Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Studiengebühren für eine wissenschaftliche Hochschule in privater Trägerschaft als Sonderausgaben

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Studiengebühren der wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) sind nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG anteilig als Sonderausgaben abzugsfähig, da der Hochschule keine Genehmigung als Ersatzschule durch die Kultusbehörden des Landes NRW erteilt worden ist. Die staatliche Anerkennung als Hochschule in freier Trägerschaft reicht nicht aus.
  2. An der Verfassungsmäßigkeit der Zinsbesteuerung im Jahr 1992 bestehen keine Zweifel.
  3. Im Jahr 1992 entrichtete Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung sind nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften steuermindernd zu berücksichtigen.
 

Normenkette

EStG §§ 9, 10 Abs. 1 Nr. 9, §§ 20, 22; GG Art. 7 Abs. 4; Landesverfassung NW Art. 30 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen X R 30/08)

BFH (Aktenzeichen X R 30/08)

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im dritten Rechtszug. Streitig ist, ob Studiengebühren an einer Wissenschaftlichen Hochschule in privater Trägerschaft im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben abzugsfähig sind.

Die Kläger werden als Eheleute für das Streitjahr 1992 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie u. a. 1.650 DM als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG („Schulgeld”) geltend; hierbei handelte es sich um 30 % der Studiengebühren von 5.500 DM für ihren Sohn, der ab Oktober 1992 ein Studium an der wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung – im Folgenden WHU begonnen hatte.

Der Beklagte das Finanzamt berücksichtigte diese Aufwendungen nicht; Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus (Urteil vom 23. November 2001 18 K 9791/97 E, EFG 2002, 398), der Gesetzgeber knüpfe in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG erkennbar an schulrechtliche Begriffe („Ersatzschule”, „Ergänzungsschule”) an, die durch Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes – GG – vorgeprägt und in den Gesetzen der Bundesländer, welche die staatliche Schulaufsicht über Schulen in freier Trägerschaft regeln, konkretisiert seien. Danach seien gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigte Ersatzschulen Schulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem jeweiligen Bundesland vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollten; nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen seien Privatschulen, die die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 GG deswegen nicht erfüllten, weil eine vergleichbare Schule in dem jeweiligen Bundesland weder vorhanden noch vorgesehen sei, die aber nach dem Landesrecht als Ersatzschulen erlaubt seien. Die von dem Sohn der Kläger besuchte private Hochschule sei indes schon begrifflich keine Ersatzschule, weil es sich dabei gar nicht um eine Schule handele; Hochschulen stünden außerhalb des von Art. 7 GG geregelten Schulwesens. Dass nach Art. 30 Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung mit staatlicher Genehmigung auch private Hochschulen als Ersatz für öffentliche Hochschulen errichtet und betrieben werden können, ändere an der grundgesetzlich verankerten Unterscheidung zwischen Schulwesen und Hochschulwesen nichts.

Der Bundesfinanzhof – BFH – (Urteil vom 5. November 2002 IX R 32/02, BFH/NV 2003, 599) hat die Entscheidung des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Er hat dargelegt, die Entscheidung, ob eine Schule als Ersatzschule i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu qualifizieren sei, sei den zuständigen Kultusbehörden der Länder vorbehalten, mit Bindungswirkung für die Finanzbehörden. Das Finanzgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob für die vom Sohn der Kläger besuchte private Hochschule „eine Genehmigung als Ersatzschule” vorliege; diese Prüfung sei nachzuholen.

Im zweiten Rechtszug haben die Beteiligten alle anderen damals streitigen Punkte einvernehmlich erledigt (Einkommensteuer-Änderungsbescheid 1992 vom 5. Mai 2004). Daneben hat das Finanzgericht bei dem Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur angefragt, ob für die WHU eine staatliche Genehmigung als Ersatzschule vorliege. Das Ministerium hat mitgeteilt, dass eine landesrechtliche Genehmigung der WHU als Ersatzschule zu keinem Zeitpunkt erfolgt sei. Allerdings sei der WHU die staatliche Anerkennung für ihre Errichtung und ihren Betrieb als staatlich anerkannte Hochschule in freier Trägerschaft erteilt worden (Anerkennungsbescheid vom 20.08.1984). Denn Art. 30 Abs. 1 der Landesverfassung lasse auch die private Trägerschaft von Hochschulen an der grundrechtlichen Freiheit teilnehmen. Darin liege jedoch keine landesrechtliche Genehmigung als Ersatzschule. Dem Art. 30 der Landesverfassung könnten insoweit nur die Möglichkeit zur Gründung privater Hochschulen und ein entsprechender Genehmigungsvorbehalt entnommen werden. Die WHU könne nach Landesrecht schon nicht als Ersatzschule genehmigt werden, weil es sic...

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