i. S. d. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG ist der Grundbesitzwert nur in den Fällen maßgeblich, in denen der Grundstückswert nicht in die für den Betrieb als Ganzes durchzuführende Gesamtbewertung einzubeziehen ist. Dies gilt für die Ermittlung des Substanzwerts als Mindestwert[2], für die Bewertung von Sonderbetriebsvermögen[3] und bei Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens in den Fällen des § 200 Abs. 2 und 4 BewG.

 

Rz. 496

Besondere Bedeutung bei der Ermittlung des gemeinen Werts kommt den von dem Gutachterausschuss nach § 193 Abs. 5 BauGB ermittelten Daten zu. Nach § 193 Abs. 5 S. 1 BauGB ermittelt der Gutachterausschuss durch Führung und Auswertung einer Kaufpreissammlung Bodenrichtwerte und sonstige zur Wertermittlung erforderliche Daten.

Nach den Bodenrichtwerten i. S. v. § 196 BauGB bestimmt sich der Wert unbebauter Grundstücke[4], der Bodenwertanteil bebauter Grundstücke im Rahmen des Ertragswertverfahrens[5] und des Sachwertverfahrens[6] sowie der Bodenwert des unbelasteten Grundstücks in Erbbaurechtsfällen[7]

und in Fällen von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden.[8]

Zu den sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten gehören nach § 193 Abs. 5 S. 2 BauGB insbesondere

  1. Kapitalisierungszinssätze, mit denen die Verkehrswerte von Grundstücken im Durchschnitt marktüblich verzinst werden (Liegenschaftszinssätze), für die verschiedenen Grundstücksarten, insbesondere Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke,
  2. Faktoren zur Anpassung der Sachwerte an die jeweilige Lage auf dem Grundstücksmarkt (Sachwertfaktoren), insbesondere für die Grundstücksarten Ein- und Zweifamilienhäuser,
  3. Umrechnungskoeffizienten für das Wertverhältnis von sonst gleichartigen Grundstücken, z. B. bei unterschiedlichem Maß der baulichen Nutzung und
  4. Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke, insbesondere bezogen auf eine Raum- oder Flächeneinheit der baulichen Anlage (Gebäudefaktor) oder auf den nachhaltig erzielbaren jährlichen Ertrag (Ertragsfaktor).

Auf diese Daten nimmt das Gesetz in § 183 Abs. 2, § 188 Abs. 2, § 191 S. 1, § 193 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 194 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 und § 195 Abs. 3 S. 2 BewG ausdrücklich Bezug.

 

Rz. 497

Das Gesetz enthielt ursprünglich keine näheren Regelungen dazu, unter welchen Voraussetzungen die sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten für die steuerliche Bewertung geeignet sind.

Der BFH kam zu dem Schluss, dass durch den Gutachterausschuss ermittelte örtliche Liegenschaftszinssätze für die Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Erbschaftsteuer geeignet seien, wenn der Gutachterausschuss bei der Ermittlung die an ihn gerichteten Vorgaben des BauGB sowie der darauf beruhenden Verordnungen eingehalten und die Liegenschaftszinssätze für einen Zeitraum berechnet habe, der den Bewertungsstichtag umfasse. Auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung oder der Veröffentlichung der Liegenschaftszinssätze durch den Gutachterausschuss komme es für ihre zeitliche Anwendung nicht an.[9]

Nach Ansicht des Gesetzgebers stellte die Entscheidung, die Auswirkungen auf alle von den Gutachterausschüssen ermittelten Daten i. S. d. § 193 Abs. 5 S. 2 BauGB habe, die Praxis vor das Problem, dass die Daten der Gutachterausschüsse stets eine gewisse Zeit nachhingen, weil sie erst über mehrere Jahre erhoben, gesammelt, periodisch ausgewertet und verkündet werden müssten. Bis zur Ermittlung und Veröffentlichung von Daten, bei denen der Bewertungsstichtag innerhalb des Zeitraums der ausgewerteten Kauffälle des Gutachterausschusses liege, könnten daher unter Umständen mehrere Jahre vergehen. Des Weiteren könnten sich unterschiedliche Daten ergeben, wenn sich die Auswertungszeiträume der Gutachterausschüsse zeitlich überlappten.[10] Durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz vom 16.7.2021[11] wurden daher die Verweisungsnormen des BewG für Bewertungsstichtage nach dem 22.7.2021 um die Regelung ergänzt, d...

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