Gesetzestext

 

Für die Zwecke dieser Verordnung bedeutet

a)

"Insolvenzverfahren" die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Gesamtverfahren.

Diese Verfahren sind in Anhang A aufgeführt;

b) "Verwalter" jede Person oder Stelle, deren Aufgabe es ist, die Masse zu verwalten oder zu verwerten oder die Geschäftstätigkeit des Schuldners zu überwachen. Diese Personen oder Stellen sind in Anhang C aufgeführt;
c) "Liquidationsverfahren" ein Insolvenzverfahren im Sinne von Buchstabe a), das zur Liquidation des Schuldnervermögens führt, und zwar auch dann, wenn dieses Verfahren durch einen Vergleich oder eine andere die Insolvenz des Schuldners beendende Maßnahme oder wegen unzureichender Masse beendet wird. Diese Verfahren sind in Anhang B aufgeführt;
d) "Gericht" das Justizorgan oder jede sonstige zuständige Stelle eines Mitgliedstaats, die befugt ist, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen oder im Laufe des Verfahrens Entscheidungen zu treffen;
e) "Entscheidung", falls es sich um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder die Bestellung eines Verwalters handelt, die Entscheidung jedes Gerichts, das zur Eröffnung eines derartigen Verfahrens oder zur Bestellung eines Verwalters befugt ist;
f) "Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung" den Zeitpunkt, in dem die Eröffnungsentscheidung wirksam wird, unabhängig davon, ob die Entscheidung endgültig ist;
g)

"Mitgliedstaat, in dem sich ein Vermögensgegenstand befindet", im Fall von

  • körperlichen Gegenständen den Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Gegenstand belegen ist,
  • Gegenständen oder Rechten, bei denen das Eigentum oder die Rechtsinhaberschaft in ein öffentliches Register einzutragen ist, den Mitgliedstaat, unter dessen Aufsicht das Register geführt wird,
  • Forderungen den Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der zur Leistung verpflichtete Dritte den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 hat;
h) "Niederlassung" jeden Tätigkeitsort, an dem der Schuldner einer wirtschaftlichen Aktivität von nicht vorübergehender Art nachgeht, die den Einsatz von Personal und Vermögenswerten voraussetzt.

[Ohne Titel]

 

Rn 1

Art. 2 enthält die Definitionen für einige der Begriffe, die in der Verordnung verwendet werden.

1. "Insolvenzverfahren" (lit. a)

 

Rn 2

Buchstabe a definiert "Insolvenzverfahren" als diejenigen Verfahren, die die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 erfüllen und in Anhang A aufgeführt sind. Ausschließlich die im Anhang aufgeführten Verfahren können anerkannt werden.[1] Der Anhang kann gemäß Art. 45 geändert werden.

[1] Eidenmüller, IPRax 2001, 2 (4).

2. "Verwalter" (lit. b)

 

Rn 3

Gemäß Buchstabe b bestimmt sich die Person des Verwalters nach dem Anhang C der EuInsVO. Übernimmt das Gericht selbst nach einzelstaatlichem Recht Aufgaben der Verwaltung des Schuldnervermögens, so kann es als "Verwalter" im Sinne der Verordnung gelten.

3. "Liquidationsverfahren" (lit. c)

 

Rn 4

Mit dem Begriff "Liquidationsverfahren" soll die Art der als Sekundärinsolvenzverfahren zulässigen Verfahren definiert werden. Die Liquidationsverfahren sind in Anhang B der Verordnung aufgeführt. Das Sekundärinsolvenzverfahren kann vom Wortlaut der Verordnung lediglich auf die Liquidation des Schuldnervermögens gerichtet sein, Art. 3 Abs. 3 Satz 2. Es wird jedoch in der deutschen Literatur diskutiert, dass auch ein Sekundärinsolvenzverfahren als ein Reorganisationsverfahren durchgeführt werden kann, wobei man allerdings die Entscheidung hierüber nach Maßgabe des Art. 37 dem Hauptinsolvenzverwalter überlassen sollte.[2]

[2] Paulus, NZI 2001, 505 (515).

4. "Gericht" (lit. d)

 

Rn 5

Der Begriff "Gericht" ist sehr weit zu verstehen. Er umfasst nicht nur das Gerichtswesen, sondern auch Personen oder Organe, die nach dem Recht des Eröffnungsstaates befugt sind, ein Verfahren zu eröffnen oder im Laufe des Verfahrens Entscheidungen zu treffen.[3]

[3] Virgos/Schmit, Erläuternder Bericht, 32 (57).

5. "Entscheidung" (lit. e)

 

Rn 6

Der Begriff der "Entscheidung" muss entsprechend der Definition "Gericht" in einem weiten Sinne verstanden werden.[4]

[4] a.a.O.

6. "Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung" (lit. f)

 

Rn 7

Der Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung ist der Zeitpunkt, in dem die Verfahrenseröffnung wirksam wird.[5] Dabei ist die Rechtskraft der Eröffnungsentscheidung nicht erforderlich.

[5] a.a.O.

7. "Mitgliedstaat, in dem sich ein Vermögensgegenstand befindet" (lit. g)

 

Rn 8

Die Definition "Mitgliedstaat, in dem sich ein Vermögensgegenstand befindet" ist beispielsweise für die Anwendung von Art. 5 und 7 wichtig, aber auch für Territorialinsolvenzverfahren, die nur das in dem jeweiligen Mitgliedstaat belegene Vermögen erfassen, bedeutsam.

 

Rn 9

Bei körperlichen Gegenständen geht man davon aus, dass sie sich dort befinden, wo sie tatsächlich belegen sind.

 

Rn 10

Gegenstände und Rechte, bei denen das Eigentum oder die Rechtsinhaberschaft zum Zweck der Begründung dinglicher Rechte in ein öffentliches Register einzutragen sind, gelten als in dem Land der Aufsicht über das Register belegen.

 

Rn 11

Bei Forderungen wird davon ausgegangen, dass sie in dem Staat lokalisiert sind, in dessen Gebiet der zur Leistung Verpflichtete den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat.

8. "Niederlassung" (lit. h)

 

Rn 12

In Art. 2 lit. h ist der Begriff der "Niederlassung" definiert. Das Niederlassungserfordernis war während der Beratungen zum EuInsÜ umstritten....

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